Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.[Spaltenumbruch] die Urheberschaft für sich in Anspruch, oder verlangt, dass Stellen als Beläge dafür, dass er vor ihm gebraucht worden sei, beigebracht würden, was bisjetzt, obgleich inzwischen vier Jahre verflossen und Büchmann's Geflügelte Worte bereits bis zur 9. Auflage vorgeschritten sind, noch nicht geschehen ist. Der Nachweis darf also unangezweifelt als geführt gelten, dass der seitdem, am 11. Sept. 1875 zu Neisse verstorbene Dichter Hermann Neumann der wirkliche Urheber des Worts ist. *76 Er gehört zu dem Volke, das mit den Pfaffen säuft und beim Teufel beichtet. Holl.: Hij is van het volkje, dat met den paap mooi weer speelt, en bij den duivel te biecht gaat. (Harrebomee, II, 402b.) *77 He givt sinem Volk Welge un Wedage. (Holst.) - Schütze, IV, 333. Volk bezeichnet in dieser Mundart Dienstboten. Sinn: Er gibt seinem Gesinde schlechtes Essen. *78 Solch Volk, solch Wetter. Scherzend, wenn eine Gesellschaft auf einem Spaziergange von einem Regenwetter überrascht wird. *79 Unter das Volk kommen. In jenen Jahren, sagte eine alte Landfrau in der Niederlausitz, kam ein Mann unters Volk, d. h. er wurde Soldat. *80 Völker (Leute) und Zungen. Eine biblische Redensart, welche sich im Propheten Daniel wiederholt findet, so im Kapitel 3, 4; 7, 29; 5, 19; 6, 25; 7, 14. In der Offenbarung Johannis (5, 9; 7, 9; 10, 11; 11, 9; 14, 6; 17, 15) kommt diese Redensart etwas abweichend in verschiedener Fassung vor: "Zungen und Volk, Heiden, Völker und Sprache u. s. w." Volksbildung. Volksbildung gefällt den Mönchen wie den Eulen das Tageslicht. - Klosterspiegel, 27, 15. Volkserzieher. Der Volkserzieher ohne Zucht, der Freiheitsjäger auf der Flucht, der schnelle Reiter ohne Gaul, das ungestrafte Lügenmaul, der ungestrafte Ehrendieb, der Lästerer ohn' Peitschenhieb, der todte Krebs, der vorwärts geht, das ist fürwahr Celebrität. W. Thadden-Trieglaff in seinem Antrage vom 25. April 1847 gegen die Anonymität der Presse. (Vgl. Woeniger, Preussens erster Reichstag, Berlin 1847, X, 173.) Volksfäulniss. Volksfäulniss fängt von oben an. Die Fische fangen vom Kopfe an zu stinken. Die Chinesen: Ein ganzes Volk wird durch das Beispiel eines gottlosen Königs verderbt. (Hlawatsch, 202.) Volksfreundschaft. Volksfreundschaft ist Nutzenschaft. Alle Völkerbündnisse sind nur auf gegenseitigen Nutzen gegründet. Lat.: Turpe quidem dictu, sed si modo vera fatemur vulgus amicitias utilitate probat. (Ovid.) Volksglaube. Volksglaube - Volksschraube. Mittels des Volksglaubens kann man, wenn man sich auf ihn stützt, grosse Dinge ausführen, daher ist er auch stets, selbst wenn er Irrthum oder Aberglaube war, von den Regierungen gepflegt worden. So banden die Spartaner die Bildsäule des Mars mit einer eisernen Kette an, um den Siegesgott zu nöthigen, bei ihnen zu bleiben, und stählten dadurch ihren Heldenmuth. Die Athener stutzten der Siegesgöttin die Flügel, damit sie nicht davonfliegen könne. Die Kreter behaupteten, dass Jupiter in ihrem Lande geboren und zeigten nebst seinem Tempel auch sein Grabmal. Keine Macht sollte es wagen, diese Denkmäler zu entheiligen, ohne das ganze Volk in Harnisch zu bringen. Die Trojer hielten sich für unüberwindlich, so lange sie das Palladium in ihren Mauern hatten. Könige und Priester bestärkten das Volk in diesem Glauben. Die Griechen hielten es für nothwendig, diesen kostbaren Schatz erst stehlen zu lassen, bevor sie es wagten, Troja zu erobern, denn mit demselben verschwand der Geist des Volks. Rom, da es das Palladium in dem Tempel der Vesta aufstellte, war stolz darauf, und die Decrete des Senats bestätigten die Orakel der Sibyllen über diesen Volksglauben. (Vgl. Kornmann, III, 31.) Volksgunst. 1 Volksgunst - blauer Dunst. 2 Volksgunst ist der grob gemünzte Ruhm. 3 Volksgunst ist eitel Dunst. Dän.: Almue gunst har skildt mange paa livet. (Prov. dan., 26.) 