Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Der triumphirenden keuschheit (gehen ab.) Flor. Will jemand ein schaaf sehen/ welches sich den reissenden wolffe mitten aus den zähnen entrissen hat? wil jemand eine taube sehen/ welche sich vor dem grimmigen habicht verbergen muß? ach der se- he den armen und verfolgten Floretto an! hier steht die wand/ auf welche alle unglücks pfeile zufliegen: hier ist das zerbrechliche ziel/ welches die unzehlichen schösse aller verfolgung auffangen soll. Jch bin ein elender schilf/ welcher sich vor dem hereinbre- chenden sturmwinde bücken muß; eine schwache meyenblume/ welche durch die vielfältigen regen- güsse beschweret und zur erde gebeuget wird. Mei- ne ftirne ist eine tafel/ daran ein kurtzer auszug alles unglücks vorgebildet wird/ und mein hertz ist ein verwirtes nest/ darinn eine widerwärtigkeit die an- dere ausbrüten muß. Ach zu welcher gefahr bin ich noch übrig blieben? (Pickelhäring kommt.) Pick. Lustig der vogel ist gefangen/ harr du Courtisan exprofesso, ich wil dich galanisiren lehren/ es mangelt nur an meinem vater/ der wird die katzenmesse singen. (Geht ab.) Fl. Mein haupt ist als ein leeres faß/ daraus aller rath und trost mir einem hauffen geflossen ist/ ach wo sol ich mich hinwenden? (geht ab.) Ephialtes/ Pickelhäring. Eph. Jst er da? Pick. Da stehet er. Eph. Fort doch/ ich zittere gar vor freuden/ daß ich den ungehangenen dieb einstellen soll. Pick.
Der triumphirenden keuſchheit (gehen ab.) Flor. Will jemand ein ſchaaf ſehen/ welches ſich den reiſſenden wolffe mitten aus den zaͤhnen entriſſen hat? wil jemand eine taube ſehen/ welche ſich vor dem grimmigen habicht verbergen muß? ach der ſe- he den armen und verfolgten Floretto an! hier ſteht die wand/ auf welche alle ungluͤcks pfeile zufliegen: hier iſt das zerbrechliche ziel/ welches die unzehlichen ſchoͤſſe aller verfolgung auffangen ſoll. Jch bin ein elender ſchilf/ welcher ſich vor dem hereinbre- chenden ſturmwinde buͤcken muß; eine ſchwache meyenblume/ welche durch die vielfaͤltigen regen- guͤſſe beſchweret und zur erde gebeuget wird. Mei- ne ftirne iſt eine tafel/ daran ein kurtzer auszug alles ungluͤcks vorgebildet wird/ und mein hertz iſt ein verwirtes neſt/ darinn eine widerwaͤrtigkeit die an- dere ausbruͤten muß. Ach zu welcher gefahr bin ich noch uͤbrig blieben? (Pickelhaͤring kommt.) Pick. Luſtig der vogel iſt gefangen/ harr du Courtiſan exprofeſſo, ich wil dich galaniſiren lehren/ es mangelt nur an meinem vater/ der wiꝛd die katzenmeſſe ſingẽ. (Geht ab.) Fl. Mein haupt iſt als ein leeres faß/ daraus aller rath und troſt mir einem hauffen gefloſſen iſt/ ach wo ſol ich mich hinwenden? (geht ab.) Ephialtes/ Pickelhaͤring. Eph. Jſt er da? Pick. Da ſtehet er. Eph. Fort doch/ ich zittere gar vor freuden/ daß ich den ungehangenen dieb einſtellen ſoll. Pick.
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Der triumphirenden keuſchheit
(gehen ab.)
Flor. Will jemand ein ſchaaf ſehen/ welches ſich den
reiſſenden wolffe mitten aus den zaͤhnen entriſſen
hat? wil jemand eine taube ſehen/ welche ſich vor
dem grimmigen habicht verbergen muß? ach der ſe-
he den armen und verfolgten Floretto an! hier ſteht
die wand/ auf welche alle ungluͤcks pfeile zufliegen:
hier iſt das zerbrechliche ziel/ welches die unzehlichen
ſchoͤſſe aller verfolgung auffangen ſoll. Jch bin
ein elender ſchilf/ welcher ſich vor dem hereinbre-
chenden ſturmwinde buͤcken muß; eine ſchwache
meyenblume/ welche durch die vielfaͤltigen regen-
guͤſſe beſchweret und zur erde gebeuget wird. Mei-
ne ftirne iſt eine tafel/ daran ein kurtzer auszug alles
ungluͤcks vorgebildet wird/ und mein hertz iſt ein
verwirtes neſt/ darinn eine widerwaͤrtigkeit die an-
dere ausbruͤten muß. Ach zu welcher gefahr bin
ich noch uͤbrig blieben?
(Pickelhaͤring kommt.)
Pick. Luſtig der vogel iſt gefangen/ harr du Courtiſan
exprofeſſo, ich wil dich galaniſiren lehren/ es mangelt
nur an meinem vater/ der wiꝛd die katzenmeſſe ſingẽ.
(Geht ab.)
Fl. Mein haupt iſt als ein leeres faß/ daraus aller rath
und troſt mir einem hauffen gefloſſen iſt/ ach wo ſol
ich mich hinwenden?
(geht ab.)
Ephialtes/ Pickelhaͤring.
Eph. Jſt er da?
Pick. Da ſtehet er.
Eph. Fort doch/ ich zittere gar vor freuden/ daß ich
den ungehangenen dieb einſtellen ſoll.
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/254>, abgerufen am 16.02.2025. |