Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_118.001 Einen folgerichtigen Abschluß dazu bedeutet nun das jüngste Werk pwe_118.028 1 pwe_118.036 Walter Muschg, Das Dichterporträt in der Literaturgeschichte (in: Philosophie pwe_118.037 der Literaturwissenschaft, herausgegeben von Emil Ermatinger. Berlin 1930). 2 pwe_118.038 Walter Muschg, Gotthelf. Die Geheimnisse des Erzählers. München 1931. 3 pwe_118.039 Walter Muschg, Die Mystik in der Schweiz. Frauenfeld 1935. 4 pwe_118.040
Walter Muschg, Tragische Literaturgeschichte. Bern 1948. pwe_118.001 Einen folgerichtigen Abschluß dazu bedeutet nun das jüngste Werk pwe_118.028 1 pwe_118.036 Walter Muschg, Das Dichterporträt in der Literaturgeschichte (in: Philosophie pwe_118.037 der Literaturwissenschaft, herausgegeben von Emil Ermatinger. Berlin 1930). 2 pwe_118.038 Walter Muschg, Gotthelf. Die Geheimnisse des Erzählers. München 1931. 3 pwe_118.039 Walter Muschg, Die Mystik in der Schweiz. Frauenfeld 1935. 4 pwe_118.040
Walter Muschg, Tragische Literaturgeschichte. Bern 1948. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0124" n="118"/><lb n="pwe_118.001"/> Ursprünglichkeit, wo sich nun vielleicht auch die Probleme <lb n="pwe_118.002"/> der Persönlichkeit und des dichterischen Schaffens in größerer Tiefe <lb n="pwe_118.003"/> und Nähe betrachten lassen. In der Tat ist hier jenes durch den Hilfsbegriff <lb n="pwe_118.004"/> des Erlebnisses inszenierte Wechselspiel aufgehoben zugunsten der <lb n="pwe_118.005"/> Identität: „Gesang ist Dasein“. „Mit der Person des Dichters ist kein menschlicher <lb n="pwe_118.006"/> Sonderfall, sondern das Dasein selber in einer seiner ewigen Erscheinungsformen <lb n="pwe_118.007"/> gegeben“, hat <hi rendition="#k">Walter Muschg</hi> schon 1930 erklärt<note xml:id="PWE_118_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_118.036"/> Walter Muschg, <hi rendition="#i">Das Dichterporträt in der Literaturgeschichte</hi> (in: <hi rendition="#i">Philosophie <lb n="pwe_118.037"/> der Literaturwissenschaft,</hi> herausgegeben von Emil Ermatinger. Berlin 1930).</note> und eine <lb n="pwe_118.008"/> „symbolische Biographie“ gefordert, in der die „wahre Existenzsorge des <lb n="pwe_118.009"/> dichterischen Menschen getroffen“ werde, „jenseits aller bloß psychologischen, <lb n="pwe_118.010"/> soziologischen, philosophischen Formeln“. Das berührt sich insofern <lb n="pwe_118.011"/> mit dem Existentialismus <hi rendition="#k">Heideggers</hi> und der von ihm abhängigen Stilkritik, <lb n="pwe_118.012"/> als auch hier Dichtung als das quer zur Geschichte aus dem Ursprung <lb n="pwe_118.013"/> kommende Geschehen erscheint. Aber wenn die Stilkritik sich dem Werk <lb n="pwe_118.014"/> zuwendet, so sieht <hi rendition="#k">Muschg</hi> das Ursprunghafte mit der Tiefenpsychologie <lb n="pwe_118.015"/> konkreter in den Seelenmächten des Archaisch-Ursprünglichen, und es interessiert <lb n="pwe_118.016"/> ihn vor allem der Dichter selbst als der Träger oder besser das Medium <lb n="pwe_118.017"/> dieser Mächte. „Vergangenheit ist kein quantitativer Begriff, sondern eine <lb n="pwe_118.018"/> seelische Dimension.“ Die Dichterbiographie, die <hi rendition="#k">Muschg</hi> in diesem Sinne <lb n="pwe_118.019"/> mit seinem glänzenden Gotthelf-Buche<note xml:id="PWE_118_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_118.038"/> Walter Muschg, <hi rendition="#i">Gotthelf. Die Geheimnisse des Erzählers.</hi> München 1931.</note> gegeben hat, ist keine historischchronologische <lb n="pwe_118.020"/> Gestaltung mehr, sondern ein Stück Archäologie, ein Grabenziehen <lb n="pwe_118.021"/> und schichtenweises Vorstoßen zum untergründigen, urtümlichen, <lb n="pwe_118.022"/> dämonischen Kern der dichterischen Existenz. Wenn das Dichtertum schon <lb n="pwe_118.023"/> bei Gotthelf in seinem Zusammenhang mit Magie, Priestertum und Vision <lb n="pwe_118.024"/> erscheint, so ist der Schritt begreiflich, den <hi rendition="#k">Muschg</hi> mit seinem nächsten <lb n="pwe_118.025"/> Buch, einer Untersuchung der – wesentlich als Ekstatik gesehenen – mystischen <lb n="pwe_118.026"/> Literatur der Schweiz<note xml:id="PWE_118_3" place="foot" n="3"><lb n="pwe_118.039"/> Walter Muschg, <hi rendition="#i">Die Mystik in der Schweiz.</hi> Frauenfeld 1935.</note> unternommen hat.