4 Volksgunst - Morgendunst; nach wenig Stunden sind beide verschwunden. - Braunschw. Kalender. 5 Volksgunst und Glück haben ihre Tück'. Lat.: Fallitur aut fallit, qui vulgi pendet ab ore. (Frob. 257; Philippi, I, 150.) [Spaltenumbruch] 6 Wer auf Volksgunst traut, hat auf Sand gebaut. Dän.: Ondt at bygge paa almuens gunst. (Prov. dan., 26.) Volksken. * Dat is mi en Volksken. - Eichwald, 1991. Volksliebe. Volksliebe ist besser als Kriegsheer. Die Russen: Keine Garde sicherer als Volksliebe. (Altmann VI, 401.) Volksrecht. Jedermann ist Volksrechts würdig, der Arme wie der Reiche. - Graf, 41, 117. Die Grösse des Grundbesitzes macht keinen Unterschied im Wesen der Freiheit, wenn natürlich auch der um so selbständiger ist, der ein grosses Gut besitzt. Ging der Landesherr auch an der Spitze des Adels, so verlor doch der Arme als letzter Genosse dadurch nichts an seiner Standesehre. Angels.: Aelc man sy folcrights wyrdhe, ge earm ge eadig. (Schmid, 100, 2.) Volkssitte. Gute Volkssitte ist das beste Volksrecht. Böhm.: Kde dobry v lidu mrav, tam take setrnost prav. (Celakovsky, 340.) Volksstimme. 1 Volksstimme, Gottes Stimme. - Simrock, 11023; Eiselein, 622; Reche, 11; Körte, 6340; Körte2, 7958; Günther, 91; Braun, I, 4822; Parömiakon, 2159; Lohrengel, I, 686; Venedey, 167; Dove, 327 u. 972. Nach Büchmann (8. Aufl., S. 146) beruht das Sprichwort auf Homer's Odysee, 3, 214 u. 215, wo im Hinblick auf den Uebermuth der Freier der Penelope Nestor dem Telemach zuruft: "Sag', ob willig du dich demüthigest, oder ob das Volk dich etwa hasst in dem Lande, befolgend die Stimme des Gottes?" Böhm.: Hlas naroda, hlas bozi. (Celakovsky, 338.) Engl.: That is true which all men say. (Gaal, 1632.) Frz.: La voix du peuple est la voix de Dieu. (Leroux, I, 16; Lendroy, 1568; Masson, 362.) Holl.: Des volks stem is Gods stem. (Harrebomee, II, 402b.) It.: Non si dice mai tanto una chosa che non sia qualche cosa. (Masson, 362.) - Voce di popolo voce di Dio. (Pazzaglia, 296, 1.) Lat.: Vox populi, vox Dei. (Gaal, 1632; Binder II, 3598; Lehmann, 300.) Poln.: Glos ludzki, glos bozy. - Glos ludzki zgadza sie s wola boza. (Celakovsky, 339.) - Za glos Boski uzna a co wszyscy ludzie gadaja. (Lompa, 35.) Schwed.: Folkets röst är Guds röst. (Marin, 12.) 2 Volksstimme soll man nicht verachten. Es verträgt sich dies indess sehr wohl mit dem Wahlspruch des Pythagoras: "Wandle nicht auf der Strasse des Volkes!" (Kornmann, III, 42.) Lat.: Judicium populi nunquam contemseris unus ne nulli placeas, dum vis contemnere multos. (Cato.) (Philippi, I, 216.) Voll. 1 Abends voll, morgens noll. - Lehmann, 757, 9. 2 All tag voll vnd vbersatt, alle wochen zweymal im badt, macht endlich ein böss hoffstatt. - Zinkgref, IV, 416. 3 Allzeit voll macht das Haus leer. - Parömiakon, 3111. 4 Allzeit voll vnd selten wahn, das leert den Seckel vnd füllt den Mann. - Petri, II, 9; Henisch, 1286, 64. 5 Besser voll, als nimmer zu völlen. - Schräppels, 18. 6 Besser voll, denn hohl. Holl.: Beter vol dan hol. (Harrebomee, II, 402a.) 7 Bist du voll, so leg' dich nieder, nach dem Schlafen saufe wieder; so vertreibt eine Sau die ander, spricht der König Alexander. - Luther's Tischr.; Blum, 389 u. 437. 8 Bistu abends voll vnd toll, so sauff dich morgens wider voll. - Lehmann, 758, 41. "Vertreibe den gestrigen Rausch mit dem heutigen." 9 Heute voll, morgen toll. - Petri, III, 2. 10 Hüt vol, morn hol. - Sutermeister, 125. 11 Je voller, je toller. - Petri, II, 396; Körte, 3150; Simrock, 11026; Sprichwörtergarten, 305. 12 Man ist nie so voll, dass man nicht noch einen Bissen nehmen könnte. Dän.: Man er ikke saa rund, at man ei seer efter en faare-ost. (Prov. dan., 482.) 13 Nicht voll und satt, das macht dich matt; doch auch nicht hungrig, das macht dich lungrig. - Simrock, 11038.
