Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

worte/ die freude war hin. Nach langen grillisiren/
dachte er endlich/ besser das Clavichordium entzwey/
als ein auge auß/ kan man doch den schaden wieder
helffen lassen. Schickte derhalben zum instrument-
macher/ verdingte ihm den patienten/ und wuste sich
sehr viel/ daß er den kasten/ die clavir/ die wirbel und
das rothe tuch zum besten hatte. Unterdessen verzog
sich die sache auff etliche wochen/ biß er nach vielfälti-
gen und ungedultigen anhalten/ an einem sonntage
nach der mahlzeit seines wunsches gewehret wurde.
Da muste nun vor grossen freuden eine Gique nach
der andern herhalten/ biß ihm folgendes lied einfiel.

NUn bin ich meiner noth entnommen/
Die trauer-zeit ist wieder um:
Willkommen/ tausendmahl willkommen/
Du liebstes Clavichordium/
So wilst du nun beständig bleiben
Und mir die müde zeit vertreiben.
Ach laß die seiten nicht zerspringen/
Und laß den an genehmen klang
Durch einen leisen griff erzwingen/
So wil ich dir zu grossen danck/
Die besten freunde zu ergetzen
Auff dir manch schönes stücke setzen.
Du darffst dich itzo nicht befahren
Als wolt ich bald von hinnen ziehn/
Und nebenst andern fuhrmans-wahren
Dich in den rauhen pack bemühn/
Und wenn ich auch die weichsten bette
Um dich herum geschlagen hätte.
Ach nein/ ich weiß nicht was ich wolte/
Eh

worte/ die freude war hin. Nach langen grilliſiren/
dachte er endlich/ beſſer das Clavichordium entzwey/
als ein auge auß/ kan man doch den ſchaden wieder
helffen laſſen. Schickte derhalben zum inſtrument-
macher/ verdingte ihm den patienten/ und wuſte ſich
ſehr viel/ daß er den kaſten/ die clavir/ die wirbel und
das rothe tuch zum beſten hatte. Unterdeſſen verzog
ſich die ſache auff etliche wochen/ biß er nach vielfaͤlti-
gen und ungedultigen anhalten/ an einem ſonntage
nach der mahlzeit ſeines wunſches gewehret wurde.
Da muſte nun vor groſſen freuden eine Gique nach
der andern herhalten/ biß ihm folgendes lied einfiel.

