Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_069.001 Im Zusammenhang mit dem Gestaltbegriff ist noch ein weiterer Aspekt pwe_069.002 1 pwe_069.036 Curt Müller, Die geschichtlichen Voraussetzungen des Symbolbegriffs in pwe_069.037 Goethes Naturanschauung. (Palaestra 211) Leipzig 1937. - Fritz Strich, Das pwe_069.038 Symbol in der Dichtung (In: "Der Dichter und die Zeit." Bern 1947). 2 pwe_069.039
Emeric Fiser, La theorie du symbole litteraire et Marcel Proust. Paris 1941. pwe_069.040 - Louis Cazamian, Symbolisme et poesie. L'exemple anglais. Neuchatel 1947. pwe_069.001 Im Zusammenhang mit dem Gestaltbegriff ist noch ein weiterer Aspekt pwe_069.002 1 pwe_069.036 Curt Müller, Die geschichtlichen Voraussetzungen des Symbolbegriffs in pwe_069.037 Goethes Naturanschauung. (Palaestra 211) Leipzig 1937. – Fritz Strich, Das pwe_069.038 Symbol in der Dichtung (In: „Der Dichter und die Zeit.“ Bern 1947). 2 pwe_069.039
Emeric Fiser, La théorie du symbole littéraire et Marcel Proust. Paris 1941. pwe_069.040 – Louis Cazamian, Symbolisme et poésie. L'exemple anglais. Neuchâtel 1947. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0075" n="69"/> <lb n="pwe_069.001"/> <p> Im Zusammenhang mit dem Gestaltbegriff ist noch ein weiterer Aspekt <lb n="pwe_069.002"/> zu erwähnen, der dem des Gestalthaften und darüber hinaus dem Wesen <lb n="pwe_069.003"/> der Dichtung überhaupt zugeordnet zu werden pflegt: der <hi rendition="#g">Symbolcharakter</hi> <lb n="pwe_069.004"/> der Dichtung, wie er ebenfalls von der deutschen Klassik <lb n="pwe_069.005"/> ergründet wurde und nach Goethe „eigentlich die Natur der Poesie“ darstellt<note xml:id="PWE_069_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_069.036"/> Curt Müller, <hi rendition="#i">Die geschichtlichen Voraussetzungen des Symbolbegriffs in <lb n="pwe_069.037"/> Goethes Naturanschauung. (Palaestra 211)</hi> Leipzig 1937. – Fritz Strich, <hi rendition="#i">Das <lb n="pwe_069.038"/> Symbol in der Dichtung</hi> (In: „<hi rendition="#i">Der Dichter und die Zeit.</hi>“ Bern 1947).</note>. <lb n="pwe_069.006"/> Es ist in letzter Zeit stiller geworden um diesen vielseitigen und <lb n="pwe_069.007"/> darum problematischen Begriff des Symbols, der außerhalb der Literatur, <lb n="pwe_069.008"/> vor allem in der Psychologie, neue Inhalte gefunden hat, anderseits in der <lb n="pwe_069.009"/> Literatur selbst im Zusammenhang mit dem französischen „Symbolismus“<note xml:id="PWE_069_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_069.039"/> Emeric Fiser, <hi rendition="#i">La théorie du symbole littéraire et Marcel Proust.</hi> Paris 1941. <lb n="pwe_069.040"/> – Louis Cazamian, <hi rendition="#i">Symbolisme et poésie. L'exemple anglais.</hi> Neuchâtel 1947.</note> <lb n="pwe_069.010"/> seines ursprünglichen Sinnes weitgehend entkleidet wurde. Der <lb n="pwe_069.011"/> Symbolbegriff scheint entbehrlich zu werden, wenn man das Kunstwerk <lb n="pwe_069.012"/> nicht mehr als Ausdruck oder „Form“ irgendeines Gehaltes, sondern als in <lb n="pwe_069.013"/> sich ruhendes Werkgebilde verstehen will, und wenn man Dichtung nicht <lb n="pwe_069.014"/> mehr ohne weiteres gleichsetzt mit dem Ausdruckssystem der Sprache <lb n="pwe_069.015"/> schlechthin. Denn der Name <hi rendition="#i">Symbol</hi> scheint als sein Korrelat ein <hi rendition="#i">Symbolisiertes</hi> <lb n="pwe_069.016"/> vorauszusetzen – der Dichter gibt etwa nach <hi rendition="#k">Emil Ermatinger</hi> <lb n="pwe_069.017"/> „ein Bild des Sinnes ... den er in der Wirklichkeit gefunden hat“ – und <lb n="pwe_069.018"/> damit die autonome Würde des Kunstwerkes zu verletzen. Diese heute <lb n="pwe_069.019"/> unbeliebte Konsequenz, d. h. schließlich die Form-Inhalt-Aufspaltung, erscheint <lb n="pwe_069.020"/> hier noch deutlicher als beim Begriff der Gestalt, der ja z. T. ebenfalls <lb n="pwe_069.021"/> auf einen gestalteten „Gehalt“ bezogen war. Dagegen ist wieder zu <lb n="pwe_069.022"/> sagen, daß es trotz allem Werkcharakter zum Wesen der Dichtung gehört, <lb n="pwe_069.023"/> auch über sich hinauszuweisen, daß also schon darum der Symbolbegriff <lb n="pwe_069.024"/> auch in einer richtig verstandenen Werkpoetik Platz finden könnte; Symbol <lb n="pwe_069.025"/> bedeutet ja gegenüber andern Bedeutungsverhältnissen, daß