[Spaltenumbruch] die Urheberschaft für sich in Anspruch, oder verlangt, dass Stellen als Beläge dafür, dass er vor ihm gebraucht worden sei, beigebracht würden, was bisjetzt, obgleich inzwischen vier Jahre verflossen und Büchmann's Geflügelte Worte bereits bis zur 9. Auflage vorgeschritten sind, noch nicht geschehen ist. Der Nachweis darf also unangezweifelt als geführt gelten, dass der seitdem, am 11. Sept. 1875 zu Neisse verstorbene Dichter Hermann Neumann der wirkliche Urheber des Worts ist. *76 Er gehört zu dem Volke, das mit den Pfaffen säuft und beim Teufel beichtet. Holl.: Hij is van het volkje, dat met den paap mooi weêr speelt, en bij den duivel te biecht gaat. (Harrebomée, II, 402b.) *77 He givt sinem Volk Welge un Wêdage. (Holst.) – Schütze, IV, 333. Volk bezeichnet in dieser Mundart Dienstboten. Sinn: Er gibt seinem Gesinde schlechtes Essen. *78 Solch Volk, solch Wetter. Scherzend, wenn eine Gesellschaft auf einem Spaziergange von einem Regenwetter überrascht wird. *79 Unter das Volk kommen. In jenen Jahren, sagte eine alte Landfrau in der Niederlausitz, kam ein Mann unters Volk, d. h. er wurde Soldat. *80 Völker (Leute) und Zungen. Eine biblische Redensart, welche sich im Propheten Daniel wiederholt findet, so im Kapitel 3, 4; 7, 29; 5, 19; 6, 25; 7, 14. In der Offenbarung Johannis (5, 9; 7, 9; 10, 11; 11, 9; 14, 6; 17, 15) kommt diese Redensart etwas abweichend in verschiedener Fassung vor: „Zungen und Volk, Heiden, Völker und Sprache u. s. w.“ Volksbildung. Volksbildung gefällt den Mönchen wie den Eulen das Tageslicht. – Klosterspiegel, 27, 15. Volkserzieher. Der Volkserzieher ohne Zucht, der Freiheitsjäger auf der Flucht, der schnelle Reiter ohne Gaul, das ungestrafte Lügenmaul, der ungestrafte Ehrendieb, der Lästerer ohn' Peitschenhieb, der todte Krebs, der vorwärts geht, das ist fürwahr Celebrität. W. Thadden-Trieglaff in seinem Antrage vom 25. April 1847 gegen die Anonymität der Presse. (Vgl. Woeniger, Preussens erster Reichstag, Berlin 1847, X, 173.) Volksfäulniss. Volksfäulniss fängt von oben an. Die Fische fangen vom Kopfe an zu stinken. Die Chinesen: Ein ganzes Volk wird durch das Beispiel eines gottlosen Königs verderbt. (Hlawatsch, 202.) Volksfreundschaft. Volksfreundschaft ist Nutzenschaft. Alle Völkerbündnisse sind nur auf gegenseitigen Nutzen gegründet. Lat.: Turpe quidem dictu, sed si modo vera fatemur vulgus amicitias utilitate probat. (Ovid.) Volksglaube. Volksglaube – Volksschraube. Mittels des Volksglaubens kann man, wenn man sich auf ihn stützt, grosse Dinge ausführen, daher ist er auch stets, selbst wenn er Irrthum oder Aberglaube war, von den Regierungen gepflegt worden. So banden die Spartaner die Bildsäule des Mars mit einer eisernen Kette an, um den Siegesgott zu nöthigen, bei ihnen zu bleiben, und stählten dadurch ihren Heldenmuth. 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(Prov. dan., 26.) 4 Volksgunst – Morgendunst; nach wenig Stunden sind beide verschwunden. – Braunschw. Kalender. 5 Volksgunst und Glück haben ihre Tück'. Lat.: Fallitur aut fallit, qui vulgi pendet ab ore. (Frob. 257; Philippi, I, 150.) [Spaltenumbruch] 6 Wer auf Volksgunst traut, hat auf Sand gebaut. Dän.: Ondt at bygge paa almuens gunst. (Prov. dan., 26.) Volksken. * Dat is mi en Volksken. – Eichwald, 1991. Volksliebe. Volksliebe ist besser als Kriegsheer. Die Russen: Keine Garde sicherer als Volksliebe. (Altmann VI, 401.) Volksrecht. Jedermann ist Volksrechts würdig, der Arme wie der Reiche. – Graf, 41, 117. Die Grösse des Grundbesitzes macht keinen Unterschied im Wesen der Freiheit, wenn natürlich auch der um so selbständiger ist, der ein grosses Gut besitzt. Ging der Landesherr auch an der Spitze des Adels, so verlor doch der Arme als letzter Genosse dadurch nichts an seiner Standesehre. Angels.: Aelc man sy folcrights wyrdhe, ge earm ge eadig. (Schmid, 100, 2.) Volkssitte. 