</p> <lb n="pwe_118.027"/> <p> Einen folgerichtigen Abschluß dazu bedeutet nun das jüngste Werk <lb n="pwe_118.028"/> <hi rendition="#k">Muschgs,</hi> in seiner dichterischen Subjektivität ein Bekenntnis mehr als eine <lb n="pwe_118.029"/> bloße Untersuchung: eine großartige zusammenfassende Phänomenologie <lb n="pwe_118.030"/> des <hi rendition="#g">Dichtertums,</hi> der dichterischen Existenz, an Hand einer erstaunlichen <lb n="pwe_118.031"/> Fülle von Beispielen aus allen Zonen und Zeiten<note xml:id="PWE_118_4" place="foot" n="4"><lb n="pwe_118.040"/> Walter Muschg, <hi rendition="#i">Tragische Literaturgeschichte.</hi> Bern 1948.</note>. Mit einer Art <lb n="pwe_118.032"/> metaphysischen Ingrimms und stark polemischer Tendenz gegen die Gegenwartsliteratur <lb n="pwe_118.033"/> werden sozusagen die „Existentiale“ des Dichtertums ergründet. <lb n="pwe_118.034"/> Unter dem Obertitel „Die Berufung“ erscheinen als die ursprunghaften, <lb n="pwe_118.035"/> mythischen Formen des Dichters der Zauberer, der Seher, der Priester, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0124]
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Ursprünglichkeit, wo sich nun vielleicht auch die Probleme pwe_118.002
der Persönlichkeit und des dichterischen Schaffens in größerer Tiefe pwe_118.003
und Nähe betrachten lassen. In der Tat ist hier jenes durch den Hilfsbegriff pwe_118.004
des Erlebnisses inszenierte Wechselspiel aufgehoben zugunsten der pwe_118.005
Identität: „Gesang ist Dasein“. „Mit der Person des Dichters ist kein menschlicher pwe_118.006
Sonderfall, sondern das Dasein selber in einer seiner ewigen Erscheinungsformen pwe_118.007
gegeben“, hat Walter Muschg schon 1930 erklärt 1 und eine pwe_118.008
„symbolische Biographie“ gefordert, in der die „wahre Existenzsorge des pwe_118.009
dichterischen Menschen getroffen“ werde, „jenseits aller bloß psychologischen, pwe_118.010
soziologischen, philosophischen Formeln“. Das berührt sich insofern pwe_118.011
mit dem Existentialismus Heideggers und der von ihm abhängigen Stilkritik, pwe_118.012
als auch hier Dichtung als das quer zur Geschichte aus dem Ursprung pwe_118.013
kommende Geschehen erscheint. Aber wenn die Stilkritik sich dem Werk pwe_118.014
zuwendet, so sieht Muschg das Ursprunghafte mit der Tiefenpsychologie pwe_118.015
konkreter in den Seelenmächten des Archaisch-Ursprünglichen, und es interessiert pwe_118.016
ihn vor allem der Dichter selbst als der Träger oder besser das Medium pwe_118.017
dieser Mächte. „Vergangenheit ist kein quantitativer Begriff, sondern eine pwe_118.018
seelische Dimension.“ Die Dichterbiographie, die Muschg in diesem Sinne pwe_118.019
mit seinem glänzenden Gotthelf-Buche 2 gegeben hat, ist keine historischchronologische pwe_118.020
Gestaltung mehr, sondern ein Stück Archäologie, ein Grabenziehen pwe_118.021
und schichtenweises Vorstoßen zum untergründigen, urtümlichen, pwe_118.022
dämonischen Kern der dichterischen Existenz. Wenn das Dichtertum schon pwe_118.023
bei Gotthelf in seinem Zusammenhang mit Magie, Priestertum und Vision pwe_118.024
erscheint, so ist der Schritt begreiflich, den Muschg mit seinem nächsten pwe_118.025
Buch, einer Untersuchung der – wesentlich als Ekstatik gesehenen – mystischen pwe_118.026
Literatur der Schweiz 3 unternommen hat.
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Einen folgerichtigen Abschluß dazu bedeutet nun das jüngste Werk pwe_118.028
Muschgs, in seiner dichterischen Subjektivität ein Bekenntnis mehr als eine pwe_118.029
bloße Untersuchung: eine großartige zusammenfassende Phänomenologie pwe_118.030
des Dichtertums, der dichterischen Existenz, an Hand einer erstaunlichen pwe_118.031
Fülle von Beispielen aus allen Zonen und Zeiten 4. Mit einer Art pwe_118.032
metaphysischen Ingrimms und stark polemischer Tendenz gegen die Gegenwartsliteratur pwe_118.033
werden sozusagen die „Existentiale“ des Dichtertums ergründet. pwe_118.034
Unter dem Obertitel „Die Berufung“ erscheinen als die ursprunghaften, pwe_118.035
mythischen Formen des Dichters der Zauberer, der Seher, der Priester,
1 pwe_118.036
Walter Muschg, Das Dichterporträt in der Literaturgeschichte (in: Philosophie pwe_118.037
der Literaturwissenschaft, herausgegeben von Emil Ermatinger. Berlin 1930).
2 pwe_118.038
Walter Muschg, Gotthelf. Die Geheimnisse des Erzählers. München 1931.
3 pwe_118.039
Walter Muschg, Die Mystik in der Schweiz. Frauenfeld 1935.
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Walter Muschg, Tragische Literaturgeschichte. Bern 1948.
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