sich das <lb n="pwe_069.026"/> Bedeutete selbst erst im Bedeutenden vollzieht, daß das Symbol nicht ersetzbar <lb n="pwe_069.027"/> ist. Die Seinsweise von Dichtung ließe sich gerade als symbolische <lb n="pwe_069.028"/> von der Welt realer Wirklichkeit abheben. Zudem könnte, ähnlich wie bei <lb n="pwe_069.029"/> der Gestalt, auch von dem immanenten Symbolcharakter des Dichtwerks <lb n="pwe_069.030"/> gesprochen werden, sofern seine Elemente (Aspekte, Stilzüge) wie Satz, <lb n="pwe_069.031"/> Rhvthmus, Laut, Fabel etc. ihre stilistische Einheitlichkeit dadurch erhalten, <lb n="pwe_069.032"/> daß jeder Stilzug alle andern und zugleich das Ganze repräsentiert, <lb n="pwe_069.033"/> daß einer im andern symbolisch erscheint. Es wäre in diesem eingeschränkten <lb n="pwe_069.034"/> Sinn eben gerade der Symbolcharakter, der die Einheit und Ganzheit <lb n="pwe_069.035"/> namens Stil oder Gestalt konstitutiert.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0075]
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Im Zusammenhang mit dem Gestaltbegriff ist noch ein weiterer Aspekt pwe_069.002
zu erwähnen, der dem des Gestalthaften und darüber hinaus dem Wesen pwe_069.003
der Dichtung überhaupt zugeordnet zu werden pflegt: der Symbolcharakter pwe_069.004
der Dichtung, wie er ebenfalls von der deutschen Klassik pwe_069.005
ergründet wurde und nach Goethe „eigentlich die Natur der Poesie“ darstellt 1. pwe_069.006
Es ist in letzter Zeit stiller geworden um diesen vielseitigen und pwe_069.007
darum problematischen Begriff des Symbols, der außerhalb der Literatur, pwe_069.008
vor allem in der Psychologie, neue Inhalte gefunden hat, anderseits in der pwe_069.009
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seines ursprünglichen Sinnes weitgehend entkleidet wurde. Der pwe_069.011
Symbolbegriff scheint entbehrlich zu werden, wenn man das Kunstwerk pwe_069.012
nicht mehr als Ausdruck oder „Form“ irgendeines Gehaltes, sondern als in pwe_069.013
sich ruhendes Werkgebilde verstehen will, und wenn man Dichtung nicht pwe_069.014
mehr ohne weiteres gleichsetzt mit dem Ausdruckssystem der Sprache pwe_069.015
schlechthin. Denn der Name Symbol scheint als sein Korrelat ein Symbolisiertes pwe_069.016
vorauszusetzen – der Dichter gibt etwa nach Emil Ermatinger pwe_069.017
„ein Bild des Sinnes ... den er in der Wirklichkeit gefunden hat“ – und pwe_069.018
damit die autonome Würde des Kunstwerkes zu verletzen. Diese heute pwe_069.019
unbeliebte Konsequenz, d. h. schließlich die Form-Inhalt-Aufspaltung, erscheint pwe_069.020
hier noch deutlicher als beim Begriff der Gestalt, der ja z. T. ebenfalls pwe_069.021
auf einen gestalteten „Gehalt“ bezogen war. Dagegen ist wieder zu pwe_069.022
sagen, daß es trotz allem Werkcharakter zum Wesen der Dichtung gehört, pwe_069.023
auch über sich hinauszuweisen, daß also schon darum der Symbolbegriff pwe_069.024
auch in einer richtig verstandenen Werkpoetik Platz finden könnte; Symbol pwe_069.025
bedeutet ja gegenüber andern Bedeutungsverhältnissen, daß sich das pwe_069.026
Bedeutete selbst erst im Bedeutenden vollzieht, daß das Symbol nicht ersetzbar pwe_069.027
ist. Die Seinsweise von Dichtung ließe sich gerade als symbolische pwe_069.028
von der Welt realer Wirklichkeit abheben. Zudem könnte, ähnlich wie bei pwe_069.029
der Gestalt, auch von dem immanenten Symbolcharakter des Dichtwerks pwe_069.030
gesprochen werden, sofern seine Elemente (Aspekte, Stilzüge) wie Satz, pwe_069.031
Rhvthmus, Laut, Fabel etc. ihre stilistische Einheitlichkeit dadurch erhalten, pwe_069.032
daß jeder Stilzug alle andern und zugleich das Ganze repräsentiert, pwe_069.033
daß einer im andern symbolisch erscheint. Es wäre in diesem eingeschränkten pwe_069.034
Sinn eben gerade der Symbolcharakter, der die Einheit und Ganzheit pwe_069.035
namens Stil oder Gestalt konstitutiert.
1 pwe_069.036
Curt Müller, Die geschichtlichen Voraussetzungen des Symbolbegriffs in pwe_069.037
Goethes Naturanschauung. (Palaestra 211) Leipzig 1937. – Fritz Strich, Das pwe_069.038
Symbol in der Dichtung (In: „Der Dichter und die Zeit.“ Bern 1947).
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Zitationshilfe: | Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wehrli_poetik_1951/75>, abgerufen am 16.02.2025. |