Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
Andere Handlung.
Mein Floretto.

DJe feder würde sich vor meiner erniedrigungschä-
men/ wofern ich nicht in deiner geringen person
eine hochschätzbahre trefflichkeit verehren müste/
und darzu/ was könte mir die übrige schamhafftig-
keit nützen/ wann ich sterben solte. Jch habe einen
fuß schon in dem grabe/ wo mich deine gewünschte
gegen-liebe nicht zurücke zeucht. Doch wie geht
diß zu/ ich befehle meinen diener/ und er ist ungehor-
sam; ich begehre von meinem freunde/ und er ist un-
diensthafftig; ich bitte von meinem herrn/ und er
ist unbeweglich. Ach! ich weine/ ist dann diß nicht
genung/ nun so wil ich sterben/ um zu erweisen/ das
ich nicht anders leben kan/ als wann ich heissen soll
deine geliebte
Clarisse
(Floretto zureist ihn.)
BEh/ du nichtswürdige mißgeburth aller verächt-
lichen schandschrifften/ zerreist euch/ ihr verfluch-
ten buchstaben/ und beschweret das unschuldige pa-
pier nicht. Entweichet aus meiner unbefieckten
hand/ damit das verzehrende rach-feuer des zorni-
gen himmels nicht eurentwegen auch über mich
komme. Empfanget den gebührenden lohn von
einem großmütigen knechte/ der in seinem hertzen
über alle bottmässigkeit triumphiren kan. Aber
ach! wie werde ich mich endlich vor allem unziemli-
chen anlauff beschützen/ was vor waffen werd ich
der heimlichen gewaltthätigkeit entgegen setzen? ich
schwebe - - -
Bel. Siehe da Floretto! seyd ihr so allein?
Flor. Jhr gnaden belieben vielleicht dero geliebte frau
muhme zu besuchen?
Bel.
Andere Handlung.
Mein Floretto.

DJe feder wuͤrde ſich vor meiner eꝛniedrigungſchaͤ-
men/ wofern ich nicht in deiner geringen perſon
eine hochſchaͤtzbahre trefflichkeit verehren muͤſte/
und darzu/ was koͤnte mir die uͤbrige ſchamhafftig-
keit nuͤtzen/ wann ich ſterben ſolte. Jch habe einen
fuß ſchon in dem grabe/ wo mich deine gewuͤnſchte
gegen-liebe nicht zuruͤcke zeucht. Doch wie geht
diß zu/ ich befehle meinen diener/ und er iſt ungehor-
ſam; ich begehre von meinem freunde/ und er iſt un-
dienſthafftig; ich bitte von meinem herrn/ und er
iſt unbeweglich. Ach! ich weine/ iſt dann diß nicht
genung/ nun ſo wil ich ſterben/ um zu erweiſen/ das
ich nicht anders leben kan/ als wann ich heiſſen ſoll
deine geliebte
Clariſſe
(Floretto zureiſt ihn.)
BEh/ du nichtswuͤrdige mißgeburth aller veraͤcht-
lichen ſchandſchrifften/ zerreiſt euch/ ihr verfluch-
ten buchſtaben/ und beſchweret das unſchuldige pa-
pier nicht. Entweichet aus meiner unbefieckten
hand/ damit das verzehrende rach-feuer des zorni-
gen himmels nicht eurentwegen auch uͤber mich
komme. Empfanget den gebuͤhrenden lohn von
einem großmuͤtigen knechte/ der in ſeinem hertzen
uͤber alle bottmaͤſſigkeit triumphiren kan. Aber
ach! wie werde ich mich endlich vor allem unziemli-
chen anlauff beſchuͤtzen/ was vor waffen werd ich
der heimlichen gewaltthaͤtigkeit entgegen ſetzen? ich
ſchwebe - - -
Bel. Siehe da Floretto! ſeyd ihr ſo allein?
Flor. Jhr gnaden belieben vielleicht dero geliebte frau
muhme zu beſuchen?
Bel.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <sp who="#FL">
            <pb facs="#f0237" n="221"/>
            <fw place="top" type="header">Andere Handlung.</fw><lb/>
            <floatingText>
              <body>
                <div type="letter">
                  <opener>
                    <salute> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Mein Floretto.</hi> </hi> </salute>
                  </opener><lb/>
                  <p><hi rendition="#in">D</hi>Je feder wu&#x0364;rde &#x017F;ich vor meiner e&#xA75B;niedrigung&#x017F;cha&#x0364;-<lb/>
men/ wofern ich nicht in deiner geringen per&#x017F;on<lb/>
eine hoch&#x017F;cha&#x0364;tzbahre trefflichkeit verehren mu&#x0364;&#x017F;te/<lb/>
und darzu/ was ko&#x0364;nte mir die u&#x0364;brige &#x017F;chamhafftig-<lb/>
keit nu&#x0364;tzen/ wann ich &#x017F;terben &#x017F;olte. Jch habe einen<lb/>
fuß &#x017F;chon in dem grabe/ wo mich deine gewu&#x0364;n&#x017F;chte<lb/>
gegen-liebe nicht zuru&#x0364;cke zeucht. Doch wie geht<lb/>
diß zu/ ich befehle meinen diener/ und er i&#x017F;t ungehor-<lb/>
&#x017F;am; ich begehre von meinem freunde/ und er i&#x017F;t un-<lb/>
dien&#x017F;thafftig; ich bitte von meinem herrn/ und er<lb/>
i&#x017F;t unbeweglich. Ach! ich weine/ i&#x017F;t dann diß nicht<lb/>
genung/ nun &#x017F;o wil ich &#x017F;terben/ um zu erwei&#x017F;en/ das<lb/>
ich nicht anders leben kan/ als wann ich hei&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll<lb/>
deine geliebte</p>
                  <closer>
                    <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Clari&#x017F;&#x017F;e</hi> </hi> </salute>
                  </closer>
                </div>
              </body>
            </floatingText><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">(Floretto zurei&#x017F;t ihn.)</hi> </stage><lb/>
            <p><hi rendition="#in">B</hi>Eh/ du nichtswu&#x0364;rdige mißgeburth aller vera&#x0364;cht-<lb/>
lichen &#x017F;chand&#x017F;chrifften/ zerrei&#x017F;t euch/ ihr verfluch-<lb/>
ten buch&#x017F;taben/ und be&#x017F;chweret das un&#x017F;chuldige pa-<lb/>
pier nicht. Entweichet aus meiner unbefieckten<lb/>
hand/ damit das verzehrende rach-feuer des zorni-<lb/>
gen himmels nicht eurentwegen auch u&#x0364;ber mich<lb/>
komme. Empfanget den gebu&#x0364;hrenden lohn von<lb/>
einem großmu&#x0364;tigen knechte/ der in &#x017F;einem hertzen<lb/>
u&#x0364;ber alle bottma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit triumphiren kan. Aber<lb/>
ach! wie werde ich mich endlich vor allem unziemli-<lb/>
chen anlauff be&#x017F;chu&#x0364;tzen/ was vor waffen werd ich<lb/>
der heimlichen gewalttha&#x0364;tigkeit entgegen &#x017F;etzen? ich<lb/>
&#x017F;chwebe - - -</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BEL">
            <speaker>Bel.</speaker>
            <p>Siehe da Floretto! &#x017F;eyd ihr &#x017F;o allein?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FL">
            <speaker>Flor.</speaker>
            <p>Jhr gnaden belieben vielleicht dero geliebte frau<lb/>
muhme zu be&#x017F;uchen?</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Bel.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0237] Andere Handlung. Mein Floretto. DJe feder wuͤrde ſich vor meiner eꝛniedrigungſchaͤ- men/ wofern ich nicht in deiner geringen perſon eine hochſchaͤtzbahre trefflichkeit verehren muͤſte/ und darzu/ was koͤnte mir die uͤbrige ſchamhafftig- keit nuͤtzen/ wann ich ſterben ſolte. Jch habe einen fuß ſchon in dem grabe/ wo mich deine gewuͤnſchte gegen-liebe nicht zuruͤcke zeucht. Doch wie geht diß zu/ ich befehle meinen diener/ und er iſt ungehor- ſam; ich begehre von meinem freunde/ und er iſt un- dienſthafftig; ich bitte von meinem herrn/ und er iſt unbeweglich. Ach! ich weine/ iſt dann diß nicht genung/ nun ſo wil ich ſterben/ um zu erweiſen/ das ich nicht anders leben kan/ als wann ich heiſſen ſoll deine geliebte Clariſſe (Floretto zureiſt ihn.) BEh/ du nichtswuͤrdige mißgeburth aller veraͤcht- lichen ſchandſchrifften/ zerreiſt euch/ ihr verfluch- ten buchſtaben/ und beſchweret das unſchuldige pa- pier nicht. Entweichet aus meiner unbefieckten hand/ damit das verzehrende rach-feuer des zorni- gen himmels nicht eurentwegen auch uͤber mich komme. Empfanget den gebuͤhrenden lohn von einem großmuͤtigen knechte/ der in ſeinem hertzen uͤber alle bottmaͤſſigkeit triumphiren kan. Aber ach! wie werde ich mich endlich vor allem unziemli- chen anlauff beſchuͤtzen/ was vor waffen werd ich der heimlichen gewaltthaͤtigkeit entgegen ſetzen? ich ſchwebe - - - Bel. Siehe da Floretto! ſeyd ihr ſo allein? Flor. Jhr gnaden belieben vielleicht dero geliebte frau muhme zu beſuchen? Bel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/237
Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/237>, abgerufen am 17.05.2024.