NUn bin ich meiner noth entnommen/
Die trauer-zeit iſt wieder um:
Willkommen/ tauſendmahl willkommen/
Du liebſtes Clavichordium/
So wilſt du nun beſtaͤndig bleiben
Und mir die muͤde zeit vertreiben.
Ach laß die ſeiten nicht zerſpringen/
Und laß den an genehmen klang
Durch einen leiſen griff erzwingen/
So wil ich dir zu groſſen danck/
Die beſten freunde zu ergetzen
Auff dir manch ſchoͤnes ſtuͤcke ſetzen.
Du darffſt dich itzo nicht befahren
Als wolt ich bald von hinnen ziehn/
Und nebenſt andern fuhrmans-wahren
Dich in den rauhen pack bemuͤhn/
Und wenn ich auch die weichſten bette
Um dich herum geſchlagen haͤtte.
Ach nein/ ich weiß nicht was ich wolte/
Eh
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0306" n="290"/>
worte/ die freude war hin. Nach langen grilli&#x017F;iren/<lb/>
dachte er endlich/ be&#x017F;&#x017F;er das Clavichordium entzwey/<lb/>
als ein auge auß/ kan man doch den &#x017F;chaden wieder<lb/>
helffen la&#x017F;&#x017F;en. Schickte derhalben zum in&#x017F;trument-<lb/>
macher/ verdingte ihm den patienten/ und wu&#x017F;te &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;ehr viel/ daß er den ka&#x017F;ten/ die clavir/ die wirbel und<lb/>
das rothe tuch zum be&#x017F;ten hatte. Unterde&#x017F;&#x017F;en verzog<lb/>
&#x017F;ich die &#x017F;ache auff etliche wochen/ biß er nach vielfa&#x0364;lti-<lb/>
gen und ungedultigen anhalten/ an einem &#x017F;onntage<lb/>
nach der mahlzeit &#x017F;eines wun&#x017F;ches gewehret wurde.<lb/>
Da mu&#x017F;te nun vor gro&#x017F;&#x017F;en freuden eine Gique nach<lb/>
der andern herhalten/ biß ihm folgendes lied einfiel.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">N</hi>Un bin ich meiner noth entnommen/</l><lb/>
              <l>Die trauer-zeit i&#x017F;t wieder um:</l><lb/>
              <l>Willkommen/ tau&#x017F;endmahl willkommen/</l><lb/>
              <l>Du lieb&#x017F;tes Clavichordium/</l><lb/>
              <l>So wil&#x017F;t du nun be&#x017F;ta&#x0364;ndig bleiben</l><lb/>
              <l>Und mir die mu&#x0364;de zeit vertreiben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ach laß die &#x017F;eiten nicht zer&#x017F;pringen/</l><lb/>
              <l>Und laß den an genehmen klang</l><lb/>
              <l>Durch einen lei&#x017F;en griff erzwingen/</l><lb/>
              <l>So wil ich dir zu gro&#x017F;&#x017F;en danck/</l><lb/>
              <l>Die be&#x017F;ten freunde zu ergetzen</l><lb/>
              <l>Auff dir manch &#x017F;cho&#x0364;nes &#x017F;tu&#x0364;cke &#x017F;etzen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Du darff&#x017F;t dich itzo nicht befahren</l><lb/>
              <l>Als wolt ich bald von hinnen ziehn/</l><lb/>
              <l>Und neben&#x017F;t andern fuhrmans-wahren</l><lb/>
              <l>Dich in den rauhen pack bemu&#x0364;hn/</l><lb/>
              <l>Und wenn ich auch die weich&#x017F;ten bette</l><lb/>
              <l>Um dich herum ge&#x017F;chlagen ha&#x0364;tte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Ach nein/ ich weiß nicht was ich wolte/</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Eh</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0306] worte/ die freude war hin. Nach langen grilliſiren/ dachte er endlich/ beſſer das Clavichordium entzwey/ als ein auge auß/ kan man doch den ſchaden wieder helffen laſſen. Schickte derhalben zum inſtrument- macher/ verdingte ihm den patienten/ und wuſte ſich ſehr viel/ daß er den kaſten/ die clavir/ die wirbel und das rothe tuch zum beſten hatte. Unterdeſſen verzog ſich die ſache auff etliche wochen/ biß er nach vielfaͤlti- gen und ungedultigen anhalten/ an einem ſonntage nach der mahlzeit ſeines wunſches gewehret wurde. Da muſte nun vor groſſen freuden eine Gique nach der andern herhalten/ biß ihm folgendes lied einfiel. NUn bin ich meiner noth entnommen/ Die trauer-zeit iſt wieder um: Willkommen/ tauſendmahl willkommen/ Du liebſtes Clavichordium/ So wilſt du nun beſtaͤndig bleiben Und mir die muͤde zeit vertreiben. Ach laß die ſeiten nicht zerſpringen/ Und laß den an genehmen klang Durch einen leiſen griff erzwingen/ So wil ich dir zu groſſen danck/ Die beſten freunde zu ergetzen Auff dir manch ſchoͤnes ſtuͤcke ſetzen. Du darffſt dich itzo nicht befahren Als wolt ich bald von hinnen ziehn/ Und nebenſt andern fuhrmans-wahren Dich in den rauhen pack bemuͤhn/ Und wenn ich auch die weichſten bette Um dich herum geſchlagen haͤtte. Ach nein/ ich weiß nicht was ich wolte/ Eh

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/306
Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/306>, abgerufen am 10.06.2024.