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Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

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dessentwegen rühmet Plutarch. den Philo-
poemon,
daß gleichsam wäre er zum regi-
ren gebohren/ er nicht nur nach der Vor-
schrifft der Gesetze sein Thun anzustel-
len/ sondern so offt eine dringende Noth
solches erheischet/ den Gesetzen selbst mit
Geschickligkeit ohne Unrechtthuung/ ei-
nes andern zu gebieten gewust/ welche/
weil sie nicht können/ was sie wollen/
sollen sie wollen/ was sie können. Selbst
der Römische Bürger-Meister Cicero
überredet uns dessen/ mit den beweglich-
sten Redens-Arten/ wenn er auff vor-
habende Materie einen Blick thut/ ich
halte/ sagt er/ darvor/ daß es nicht eines
unbeständigen sey/ sein Gemüthe wie ein
Schiff den Lauff nach dem Wetter des
gemeinen Wesens zu wenden/ ich habe
dieses gelernet/ dieses gesehen/ dieses ge-
lesen/ dieses haben die Schrifften aller
Zeiten von den weisesten und stattlich-
sten Leuten bezeuget/ daß man nicht al-
lezeit einerley Sinn behalten könne/ son-
dern wasserley auch der Zustand gemei-
nen Wesens/ der Zeiten Zuneigung und
Einträchtigkeit erfordert/ Und gewiß im

Regi-

deſſentwegẽ ruͤhmet Plutarch. den Philo-
pœmõ,
daß gleichſam waͤre er zum regi-
ren gebohren/ er nicht nur nach deꝛ Vor-
ſchrifft der Geſetze ſein Thun anzuſtel-
len/ ſondern ſo offt eine dringende Noth
ſolches erheiſchet/ den Geſetzen ſelbſt mit
Geſchickligkeit ohne Unrechtthuung/ ei-
nes andern zu gebieten gewuſt/ welche/
weil ſie nicht koͤnnen/ was ſie wollen/
ſollen ſie wollen/ was ſie koͤnnen. Selbſt
der Roͤmiſche Buͤrger-Meiſter Cicero
uͤberredet uns deſſen/ mit den beweglich-
ſten Redens-Arten/ wenn er auff vor-
habende Materie einen Blick thut/ ich
halte/ ſagt er/ darvor/ daß es nicht eines
unbeſtaͤndigen ſey/ ſein Gemuͤthe wie ein
Schiff den Lauff nach dem Wetter des
gemeinen Weſens zu wenden/ ich habe
dieſes gelernet/ dieſes geſehen/ dieſes ge-
leſen/ dieſes haben die Schrifften aller
Zeiten von den weiſeſten und ſtattlich-
ſten Leuten bezeuget/ daß man nicht al-
lezeit einerley Sinn behalten koͤnne/ ſon-
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[0348] deſſentwegẽ ruͤhmet Plutarch. den Philo- pœmõ, daß gleichſam waͤre er zum regi- ren gebohren/ er nicht nur nach deꝛ Vor- ſchrifft der Geſetze ſein Thun anzuſtel- len/ ſondern ſo offt eine dringende Noth ſolches erheiſchet/ den Geſetzen ſelbſt mit Geſchickligkeit ohne Unrechtthuung/ ei- nes andern zu gebieten gewuſt/ welche/ weil ſie nicht koͤnnen/ was ſie wollen/ ſollen ſie wollen/ was ſie koͤnnen. Selbſt der Roͤmiſche Buͤrger-Meiſter Cicero uͤberredet uns deſſen/ mit den beweglich- ſten Redens-Arten/ wenn er auff vor- habende Materie einen Blick thut/ ich halte/ ſagt er/ darvor/ daß es nicht eines unbeſtaͤndigen ſey/ ſein Gemuͤthe wie ein Schiff den Lauff nach dem Wetter des gemeinen Weſens zu wenden/ ich habe dieſes gelernet/ dieſes geſehen/ dieſes ge- leſen/ dieſes haben die Schrifften aller Zeiten von den weiſeſten und ſtattlich- ſten Leuten bezeuget/ daß man nicht al- lezeit einerley Sinn behalten koͤnne/ ſon- dern waſſerley auch der Zuſtand gemei- nen Weſens/ der Zeiten Zuneigung und Eintraͤchtigkeit erfordert/ Und gewiß im Regi-

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Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/348>, abgerufen am 01.06.2024.