Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903]. Schigolch. Wenn er zu mir kommt, ist er abgethan. Mein Fenster geht auf die Seine. -- Aber er kommt nicht; er kommt nicht. Lulu. Welche Nummer wohnst Du? Schigolch. Vingt cinq, Quai de la Gare. Lulu. Ich schicke ihn hin. Er kommt mit der ver- rückten Kröte, die mir um die Füße kriecht; er kommt noch heute Abend. Geh' nach Haus, damit sie es be- haglich finden. Schigolch. Laß sie nur kommen. Lulu. Morgen bring' mir seine goldenen Ringe, die er in den Ohren trägt. Schigolch. Hat er Ringe in den Ohren? -- Das habe ich noch gar nicht bemerkt. Lulu. Du kannst sie abschneiden, bevor Du ihn hinunter läßt. Er merkt es nicht, wenn er besoffen ist. Schigolch. Und dann, mein Kind? Was dann? Lulu. Dann gebe ich Dir fünfhundert Francs für Deine Geliebte. Schigolch. Das nenne ich geizig. Hast Du sonst nichts? Lulu. Was Du magst! Was ich habe! Schigolch. Bald sind es zehn Jahre, daß wir uns nicht mehr kennen. Lulu. Wenn es weiter nichts ist? -- Komm so oft Du willst! -- Aber Du hast doch eine Geliebte. Schigolch. Meine Vroni trägt keine Brillanten. Sie ist auch nicht mehr von heute. Lulu. Aber dann schwöre! Schigolch. Aber habe ich Dir je nicht Wort ge- halten? Lulu. Schwöre, daß Du es ihm besorgst! Schigolch. Ich besorge es ihm. 4*
Schigolch. Wenn er zu mir kommt, iſt er abgethan. Mein Fenſter geht auf die Seine. — Aber er kommt nicht; er kommt nicht. Lulu. Welche Nummer wohnſt Du? Schigolch. Vingt cinq, Quai de la Gare. Lulu. Ich ſchicke ihn hin. Er kommt mit der ver- rückten Kröte, die mir um die Füße kriecht; er kommt noch heute Abend. Geh’ nach Haus, damit ſie es be- haglich finden. Schigolch. Laß ſie nur kommen. Lulu. Morgen bring’ mir ſeine goldenen Ringe, die er in den Ohren trägt. Schigolch. Hat er Ringe in den Ohren? — Das habe ich noch gar nicht bemerkt. Lulu. Du kannſt ſie abſchneiden, bevor Du ihn hinunter läßt. Er merkt es nicht, wenn er beſoffen iſt. Schigolch. Und dann, mein Kind? Was dann? Lulu. Dann gebe ich Dir fünfhundert Francs für Deine Geliebte. Schigolch. Das nenne ich geizig. Haſt Du ſonſt nichts? Lulu. Was Du magſt! Was ich habe! Schigolch. Bald ſind es zehn Jahre, daß wir uns nicht mehr kennen. Lulu. Wenn es weiter nichts iſt? — Komm ſo oft Du willſt! — Aber Du haſt doch eine Geliebte. Schigolch. Meine Vroni trägt keine Brillanten. Sie iſt auch nicht mehr von heute. Lulu. Aber dann ſchwöre! Schigolch. Aber habe ich Dir je nicht Wort ge- halten? Lulu. Schwöre, daß Du es ihm beſorgſt! Schigolch. Ich beſorge es ihm. 4*
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Schigolch. Wenn er zu mir kommt, iſt er abgethan.
Mein Fenſter geht auf die Seine. — Aber er kommt
nicht; er kommt nicht.
Lulu. Welche Nummer wohnſt Du?
Schigolch. Vingt cinq, Quai de la Gare.
Lulu. Ich ſchicke ihn hin. Er kommt mit der ver-
rückten Kröte, die mir um die Füße kriecht; er kommt
noch heute Abend. Geh’ nach Haus, damit ſie es be-
haglich finden.
Schigolch. Laß ſie nur kommen.
Lulu. Morgen bring’ mir ſeine goldenen Ringe,
die er in den Ohren trägt.
Schigolch. Hat er Ringe in den Ohren? — Das
habe ich noch gar nicht bemerkt.
Lulu. Du kannſt ſie abſchneiden, bevor Du ihn
hinunter läßt. Er merkt es nicht, wenn er beſoffen iſt.
Schigolch. Und dann, mein Kind? Was dann?
Lulu. Dann gebe ich Dir fünfhundert Francs für
Deine Geliebte.
Schigolch. Das nenne ich geizig. Haſt Du ſonſt
nichts?
Lulu. Was Du magſt! Was ich habe!
Schigolch. Bald ſind es zehn Jahre, daß wir uns
nicht mehr kennen.
Lulu. Wenn es weiter nichts iſt? — Komm ſo oft
Du willſt! — Aber Du haſt doch eine Geliebte.
Schigolch. Meine Vroni trägt keine Brillanten.
Sie iſt auch nicht mehr von heute.
Lulu. Aber dann ſchwöre!
Schigolch. Aber habe ich Dir je nicht Wort ge-
halten?
Lulu. Schwöre, daß Du es ihm beſorgſt!
Schigolch. Ich beſorge es ihm.
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