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Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903].

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Alwa. Wovon wollen Sie denn leben?
Hugenberg. Ich wohne bei einer Prostituierten,
die ein Kind von meinem Vater hat.
Alwa. Wer ist Ihr Vater?
Hugenberg. Er ist Polizeidirektor. Ich kenne
das Gefängnis, ohne daß ich jemals drin war; und mich
wird, so wie ich jetzt bin, kein Aufseher erkennen. Aber
darauf rechne ich gar nicht. Ich weiß eine eiserne Leiter,
von der man vom ersten Hof aus aufs Dach und durch
eine Dachluke unter den Dachboden gelangt. Vom
Innern aus führt kein Weg dorthin. Aber in allen
fünf Flügeln liegen Bretter und Latten unter den
Dächern und große Haufen Späne. Ich trage die
Bretter und Latten und Späne an fünf Enden zusammen
und zünde sie an. Ich habe alle Taschen voll Zünd-
material, wie es zum Feuermachen gebraucht wird.
Alwa. Dann verbrennen Sie doch!
Hugenberg. Natürlich, wenn ich nicht gerettet
werde. Aber um in den ersten Hof zu kommen, muß ich
den Schließer in meiner Gewalt haben und dazu brauche
ich Geld. Nicht daß ich ihn bestechen will; das würde
nicht gelingen. Ich muß ihm das Geld vorher leihen,
damit er seine drei Kinder in die Sommerfrische schicken
kann. Dann drücke ich mich morgens um vier, wenn die
Sträflinge aus geachteten Familien entlassen werden, zur
Thür hinein. Er schließt hinter mir ab. Er fragt mich,
was ich vorhabe; ich bitte ihn, mich am Abend wieder
hinauszulassen. Und eh' es hell wird, bin ich unter dem
Dachboden.
Alwa. Wie sind Sie aus der Besserungsanstalt
entkommen?
Hugenberg. Ich bin zum Fenster hinaus-
gesprungen. Ich brauche zweihundert Mark, damit
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Alwa. Wovon wollen Sie denn leben?
Hugenberg. Ich wohne bei einer Proſtituierten,
die ein Kind von meinem Vater hat.
Alwa. Wer iſt Ihr Vater?
Hugenberg. Er iſt Polizeidirektor. Ich kenne
das Gefängnis, ohne daß ich jemals drin war; und mich
wird, ſo wie ich jetzt bin, kein Aufſeher erkennen. Aber
darauf rechne ich gar nicht. Ich weiß eine eiſerne Leiter,
von der man vom erſten Hof aus aufs Dach und durch
eine Dachluke unter den Dachboden gelangt. Vom
Innern aus führt kein Weg dorthin. Aber in allen
fünf Flügeln liegen Bretter und Latten unter den
Dächern und große Haufen Späne. Ich trage die
Bretter und Latten und Späne an fünf Enden zuſammen
und zünde ſie an. Ich habe alle Taſchen voll Zünd-
material, wie es zum Feuermachen gebraucht wird.
Alwa. Dann verbrennen Sie doch!
Hugenberg. Natürlich, wenn ich nicht gerettet
werde. Aber um in den erſten Hof zu kommen, muß ich
den Schließer in meiner Gewalt haben und dazu brauche
ich Geld. Nicht daß ich ihn beſtechen will; das würde
nicht gelingen. Ich muß ihm das Geld vorher leihen,
damit er ſeine drei Kinder in die Sommerfriſche ſchicken
kann. Dann drücke ich mich morgens um vier, wenn die
Sträflinge aus geachteten Familien entlaſſen werden, zur
Thür hinein. Er ſchließt hinter mir ab. Er fragt mich,
was ich vorhabe; ich bitte ihn, mich am Abend wieder
hinauszulaſſen. Und eh’ es hell wird, bin ich unter dem
Dachboden.
Alwa. Wie ſind Sie aus der Beſſerungsanſtalt
entkommen?
Hugenberg. Ich bin zum Fenſter hinaus-
geſprungen. Ich brauche zweihundert Mark, damit
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[17/0025] Alwa. Wovon wollen Sie denn leben? Hugenberg. Ich wohne bei einer Proſtituierten, die ein Kind von meinem Vater hat. Alwa. Wer iſt Ihr Vater? Hugenberg. Er iſt Polizeidirektor. Ich kenne das Gefängnis, ohne daß ich jemals drin war; und mich wird, ſo wie ich jetzt bin, kein Aufſeher erkennen. Aber darauf rechne ich gar nicht. Ich weiß eine eiſerne Leiter, von der man vom erſten Hof aus aufs Dach und durch eine Dachluke unter den Dachboden gelangt. Vom Innern aus führt kein Weg dorthin. Aber in allen fünf Flügeln liegen Bretter und Latten unter den Dächern und große Haufen Späne. Ich trage die Bretter und Latten und Späne an fünf Enden zuſammen und zünde ſie an. Ich habe alle Taſchen voll Zünd- material, wie es zum Feuermachen gebraucht wird. Alwa. Dann verbrennen Sie doch! Hugenberg. Natürlich, wenn ich nicht gerettet werde. Aber um in den erſten Hof zu kommen, muß ich den Schließer in meiner Gewalt haben und dazu brauche ich Geld. Nicht daß ich ihn beſtechen will; das würde nicht gelingen. Ich muß ihm das Geld vorher leihen, damit er ſeine drei Kinder in die Sommerfriſche ſchicken kann. Dann drücke ich mich morgens um vier, wenn die Sträflinge aus geachteten Familien entlaſſen werden, zur Thür hinein. Er ſchließt hinter mir ab. Er fragt mich, was ich vorhabe; ich bitte ihn, mich am Abend wieder hinauszulaſſen. Und eh’ es hell wird, bin ich unter dem Dachboden. Alwa. Wie ſind Sie aus der Beſſerungsanſtalt entkommen? Hugenberg. Ich bin zum Fenſter hinaus- geſprungen. Ich brauche zweihundert Mark, damit 2

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Zitationshilfe: Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903], S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_pandora_1902/25>, abgerufen am 24.11.2024.