Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_068.001 Horst Oppel1 hat es unternommen, "die methodischen Grundfragen pwe_068.019 1 pwe_068.037 Horst Oppel, Morphologische Literaturwissenschaft. Goethes Ansicht und pwe_068.038 Methode. Mainz 1947. 2 pwe_068.039
Emil Staiger, Morphologische Literaturwissenschaft. Trivium II (1944), 223 ff. pwe_068.001 Horst Oppel1 hat es unternommen, „die methodischen Grundfragen pwe_068.019 1 pwe_068.037 Horst Oppel, Morphologische Literaturwissenschaft. Goethes Ansicht und pwe_068.038 Methode. Mainz 1947. 2 pwe_068.039
Emil Staiger, Morphologische Literaturwissenschaft. Trivium II (1944), 223 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0074" n="68"/><lb n="pwe_068.001"/> eine Gestaltwirklichkeit, die durch sprachliche Entfaltung eines Kräftespiels <lb n="pwe_068.002"/> von Bedeutungen gebildet wird.“ Dichtung ist „sprachgetragene Wirklichkeit“, <lb n="pwe_068.003"/> die darüber hinaus als eine „Wirklichkeit der Natur“ bezeichnet <lb n="pwe_068.004"/> werden kann. Und nun versucht <hi rendition="#k">Müller</hi> auch die Goetheschen Begriffe <lb n="pwe_068.005"/> von Typus und Metamorphose auf die Dichtung zu übertragen. Gestalt <lb n="pwe_068.006"/> entsteht, wenn der Typus Dichtung sich in der Metamorphose zum Werk <lb n="pwe_068.007"/> gestaltet, im Nacheinander der Worte und Sätze, in vertikaler und spiraler <lb n="pwe_068.008"/> Tendenz, wobei aber in jedem Wachstumsstand je schon Gestalt da ist. <lb n="pwe_068.009"/> Soweit nun zwischen den Metamorphosen, in denen sich die verschiedenen <lb n="pwe_068.010"/> Werke bilden, typische Gleichläufigkeiten bzw. Verschiedenheiten sich zeigen, <lb n="pwe_068.011"/> muß es möglich sein, auch die Gattungen und Arten der Dichtung <lb n="pwe_068.012"/> herzuleiten. Und schließlich wird der morphologische Gedanke auch zum <lb n="pwe_068.013"/> Wertmaß: je vollkommener, reiner und reicher die Ausgliederung – als <lb n="pwe_068.014"/> Einheit und Entfaltung – ist, um so höher wäre das Werk zu werten. <lb n="pwe_068.015"/> Damit ist durch den Rückgriff auf Goethe der Poetik ein neues Arsenal <lb n="pwe_068.016"/> von Kategorien und Termini angeboten und ein Forschungsprogramm aufgestellt, <lb n="pwe_068.017"/> auf eine ebenso einfache wie anregende, ja verwirrende Weise.</p> <lb n="pwe_068.018"/> <p> <hi rendition="#k">Horst Oppel</hi><note xml:id="PWE_068_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_068.037"/> Horst Oppel, <hi rendition="#i">Morphologische Literaturwissenschaft. Goethes Ansicht und <lb n="pwe_068.038"/> Methode.</hi> Mainz 1947.</note> hat es unternommen, „die methodischen Grundfragen <lb n="pwe_068.019"/> einer morphologischen Literaturwissenschaft von verschiedenen Ansatzpunkten <lb n="pwe_068.020"/> her und in wiederholtem Einsatz enger einzukreisen“, d. h. in beständigem <lb n="pwe_068.021"/> Rückblick auf Goethe zu diskutieren und zu ergänzen, ohne <lb n="pwe_068.022"/> selber ein eingehenderes System zu wagen. Anderseits hat <hi rendition="#k">Emil Staiger</hi><note xml:id="PWE_068_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_068.039"/> Emil Staiger, <hi rendition="#i">Morphologische Literaturwissenschaft.</hi> Trivium II (1944), 223 ff.</note> <lb n="pwe_068.023"/> ziemlich energisch abgewinkt. Es stimmt an sich mißtrauisch, wenn die Literaturwissenschaft, <lb n="pwe_068.024"/> nachdem sie sich seit Generationen um eine sacheigene <lb n="pwe_068.025"/> Methode bemüht, ihr Heil bei einer – wenn auch noch so geistvollen – <lb n="pwe_068.026"/> analogischen Übertragung Goethescher, im wesentlichen naturphilosophischer <lb n="pwe_068.027"/> Gedanken finden soll, wobei zudem Goethes Ansätze in Urpflanzenlehre <lb n="pwe_068.028"/> bzw. Osteologie kaum einheitlich sind. <hi rendition="#k">Staiger</hi> ist der Ansicht, daß <lb n="pwe_068.029"/> überhaupt