Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

Ofen/ darinnen das feineste Gold der
Weißheit außgebrennet wird/ die kalten
Winde machen/ daß wir uns in die
Mäntel besser einwickeln/ die wir in der
Hitze von uns zu werffen pflegen: Nun
werden die höchsten Cedern von den
hefftigsten Winden gerüttelt/ damit sie
desto fester und standhaffter Wurtzel fas-
sen/ die bittern Myrrhen werden nir-
gends mehr als in den Libanon der Glück-
seeligkeit gezeuget/ die grossen in der
Welt gehen nicht immer auff wollüstigen
Rosen/ dero erläuchten Häupter liegen
nicht allezeit auff sanfften Polstern/ ihre
Schwanfedern werden offters zu stach-
lichten Disteln/ die Regiments-Bürde/
welche sich als mit lauter lieblichen Ro-
sen angefüllet läst anschauen/ hat die sub-
tilesten und scharffesten Stacheln in sich
verberget/ der/ welcher von aussen be-
trachtet und überhin ansiehet die anmu-
tige Regirungs-Rose/ hat freylich wol-
gefallen an der lebhafften Farben/ o co-
me e vagha, come diletta, come ralle-
gra la vista?
Wie ist sie so behäglich/
wie ergötzet sie/ wie liebkoset sie die Au-

gen

Ofen/ darinnen das feineſte Gold der
Weißheit außgebrennet wird/ die kalten
Winde machen/ daß wir uns in die
Maͤntel beſſer einwickeln/ die wir in der
Hitze von uns zu werffen pflegen: Nun
werden die hoͤchſten Cedern von den
hefftigſten Winden geruͤttelt/ damit ſie
deſto feſter und ſtandhaffter Wurtzel faſ-
ſen/ die bittern Myrrhen werden nir-
gends mehr als in den Libanon der Gluͤck-
ſeeligkeit gezeuget/ die groſſen in der
Welt gehen nicht immer auff wolluͤſtigen
Roſen/ dero erlaͤuchten Haͤupter liegen
nicht allezeit auff ſanfften Polſtern/ ihre
Schwanfedern werden offters zu ſtach-
lichten Diſteln/ die Regiments-Buͤrde/
welche ſich als mit lauter lieblichen Ro-
ſen angefuͤllet laͤſt anſchauen/ hat die ſub-
tileſten und ſcharffeſten Stacheln in ſich
verberget/ der/ welcher von auſſen be-
trachtet und uͤberhin anſiehet die anmu-
tige Regirungs-Roſe/ hat freylich wol-
gefallen an der lebhafften Farben/ o co-
me è vagha, come diletta, come ralle-
gra la viſta?
Wie iſt ſie ſo behaͤglich/
wie ergoͤtzet ſie/ wie liebkoſet ſie die Au-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0264"/>
Ofen/ darinnen das feine&#x017F;te Gold der<lb/>
Weißheit außgebrennet wird/ die kalten<lb/>
Winde machen/ daß wir uns in die<lb/>
Ma&#x0364;ntel be&#x017F;&#x017F;er einwickeln/ die wir in der<lb/>
Hitze von uns zu werffen pflegen: Nun<lb/>
werden die ho&#x0364;ch&#x017F;ten Cedern von den<lb/>
hefftig&#x017F;ten Winden geru&#x0364;ttelt/ damit &#x017F;ie<lb/>
de&#x017F;to fe&#x017F;ter und &#x017F;tandhaffter Wurtzel fa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ die bittern Myrrhen werden nir-<lb/>
gends mehr als in den Libanon der Glu&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;eeligkeit gezeuget/ die gro&#x017F;&#x017F;en in der<lb/>
Welt gehen nicht immer auff wollu&#x0364;&#x017F;tigen<lb/>
Ro&#x017F;en/ dero erla&#x0364;uchten Ha&#x0364;upter liegen<lb/>
nicht allezeit auff &#x017F;anfften Pol&#x017F;tern/ ihre<lb/>
Schwanfedern werden offters zu &#x017F;tach-<lb/>
lichten Di&#x017F;teln/ die Regiments-Bu&#x0364;rde/<lb/>
welche &#x017F;ich als mit lauter lieblichen Ro-<lb/>
&#x017F;en angefu&#x0364;llet la&#x0364;&#x017F;t an&#x017F;chauen/ hat die &#x017F;ub-<lb/>
tile&#x017F;ten und &#x017F;charffe&#x017F;ten Stacheln in &#x017F;ich<lb/>
verberget/ der/ welcher von au&#x017F;&#x017F;en be-<lb/>
trachtet und u&#x0364;berhin an&#x017F;iehet die anmu-<lb/>
tige Regirungs-Ro&#x017F;e/ hat freylich wol-<lb/>
gefallen an der lebhafften Farben/ <hi rendition="#aq">o co-<lb/>
me è vagha, come diletta, come ralle-<lb/>
gra la vi&#x017F;ta?</hi> Wie i&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;o beha&#x0364;glich/<lb/>
wie ergo&#x0364;tzet &#x017F;ie/ wie liebko&#x017F;et &#x017F;ie die Au-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0264] Ofen/ darinnen das feineſte Gold der Weißheit außgebrennet wird/ die kalten Winde machen/ daß wir uns in die Maͤntel beſſer einwickeln/ die wir in der Hitze von uns zu werffen pflegen: Nun werden die hoͤchſten Cedern von den hefftigſten Winden geruͤttelt/ damit ſie deſto feſter und ſtandhaffter Wurtzel faſ- ſen/ die bittern Myrrhen werden nir- gends mehr als in den Libanon der Gluͤck- ſeeligkeit gezeuget/ die groſſen in der Welt gehen nicht immer auff wolluͤſtigen Roſen/ dero erlaͤuchten Haͤupter liegen nicht allezeit auff ſanfften Polſtern/ ihre Schwanfedern werden offters zu ſtach- lichten Diſteln/ die Regiments-Buͤrde/ welche ſich als mit lauter lieblichen Ro- ſen angefuͤllet laͤſt anſchauen/ hat die ſub- tileſten und ſcharffeſten Stacheln in ſich verberget/ der/ welcher von auſſen be- trachtet und uͤberhin anſiehet die anmu- tige Regirungs-Roſe/ hat freylich wol- gefallen an der lebhafften Farben/ o co- me è vagha, come diletta, come ralle- gra la viſta? Wie iſt ſie ſo behaͤglich/ wie ergoͤtzet ſie/ wie liebkoſet ſie die Au- gen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/264
Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/264>, abgerufen am 22.11.2024.