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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Erste Abhandlung.
Clar. So willst du gehorsam seyn?
Flor. Ein knecht darf nicht um seinen willen gefragt
werden.
Clar. Wann ich nun sagte/ du soltest verliebt seyn?
Flor. So würde meine unwissenheit das verbrechen
des ungehorsams entschuldigen.
Clar. Wann ich sagte/ du soltest meine magd mit ver-
liebten augen ansehen.
Flor. Die augen die meiner gnädigsten herrschafft zu
gefälligen diensten gewidmet sind/ lassen sich nicht
auf eine magd kehren.
Clar. Wann ich aber sagte/ du soltest mich lieben.
Flor. So wolte ich höchlich bitten/ einen armen elen-
den knecht mit dergleichen höhnerey zu verschonen.
Clar. Wann ich dir aber zum zeichen einer würckli-
chen Affection die hände drückte.
Flor. So wolte ich mich vor glückselig schätzen/ daß
euer gnad dero kurtzweilige gedancken an mir aus-
lassen wolte.
Clar. Wann ich dir ferner meinen mund zu beliebli-
chen küssen darreichte.
Flor. So wolte ich sagen/ es stünde mir nicht an/ die
rösgen von meines gnädigsten herrn stocke zu brechen
Clar. Wann ich dich selbsten küssen wolte.
Flor. So müste ich ungehorsam werden/ und davon
gehn.

(geht ab.)
Clar. Elendeste Clarisse! ist diß die herrschafft/ derer
sich ein freygebohrner mensch über die leibeigenen
sclaven zu rühmen hat? ist Floretto mein knecht?
ach nein/ wer über mich gebieten kan/ darff sich eines
so verächtlichen titels nicht theilhafftig machen.
Jch
N 3
Erſte Abhandlung.
Clar. So willſt du gehorſam ſeyn?
Flor. Ein knecht darf nicht um ſeinen willen gefragt
werden.
Clar. Wann ich nun ſagte/ du ſolteſt verliebt ſeyn?
Flor. So wuͤrde meine unwiſſenheit das verbrechen
des ungehorſams entſchuldigen.
Clar. Wann ich ſagte/ du ſolteſt meine magd mit ver-
liebten augen anſehen.
Flor. Die augen die meiner gnaͤdigſten herrſchafft zu
gefaͤlligen dienſten gewidmet ſind/ laſſen ſich nicht
auf eine magd kehren.
Clar. Wann ich aber ſagte/ du ſolteſt mich lieben.
Flor. So wolte ich hoͤchlich bitten/ einen armen elen-
den knecht mit dergleichen hoͤhnerey zu verſchonen.
Clar. Wann ich dir aber zum zeichen einer wuͤrckli-
chen Affection die haͤnde druͤckte.
Flor. So wolte ich mich vor gluͤckſelig ſchaͤtzen/ daß
euer gnad dero kurtzweilige gedancken an mir aus-
laſſen wolte.
Clar. Wann ich dir ferner meinen mund zu beliebli-
chen kuͤſſen darreichte.
Flor. So wolte ich ſagen/ es ſtuͤnde mir nicht an/ die
roͤſgen von meines gnaͤdigſtē herrn ſtocke zu brechen
Clar. Wann ich dich ſelbſten kuͤſſen wolte.
Flor. So muͤſte ich ungehorſam werden/ und davon
gehn.

(geht ab.)
Clar. Elendeſte Clariſſe! iſt diß die herrſchafft/ derer
ſich ein freygebohrner menſch uͤber die leibeigenen
ſclaven zu ruͤhmen hat? iſt Floretto mein knecht?
ach nein/ wer uͤber mich gebieten kan/ darff ſich eines
ſo veraͤchtlichen titels nicht theilhafftig machen.
Jch
N 3
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[197/0213] Erſte Abhandlung. Clar. So willſt du gehorſam ſeyn? Flor. Ein knecht darf nicht um ſeinen willen gefragt werden. Clar. Wann ich nun ſagte/ du ſolteſt verliebt ſeyn? Flor. So wuͤrde meine unwiſſenheit das verbrechen des ungehorſams entſchuldigen. Clar. Wann ich ſagte/ du ſolteſt meine magd mit ver- liebten augen anſehen. Flor. Die augen die meiner gnaͤdigſten herrſchafft zu gefaͤlligen dienſten gewidmet ſind/ laſſen ſich nicht auf eine magd kehren. Clar. Wann ich aber ſagte/ du ſolteſt mich lieben. Flor. So wolte ich hoͤchlich bitten/ einen armen elen- den knecht mit dergleichen hoͤhnerey zu verſchonen. Clar. Wann ich dir aber zum zeichen einer wuͤrckli- chen Affection die haͤnde druͤckte. Flor. So wolte ich mich vor gluͤckſelig ſchaͤtzen/ daß euer gnad dero kurtzweilige gedancken an mir aus- laſſen wolte. Clar. Wann ich dir ferner meinen mund zu beliebli- chen kuͤſſen darreichte. Flor. So wolte ich ſagen/ es ſtuͤnde mir nicht an/ die roͤſgen von meines gnaͤdigſtē herrn ſtocke zu brechen Clar. Wann ich dich ſelbſten kuͤſſen wolte. Flor. So muͤſte ich ungehorſam werden/ und davon gehn. (geht ab.) Clar. Elendeſte Clariſſe! iſt diß die herrſchafft/ derer ſich ein freygebohrner menſch uͤber die leibeigenen ſclaven zu ruͤhmen hat? iſt Floretto mein knecht? ach nein/ wer uͤber mich gebieten kan/ darff ſich eines ſo veraͤchtlichen titels nicht theilhafftig machen. Jch N 3

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/213>, abgerufen am 18.05.2024.