Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_053.001 Wenn Donald Stauffer2 das Wesen der "poetry" zu bestimmen sucht pwe_053.007 pwe_053.024 2. das dichterische kunstwerk pwe_053.025a) Allgemeines pwe_053.026Es wurde bereits ausgeführt, daß und warum in der heutigen Literaturwissenschaft, pwe_053.027 1 pwe_053.034 Oskar Walzel, Poesie und Nichtpoesie. Frankfurt a. M. 1937. 2 pwe_053.035 Donald Stauffer, The Nature of Poetry. New York 1946. 3 pwe_053.036
Leonhard Beriger, Poesie und Prosa. DV 21 (1943) 132 ff. pwe_053.001 Wenn Donald Stauffer2 das Wesen der „poetry“ zu bestimmen sucht pwe_053.007 pwe_053.024 2. das dichterische kunstwerk pwe_053.025a) Allgemeines pwe_053.026Es wurde bereits ausgeführt, daß und warum in der heutigen Literaturwissenschaft, pwe_053.027 1 pwe_053.034 Oskar Walzel, Poesie und Nichtpoesie. Frankfurt a. M. 1937. 2 pwe_053.035 Donald Stauffer, The Nature of Poetry. New York 1946. 3 pwe_053.036
Leonhard Beriger, Poesie und Prosa. DV 21 (1943) 132 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0059" n="53"/><lb n="pwe_053.001"/> Literarhistorie unzulässig aufgespalten. Im Hintergrund steht das alte, <lb n="pwe_053.002"/> klassische Gegenüber von Mythos und Logos, Dichtung und Rhetorik. <lb n="pwe_053.003"/> So hat <hi rendition="#k">Oskar Walzel</hi><note xml:id="PWE_053_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_053.034"/> Oskar Walzel, <hi rendition="#i">Poesie und Nichtpoesie. Frankfurt a. M. 1937.</hi></note> das Problem in historischer Form an der Tradition <lb n="pwe_053.004"/> der klassischen deutschen Ästhetik verfolgt und dabei speziell auf die <lb n="pwe_053.005"/> Bedeutung von Friedrich Schlegels Rede über die Mythologie hingewiesen.</p> <lb n="pwe_053.006"/> <p> Wenn <hi rendition="#k">Donald Stauffer</hi><note xml:id="PWE_053_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_053.035"/> Donald Stauffer, <hi rendition="#i">The Nature of Poetry.</hi> New York 1946.</note> das Wesen der „poetry“ zu bestimmen sucht <lb n="pwe_053.007"/> durch eine Reihe von ziemlich heterogenen Merkmalen (nämlich exact, <lb n="pwe_053.008"/> intense, significant, concrete, complex, rhythmical, formal), so führt das <lb n="pwe_053.009"/> systematisch kaum weiter. Es liegt nahe, in der Lyrik das Phänomen der <lb n="pwe_053.010"/> Poesie in seiner ursprünglichsten, unmittelbarsten und abgelöstesten Form <lb n="pwe_053.011"/> zu erkennen. Hier ist auch ein formales Prinzip, das konventionellerweise <lb n="pwe_053.012"/> mit dem Begriff der Poesie verknüpft ist, am lebenskräftigsten: der Vers, <lb n="pwe_053.013"/> die „<hi rendition="#i">gebundene</hi>“ <hi rendition="#i">Form.</hi> In diesem Sinne den Vers als Hinweis auf den <lb n="pwe_053.014"/> Wesenscharakter der Poesie kategorial wieder ernst zu nehmen, ist das <lb n="pwe_053.015"/> Anliegen von <hi rendition="#k">L. Berigers</hi><note xml:id="PWE_053_3" place="foot" n="3"><lb n="pwe_053.036"/> Leonhard Beriger, <hi rendition="#i">Poesie und Prosa.</hi> DV 21 (1943) 132 ff.</note> sachlich und terminologisch klärender Abhandlung. <lb n="pwe_053.016"/> „So ist alle Prosadichtung, der Sprachform nach, ein Abweg <lb n="pwe_053.017"/> vom Wesen der Dichtung, ein Abfall“; die Versform mit ihrer Spannung <lb n="pwe_053.018"/> zwischen dem musikalischen und logischen Element ist „nur der sinnfälligste <lb n="pwe_053.019"/> und reinste Ausdruck des Wesens der Dichtung selbst, welches <lb n="pwe_053.020"/> die Verbindung und Durchdringung von Geist und Kunst, Wahrheit und <lb n="pwe_053.021"/> Schönheit ist“. Was natürlich nicht heißen soll, daß nicht auch Prosa Dichtung <lb n="pwe_053.022"/> sein kann; vielmehr kann sie unserer Zeit sogar viel mehr entsprechen: <lb n="pwe_053.023"/> es handelt sich hier eben nicht um eine Frage der Wertung.</p> </div> </div> <div n="2"> <lb n="pwe_053.024"/> <head> <hi rendition="#c">2. <hi rendition="#k">das dichterische kunstwerk</hi></hi> </head> <lb n="pwe_053.025"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#i">a) Allgemeines</hi> </hi> </head> <lb n="pwe_053.026"/> <p>Es wurde bereits ausgeführt, daß und warum in der heutigen Literaturwissenschaft, <lb n="pwe_053.027"/> aufs Ganze gesehen, der Wille zu einer Werkpoetik, zur <lb n="pwe_053.028"/> <hi rendition="#g">Stilkritik</hi> und zur <hi rendition="#g">Werkinterpretation</hi> zum beherrschenden <lb n="pwe_053.029"/> Merkmal geworden ist, eine Wendung, die nach ihren positiven Vorzeichen <lb n="pwe_053.030"/> als Neubesinnung aufs Wesentliche, auf die „Sache selbst“, und als <lb n="pwe_053.031"/> Ausdruck eines Wertwillens gesehen werden kann. Aber auch ihre negativen <lb n="pwe_053.032"/> Bedingungen – der Verlust eines fraglosen, überzeugten Geschichts- <lb n="pwe_053.033"/> und Wertbewußtseins – sind wohl nicht zu übersehen: „nach dem Wesen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0059]
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Literarhistorie unzulässig aufgespalten. Im Hintergrund steht das alte, pwe_053.002
klassische Gegenüber von Mythos und Logos, Dichtung und Rhetorik. pwe_053.003
So hat Oskar Walzel 1 das Problem in historischer Form an der Tradition pwe_053.004
der klassischen deutschen Ästhetik verfolgt und dabei speziell auf die pwe_053.005
Bedeutung von Friedrich Schlegels Rede über die Mythologie hingewiesen.
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Wenn Donald Stauffer 2 das Wesen der „poetry“ zu bestimmen sucht pwe_053.007
durch eine Reihe von ziemlich heterogenen Merkmalen (nämlich exact, pwe_053.008
intense, significant, concrete, complex, rhythmical, formal), so führt das pwe_053.009
systematisch kaum weiter. Es liegt nahe, in der Lyrik das Phänomen der pwe_053.010
Poesie in seiner ursprünglichsten, unmittelbarsten und abgelöstesten Form pwe_053.011
zu erkennen. Hier ist auch ein formales Prinzip, das konventionellerweise pwe_053.012
mit dem Begriff der Poesie verknüpft ist, am lebenskräftigsten: der Vers, pwe_053.013
die „gebundene“ Form. In diesem Sinne den Vers als Hinweis auf den pwe_053.014
Wesenscharakter der Poesie kategorial wieder ernst zu nehmen, ist das pwe_053.015
Anliegen von L. Berigers 3 sachlich und terminologisch klärender Abhandlung. pwe_053.016
„So ist alle Prosadichtung, der Sprachform nach, ein Abweg pwe_053.017
vom Wesen der Dichtung, ein Abfall“; die Versform mit ihrer Spannung pwe_053.018
zwischen dem musikalischen und logischen Element ist „nur der sinnfälligste pwe_053.019
und reinste Ausdruck des Wesens der Dichtung selbst, welches pwe_053.020
die Verbindung und Durchdringung von Geist und Kunst, Wahrheit und pwe_053.021
Schönheit ist“. Was natürlich nicht heißen soll, daß nicht auch Prosa Dichtung pwe_053.022
sein kann; vielmehr kann sie unserer Zeit sogar viel mehr entsprechen: pwe_053.023
es handelt sich hier eben nicht um eine Frage der Wertung.
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2. das dichterische kunstwerk pwe_053.025
a) Allgemeines pwe_053.026
Es wurde bereits ausgeführt, daß und warum in der heutigen Literaturwissenschaft, pwe_053.027
aufs Ganze gesehen, der Wille zu einer Werkpoetik, zur pwe_053.028
Stilkritik und zur Werkinterpretation zum beherrschenden pwe_053.029
Merkmal geworden ist, eine Wendung, die nach ihren positiven Vorzeichen pwe_053.030
als Neubesinnung aufs Wesentliche, auf die „Sache selbst“, und als pwe_053.031
Ausdruck eines Wertwillens gesehen werden kann. Aber auch ihre negativen pwe_053.032
Bedingungen – der Verlust eines fraglosen, überzeugten Geschichts- pwe_053.033
und Wertbewußtseins – sind wohl nicht zu übersehen: „nach dem Wesen
1 pwe_053.034
Oskar Walzel, Poesie und Nichtpoesie. Frankfurt a. M. 1937.
2 pwe_053.035
Donald Stauffer, The Nature of Poetry. New York 1946.
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Leonhard Beriger, Poesie und Prosa. DV 21 (1943) 132 ff.
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