Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Erste Abhandlung. (geht ab.) Floretto. DU gerechter himmel? zuwelchem unglück hast du mich noch auf gehoben/ ist dann noch mehr/ so ich verliere kan/ ausser meiner freyheit und soll ich nun einer neuen gefangenschaft unterworffen seyn? was bedeuten die unordentlichen blicke/ die ungewöhn- lichen geberden/ die verwirten reden derer sich mei- ne frau gegen mir gebraucht/ will sie mich an das narren-seil aller schimpflichen verachtung anknüpf- fen oder - - - (Melane kommt von hinten/ und hält ihm die augen zu) WEr ist da/ wer hält mir die augen zu/ soll mir ins künfftige auch das gesicht verbotten werden? ich b[i]tte/ man lasse mich loß/ oder ich entreisse mich mit gewalt. Mel. Mein lieber Floretto! ich wars. Flor. Sieh da/ seyd ihr alle tage so kurtzweilig. Mel. Ja/ aber nur bey eures gleichen. Flor. Meines gleichen achten solchen schertz nicht hoch. Mel. Es ist kein wunder/ thut ihr doch gegen unserer frauen/ als wann sie ein hund wär. Flor. Melane! habt ihr die gedancken beym juden versetzt/ oder lebt ihr itzt im schweren monden? Mel. Wie so mein lieber Floretto! ists nicht war/ sie thut so freundlich mit euch/ sie redt mit euch/ sie streu- chelt euch/ ich halte/ sie riesse das hertz aus dem leibe/ und gebe euch die helffte darvon/ und ihr seht gegen ihr aus/ als wie ein leibhafftiger holtzbock. Ach du niedliches honigtöpffgen/ soll dann meine frau ei- nen essigkrug an dir haben? Flor.
Erſte Abhandlung. (geht ab.) Floretto. DU gerechter himmel? zuwelchem ungluͤck haſt du mich noch auf gehoben/ iſt dann noch mehr/ ſo ich verliere kan/ auſſer meiner freyheit und ſoll ich nun einer neuen gefangenſchaft unterworffen ſeyn? was bedeuten die unordentlichen blicke/ die ungewoͤhn- lichen geberden/ die verwirten reden derer ſich mei- ne frau gegen mir gebraucht/ will ſie mich an das narren-ſeil aller ſchimpflichen verachtung anknuͤpf- fen oder ‒ ‒ ‒ (Melane kommt von hinten/ und haͤlt ihm die augen zu) WEr iſt da/ wer haͤlt mir die augen zu/ ſoll mir ins kuͤnfftige auch das geſicht verbotten werden? ich b[i]tte/ man laſſe mich loß/ oder ich entreiſſe mich mit gewalt. Mel. Mein lieber Floretto! ich wars. Flor. Sieh da/ ſeyd ihr alle tage ſo kurtzweilig. Mel. Ja/ aber nur bey eures gleichen. Flor. Meines gleichen achten ſolchen ſchertz nicht hoch. Mel. Es iſt kein wunder/ thut ihr doch gegen unſerer frauen/ als wann ſie ein hund waͤr. Flor. Melane! habt ihr die gedancken beym juden verſetzt/ oder lebt ihr itzt im ſchweren monden? Mel. Wie ſo mein lieber Floretto! iſts nicht war/ ſie thut ſo freundlich mit euch/ ſie redt mit euch/ ſie ſtꝛeu- chelt euch/ ich halte/ ſie rieſſe das hertz aus dem leibe/ und gebe euch die helffte darvon/ und ihr ſeht gegen ihr aus/ als wie ein leibhafftiger holtzbock. Ach du niedliches honigtoͤpffgen/ ſoll dann meine frau ei- nen eſſigkrug an dir haben? Flor.
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Erſte Abhandlung.
(geht ab.)
Floretto.
DU gerechter himmel? zuwelchem ungluͤck haſt du
mich noch auf gehoben/ iſt dann noch mehr/ ſo ich
verliere kan/ auſſer meiner freyheit und ſoll ich nun
einer neuen gefangenſchaft unterworffen ſeyn? was
bedeuten die unordentlichen blicke/ die ungewoͤhn-
lichen geberden/ die verwirten reden derer ſich mei-
ne frau gegen mir gebraucht/ will ſie mich an das
narren-ſeil aller ſchimpflichen verachtung anknuͤpf-
fen oder ‒ ‒ ‒
(Melane kommt von hinten/ und haͤlt ihm
die augen zu)
WEr iſt da/ wer haͤlt mir die augen zu/ ſoll mir ins
kuͤnfftige auch das geſicht verbotten werden? ich
bitte/ man laſſe mich loß/ oder ich entreiſſe mich mit
gewalt.
Mel. Mein lieber Floretto! ich wars.
Flor. Sieh da/ ſeyd ihr alle tage ſo kurtzweilig.
Mel. Ja/ aber nur bey eures gleichen.
Flor. Meines gleichen achten ſolchen ſchertz nicht hoch.
Mel. Es iſt kein wunder/ thut ihr doch gegen unſerer
frauen/ als wann ſie ein hund waͤr.
Flor. Melane! habt ihr die gedancken beym juden
verſetzt/ oder lebt ihr itzt im ſchweren monden?
Mel. Wie ſo mein lieber Floretto! iſts nicht war/ ſie
thut ſo freundlich mit euch/ ſie redt mit euch/ ſie ſtꝛeu-
chelt euch/ ich halte/ ſie rieſſe das hertz aus dem leibe/
und gebe euch die helffte darvon/ und ihr ſeht gegen
ihr aus/ als wie ein leibhafftiger holtzbock. Ach du
niedliches honigtoͤpffgen/ ſoll dann meine frau ei-
nen eſſigkrug an dir haben?
Flor.
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