umgekehrt „die deutsche Literaturwissenschaft gerade in dem <lb n="pwe_068.030"/> engen Anschluß an Goethes Begriffe krankt“. Weder ist das Dichtwerk <lb n="pwe_068.031"/> ein Organismus nach der Art von Pflanze und Tier, noch sind die Verhältnisse <lb n="pwe_068.032"/> der „Teile“ zum Ganzen hier und dort ohne weiteres vergleichbar, <lb n="pwe_068.033"/> noch ist der Vollzug eines Gedichts eine Metamorphose im Goetheschen <lb n="pwe_068.034"/> Sinn. Die Analogie verwischt gerade das, worauf es ankommt, es <lb n="pwe_068.035"/> ist überhaupt fraglich, ob der Begriff der Gestalt dem des Stils vorzuziehen <lb n="pwe_068.036"/> sei.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0074]
pwe_068.001
eine Gestaltwirklichkeit, die durch sprachliche Entfaltung eines Kräftespiels pwe_068.002
von Bedeutungen gebildet wird.“ Dichtung ist „sprachgetragene Wirklichkeit“, pwe_068.003
die darüber hinaus als eine „Wirklichkeit der Natur“ bezeichnet pwe_068.004
werden kann. Und nun versucht Müller auch die Goetheschen Begriffe pwe_068.005
von Typus und Metamorphose auf die Dichtung zu übertragen. Gestalt pwe_068.006
entsteht, wenn der Typus Dichtung sich in der Metamorphose zum Werk pwe_068.007
gestaltet, im Nacheinander der Worte und Sätze, in vertikaler und spiraler pwe_068.008
Tendenz, wobei aber in jedem Wachstumsstand je schon Gestalt da ist. pwe_068.009
Soweit nun zwischen den Metamorphosen, in denen sich die verschiedenen pwe_068.010
Werke bilden, typische Gleichläufigkeiten bzw. Verschiedenheiten sich zeigen, pwe_068.011
muß es möglich sein, auch die Gattungen und Arten der Dichtung pwe_068.012
herzuleiten. Und schließlich wird der morphologische Gedanke auch zum pwe_068.013
Wertmaß: je vollkommener, reiner und reicher die Ausgliederung – als pwe_068.014
Einheit und Entfaltung – ist, um so höher wäre das Werk zu werten. pwe_068.015
Damit ist durch den Rückgriff auf Goethe der Poetik ein neues Arsenal pwe_068.016
von Kategorien und Termini angeboten und ein Forschungsprogramm aufgestellt, pwe_068.017
auf eine ebenso einfache wie anregende, ja verwirrende Weise.
pwe_068.018
Horst Oppel 1 hat es unternommen, „die methodischen Grundfragen pwe_068.019
einer morphologischen Literaturwissenschaft von verschiedenen Ansatzpunkten pwe_068.020
her und in wiederholtem Einsatz enger einzukreisen“, d. h. in beständigem pwe_068.021
Rückblick auf Goethe zu diskutieren und zu ergänzen, ohne pwe_068.022
selber ein eingehenderes System zu wagen. Anderseits hat Emil Staiger 2 pwe_068.023
ziemlich energisch abgewinkt. Es stimmt an sich mißtrauisch, wenn die Literaturwissenschaft, pwe_068.024
nachdem sie sich seit Generationen um eine sacheigene pwe_068.025
Methode bemüht, ihr Heil bei einer – wenn auch noch so geistvollen – pwe_068.026
analogischen Übertragung Goethescher, im wesentlichen naturphilosophischer pwe_068.027
Gedanken finden soll, wobei zudem Goethes Ansätze in Urpflanzenlehre pwe_068.028
bzw. Osteologie kaum einheitlich sind. Staiger ist der Ansicht, daß pwe_068.029
überhaupt umgekehrt „die deutsche Literaturwissenschaft gerade in dem pwe_068.030
engen Anschluß an Goethes Begriffe krankt“. Weder ist das Dichtwerk pwe_068.031
ein Organismus nach der Art von Pflanze und Tier, noch sind die Verhältnisse pwe_068.032
der „Teile“ zum Ganzen hier und dort ohne weiteres vergleichbar, pwe_068.033
noch ist der Vollzug eines Gedichts eine Metamorphose im Goetheschen pwe_068.034
Sinn. Die Analogie verwischt gerade das, worauf es ankommt, es pwe_068.035
ist überhaupt fraglich, ob der Begriff der Gestalt dem des Stils vorzuziehen pwe_068.036
sei.
1 pwe_068.037
Horst Oppel, Morphologische Literaturwissenschaft. Goethes Ansicht und pwe_068.038
Methode. Mainz 1947.
2 pwe_068.039
Emil Staiger, Morphologische Literaturwissenschaft. Trivium II (1944), 223 ff.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |