Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_043.001 pwe_043.015 b) Die Dichtung im Kreis der Künste pwe_043.016Die spezielle Bestimmung des dichterisch Schönen gegenüber dem Schönen pwe_043.017 1 pwe_043.038 O. Sterzinger, Grundlinien der Kunstpsychologie, Graz-Wien, L. 1938, 2 Bde. 2 pwe_043.039
Jean Gebser, Ursprung und Gegenwart, Stuttgart 1950 ff. pwe_043.001 pwe_043.015 b) Die Dichtung im Kreis der Künste pwe_043.016Die spezielle Bestimmung des dichterisch Schönen gegenüber dem Schönen pwe_043.017 1 pwe_043.038 O. Sterzinger, Grundlinien der Kunstpsychologie, Graz-Wien, L. 1938, 2 Bde. 2 pwe_043.039
Jean Gebser, Ursprung und Gegenwart, Stuttgart 1950 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0049" n="43"/><lb n="pwe_043.001"/> als „lebensnotwendig“, ist es bezogen auf die personale Welt <lb n="pwe_043.002"/> des dichterischen Subjekts, aber dieses erscheint eben nur in der „Transsubstantiation“ <lb n="pwe_043.003"/> des Werks; der Diltheysche Erlebnisbegriff scheidet damit <lb n="pwe_043.004"/> auch hier aus. In seinem Charakter als Schöpfung aber, als „seinsnotwendig“, <lb n="pwe_043.005"/> ist es bezogen auf eine außerkünstlerische Welt, aber nur in der <lb n="pwe_043.006"/> „Transfiguration“ wiederum des Werks. Diese Werkpoetik basiert auf <lb n="pwe_043.007"/> „erkenntniskritischer Grundlage“ – in Anknüpfung an Kant, Phänomenologie <lb n="pwe_043.008"/> und Existenzphilosophie – d. h. auf der Besinnung darauf, was <lb n="pwe_043.009"/> es heißt, von der Philosophie her und vor aller konkreten Literaturwissenschaft <lb n="pwe_043.010"/> eine Poetik aufzubauen. Es ist wohl die Bedeutung dieses eigenwilligen <lb n="pwe_043.011"/> und schwer übersehbaren Werks, daß es den unersetzlichen Offenbarungscharakter <lb n="pwe_043.012"/> der Dichtkunst im Werk untersucht, ohne bei bloßer <lb n="pwe_043.013"/> Phänomenbeschreibung zu verharren oder zu einer L'art pour l'art-Poetik <lb n="pwe_043.014"/> zu kommen.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwe_043.015"/> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#i">b) Die Dichtung im Kreis der Künste</hi> </hi> </head> <lb n="pwe_043.016"/> <p>Die spezielle Bestimmung des dichterisch Schönen gegenüber dem Schönen <lb n="pwe_043.017"/> der Kunst überhaupt und der andern Künste führt hinein in die Probleme <lb n="pwe_043.018"/> einer <hi rendition="#g">vergleichenden</hi> Kunstwissenschaft bzw. einer „allgemeinen <lb n="pwe_043.019"/> Kunstwissenschaft“, wie sie seit Max Dessoir und E. Utitz von der Ästhetik <lb n="pwe_043.020"/> unterschieden wird. Schon die auf die Künste bezüglichen Termini der <lb n="pwe_043.021"/> alltäglichen wie der wissenschaftlichen Sprache praktizieren eine Vermischung <lb n="pwe_043.022"/> und Vergleichung der verschiedenen Sinnes- und Geistesbereiche <lb n="pwe_043.023"/> (z. B. Aufbau einer Dichtung, Farbton, Klangfarbe, dichterisches Bild) oder <lb n="pwe_043.024"/> sind zum vornherein gemeinsam (wie z. B. Rhythmus, Symbol, Stil). Ist <lb n="pwe_043.025"/> eine systematische Übertragung oder Vereinheitlichung der Begriffe und <lb n="pwe_043.026"/> Methoden möglich – nicht nur im Bereich einer Kunstpsychologie<note xml:id="PWE_043_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_043.038"/> O. Sterzinger, <hi rendition="#i">Grundlinien der Kunstpsychologie,</hi> Graz-Wien, L. 1938, 2 Bde.</note>, sondern <lb n="pwe_043.027"/> der Kunstwissenschaften selbst? Oder bleibt es bei unverbindlichen, <lb n="pwe_043.028"/> ja verwirrenden Metaphern? Vor allem die Wissenschaft von der bildenden <lb n="pwe_043.029"/> Kunst hat mit der Typologie der Stile, die <hi rendition="#k">Wölfflin</hi> in seinen kunstgeschichtlichen <lb n="pwe_043.030"/> Grundbegriffen entwickelte, auf die Literaturwissenschaft <lb n="pwe_043.031"/> eingewirkt. Aber diese „wechselseitige Erhellung der Künste“, wie sie <hi rendition="#k">Os- <lb n="pwe_043.032"/> kar Walzel</hi> und <hi rendition="#k">Fritz Strich</hi> propagierten, ist nicht recht gediehen oder <lb n="pwe_043.033"/> bleibt auf der Ebene bloßer summarischer Beziehungen stecken (wie etwa <lb n="pwe_043.034"/> bei <hi rendition="#k">J. Gebsers</hi><note xml:id="PWE_043_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_043.039"/> Jean Gebser, <hi rendition="#i">Ursprung und Gegenwart,</hi> Stuttgart 1950 ff.</note> Betrachtung nicht nur der Künste, sondern aller Ausdrucksformen <lb n="pwe_043.035"/> unter dem Begriff der Perspektive). Es ist hier eine gewisse <lb n="pwe_043.036"/> Reaktion eingetreten; man vergleiche etwa die vorsichtige Darstellung des <lb n="pwe_043.037"/> Problems bei <hi rendition="#k">Wellek</hi> und <hi rendition="#k">Warren.</hi> Es kann sich keinesfalls um ein durchgehendes </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0049]
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als „lebensnotwendig“, ist es bezogen auf die personale Welt pwe_043.002
des dichterischen Subjekts, aber dieses erscheint eben nur in der „Transsubstantiation“ pwe_043.003
des Werks; der Diltheysche Erlebnisbegriff scheidet damit pwe_043.004
auch hier aus. In seinem Charakter als Schöpfung aber, als „seinsnotwendig“, pwe_043.005
ist es bezogen auf eine außerkünstlerische Welt, aber nur in der pwe_043.006
„Transfiguration“ wiederum des Werks. Diese Werkpoetik basiert auf pwe_043.007
„erkenntniskritischer Grundlage“ – in Anknüpfung an Kant, Phänomenologie pwe_043.008
und Existenzphilosophie – d. h. auf der Besinnung darauf, was pwe_043.009
es heißt, von der Philosophie her und vor aller konkreten Literaturwissenschaft pwe_043.010
eine Poetik aufzubauen. Es ist wohl die Bedeutung dieses eigenwilligen pwe_043.011
und schwer übersehbaren Werks, daß es den unersetzlichen Offenbarungscharakter pwe_043.012
der Dichtkunst im Werk untersucht, ohne bei bloßer pwe_043.013
Phänomenbeschreibung zu verharren oder zu einer L'art pour l'art-Poetik pwe_043.014
zu kommen.
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b) Die Dichtung im Kreis der Künste pwe_043.016
Die spezielle Bestimmung des dichterisch Schönen gegenüber dem Schönen pwe_043.017
der Kunst überhaupt und der andern Künste führt hinein in die Probleme pwe_043.018
einer vergleichenden Kunstwissenschaft bzw. einer „allgemeinen pwe_043.019
Kunstwissenschaft“, wie sie seit Max Dessoir und E. Utitz von der Ästhetik pwe_043.020
unterschieden wird. Schon die auf die Künste bezüglichen Termini der pwe_043.021
alltäglichen wie der wissenschaftlichen Sprache praktizieren eine Vermischung pwe_043.022
und Vergleichung der verschiedenen Sinnes- und Geistesbereiche pwe_043.023
(z. B. Aufbau einer Dichtung, Farbton, Klangfarbe, dichterisches Bild) oder pwe_043.024
sind zum vornherein gemeinsam (wie z. B. Rhythmus, Symbol, Stil). Ist pwe_043.025
eine systematische Übertragung oder Vereinheitlichung der Begriffe und pwe_043.026
Methoden möglich – nicht nur im Bereich einer Kunstpsychologie 1, sondern pwe_043.027
der Kunstwissenschaften selbst? Oder bleibt es bei unverbindlichen, pwe_043.028
ja verwirrenden Metaphern? Vor allem die Wissenschaft von der bildenden pwe_043.029
Kunst hat mit der Typologie der Stile, die Wölfflin in seinen kunstgeschichtlichen pwe_043.030
Grundbegriffen entwickelte, auf die Literaturwissenschaft pwe_043.031
eingewirkt. Aber diese „wechselseitige Erhellung der Künste“, wie sie Os- pwe_043.032
kar Walzel und Fritz Strich propagierten, ist nicht recht gediehen oder pwe_043.033
bleibt auf der Ebene bloßer summarischer Beziehungen stecken (wie etwa pwe_043.034
bei J. Gebsers 2 Betrachtung nicht nur der Künste, sondern aller Ausdrucksformen pwe_043.035
unter dem Begriff der Perspektive). Es ist hier eine gewisse pwe_043.036
Reaktion eingetreten; man vergleiche etwa die vorsichtige Darstellung des pwe_043.037
Problems bei Wellek und Warren. Es kann sich keinesfalls um ein durchgehendes
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O. Sterzinger, Grundlinien der Kunstpsychologie, Graz-Wien, L. 1938, 2 Bde.
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