Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Andere Handlung. Clar. Gleichwohl hab ich diese nacht einen lustigen traum von dir gehabt. Flor. Jch bin gehorsam/ und gläube sachen/ die ich mir nicht einbilden kan. Clar. Jn warheit/ es träumte mir/ als hättest du mei- nes Rodomans kleidung angezogen/ und kämest in mein cabinet/ ich stund auf/ und wolte meinen lieb- sten umfangen/ und meiner gewohnheit nach/ ver- suchen/ ob ich mit meinen küssen seiner höfligkeit könnte zuvor kommen: Sieh da/ so warest du es/ dessen aber ungeacht/ war ich so entzückt/ daß ich wol tausend liebkosungen von dir einnehmen muste. Jch habe die zeit meines lebens dergleichen bren- nende küsse nie empfunden/ dergleichen gemüths- reitzung nie ausgestanden/ als zu der stunde/ da ich durch die scharff-sinnige einbildung/ in die feste vee- bündniß deiner schneeweissen arme gelocket ward/ bedencke nun selbsten bey dir/ ob ich nicht ursach ge- nug habe/ dich den muthwilligen Floretto zu nennen. Fl. Ein traum ist ein traum/ und sein nichtiges schat- ten-werck belustiget sie offtermaln in unmöglichen dingen. Cl. Wie kömmt es aber/ daß ich dein lustiges gemüthe nicht so wohl am tage bey wachenden augen/ als in der nacht im dunckeln erkennen kan. Fl. Am tage bin ich mir selbsten ähnlich/ in der nacht steht es allen lustigen gemüthern frey/ meine gestalt mit frembden farben zu verändern. Cl. Doch möcht ich gerne sehen/ ob es dir am tage so wohl anstehen solte/ versuch es/ mein Floretto. Fl. Am tage sieht mich niemand vor den Rodoman an. Cl. So zeuch seine kleider an. Fl. Ein O 2
Andere Handlung. Clar. Gleichwohl hab ich dieſe nacht einen luſtigen traum von dir gehabt. Flor. Jch bin gehorſam/ und glaͤube ſachen/ die ich mir nicht einbilden kan. Clar. Jn warheit/ es traͤumte mir/ als haͤtteſt du mei- nes Rodomans kleidung angezogen/ und kaͤmeſt in mein cabinet/ ich ſtund auf/ und wolte meinen lieb- ſten umfangen/ und meiner gewohnheit nach/ ver- ſuchen/ ob ich mit meinen kuͤſſen ſeiner hoͤfligkeit koͤnnte zuvor kommen: Sieh da/ ſo wareſt du es/ deſſen aber ungeacht/ war ich ſo entzuͤckt/ daß ich wol tauſend liebkoſungen von diꝛ einnehmen muſte. Jch habe die zeit meines lebens dergleichen bren- nende kuͤſſe nie empfunden/ dergleichen gemuͤths- reitzung nie ausgeſtanden/ als zu der ſtunde/ da ich durch die ſcharff-ſinnige einbildung/ in die feſte vee- buͤndniß deiner ſchneeweiſſen arme gelocket ward/ bedencke nun ſelbſten bey dir/ ob ich nicht urſach ge- nug habe/ dich den muthwilligen Floretto zu neñen. Fl. Ein traum iſt ein traum/ und ſein nichtiges ſchat- ten-werck beluſtiget ſie offtermaln in unmoͤglichen dingen. Cl. Wie koͤmmt es aber/ daß ich dein luſtiges gemuͤthe nicht ſo wohl am tage bey wachenden augen/ als in der nacht im dunckeln erkennen kan. Fl. Am tage bin ich mir ſelbſten aͤhnlich/ in der nacht ſteht es allen luſtigen gemuͤthern frey/ meine geſtalt mit frembden farben zu veraͤndern. Cl. Doch moͤcht ich gerne ſehen/ ob es dir am tage ſo wohl anſtehen ſolte/ verſuch es/ mein Floretto. Fl. Am tage ſieht mich niemand vor den Rodoman an. Cl. So zeuch ſeine kleider an. Fl. Ein O 2
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Andere Handlung.
Clar. Gleichwohl hab ich dieſe nacht einen luſtigen
traum von dir gehabt.
Flor. Jch bin gehorſam/ und glaͤube ſachen/ die ich
mir nicht einbilden kan.
Clar. Jn warheit/ es traͤumte mir/ als haͤtteſt du mei-
nes Rodomans kleidung angezogen/ und kaͤmeſt in
mein cabinet/ ich ſtund auf/ und wolte meinen lieb-
ſten umfangen/ und meiner gewohnheit nach/ ver-
ſuchen/ ob ich mit meinen kuͤſſen ſeiner hoͤfligkeit
koͤnnte zuvor kommen: Sieh da/ ſo wareſt du es/
deſſen aber ungeacht/ war ich ſo entzuͤckt/ daß ich
wol tauſend liebkoſungen von diꝛ einnehmen muſte.
Jch habe die zeit meines lebens dergleichen bren-
nende kuͤſſe nie empfunden/ dergleichen gemuͤths-
reitzung nie ausgeſtanden/ als zu der ſtunde/ da ich
durch die ſcharff-ſinnige einbildung/ in die feſte vee-
buͤndniß deiner ſchneeweiſſen arme gelocket ward/
bedencke nun ſelbſten bey dir/ ob ich nicht urſach ge-
nug habe/ dich den muthwilligen Floretto zu neñen.
Fl. Ein traum iſt ein traum/ und ſein nichtiges ſchat-
ten-werck beluſtiget ſie offtermaln in unmoͤglichen
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Cl. Wie koͤmmt es aber/ daß ich dein luſtiges gemuͤthe
nicht ſo wohl am tage bey wachenden augen/ als in
der nacht im dunckeln erkennen kan.
Fl. Am tage bin ich mir ſelbſten aͤhnlich/ in der nacht
ſteht es allen luſtigen gemuͤthern frey/ meine geſtalt
mit frembden farben zu veraͤndern.
Cl. Doch moͤcht ich gerne ſehen/ ob es dir am tage ſo
wohl anſtehen ſolte/ verſuch es/ mein Floretto.
Fl. Am tage ſieht mich niemand vor den Rodoman an.
Cl. So zeuch ſeine kleider an.
Fl. Ein
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