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Voll. 1 Abends voll, morgens noll. – Lehmann, 757, 9. 2 All tag voll vnd vbersatt, alle wochen zweymal im badt, macht endlich ein böss hoffstatt. – Zinkgref, IV, 416. 3 Allzeit voll macht das Haus leer. – Parömiakon, 3111. 4 Allzeit voll vnd selten wahn, das leert den Seckel vnd füllt den Mann. – Petri, II, 9; Henisch, 1286, 64. 5 Besser voll, als nimmer zu völlen. – Schräppels, 18. 6 Besser voll, denn hohl. Holl.: Beter vol dan hol. 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die Urheberschaft für sich in Anspruch, oder verlangt, dass Stellen als Beläge dafür, dass er vor ihm gebraucht worden sei, beigebracht würden, was bisjetzt, obgleich inzwischen vier Jahre verflossen und Büchmann's Geflügelte Worte bereits bis zur 9. Auflage vorgeschritten sind, noch nicht geschehen ist. Der Nachweis darf also unangezweifelt als geführt gelten, dass der seitdem, am 11. Sept. 1875 zu Neisse verstorbene Dichter Hermann Neumann der wirkliche Urheber des Worts ist.
*76 Er gehört zu dem Volke, das mit den Pfaffen säuft und beim Teufel beichtet.
Holl.: Hij is van het volkje, dat met den paap mooi weêr speelt, en bij den duivel te biecht gaat. (Harrebomée, II, 402b.)
*77 He givt sinem Volk Welge un Wêdage. (Holst.) – Schütze, IV, 333.
Volk bezeichnet in dieser Mundart Dienstboten. Sinn: Er gibt seinem Gesinde schlechtes Essen.
*78 Solch Volk, solch Wetter.
Scherzend, wenn eine Gesellschaft auf einem Spaziergange von einem Regenwetter überrascht wird.
*79 Unter das Volk kommen.
In jenen Jahren, sagte eine alte Landfrau in der Niederlausitz, kam ein Mann unters Volk, d. h. er wurde Soldat.
*80 Völker (Leute) und Zungen.
Eine biblische Redensart, welche sich im Propheten Daniel wiederholt findet, so im Kapitel 3, 4; 7, 29; 5, 19; 6, 25; 7, 14. In der Offenbarung Johannis (5, 9; 7, 9; 10, 11; 11, 9; 14, 6; 17, 15) kommt diese Redensart etwas abweichend in verschiedener Fassung vor: „Zungen und Volk, Heiden, Völker und Sprache u. s. w.“
Volksbildung.
Volksbildung gefällt den Mönchen wie den Eulen das Tageslicht. – Klosterspiegel, 27, 15.
Volkserzieher.
Der Volkserzieher ohne Zucht, der Freiheitsjäger auf der Flucht, der schnelle Reiter ohne Gaul, das ungestrafte Lügenmaul, der ungestrafte Ehrendieb, der Lästerer ohn' Peitschenhieb, der todte Krebs, der vorwärts geht, das ist fürwahr Celebrität.
W. Thadden-Trieglaff in seinem Antrage vom 25. April 1847 gegen die Anonymität der Presse. (Vgl. Woeniger, Preussens erster Reichstag, Berlin 1847, X, 173.)
Volksfäulniss.
Volksfäulniss fängt von oben an.
Die Fische fangen vom Kopfe an zu stinken. Die Chinesen: Ein ganzes Volk wird durch das Beispiel eines gottlosen Königs verderbt. (Hlawatsch, 202.)
Volksfreundschaft.
Volksfreundschaft ist Nutzenschaft.
Alle Völkerbündnisse sind nur auf gegenseitigen Nutzen gegründet.
Lat.: Turpe quidem dictu, sed si modo vera fatemur vulgus amicitias utilitate probat. (Ovid.)
Volksglaube.
Volksglaube – Volksschraube.
Mittels des Volksglaubens kann man, wenn man sich auf ihn stützt, grosse Dinge ausführen, daher ist er auch stets, selbst wenn er Irrthum oder Aberglaube war, von den Regierungen gepflegt worden. So banden die Spartaner die Bildsäule des Mars mit einer eisernen Kette an, um den Siegesgott zu nöthigen, bei ihnen zu bleiben, und stählten dadurch ihren Heldenmuth. Die Athener stutzten der Siegesgöttin die Flügel, damit sie nicht davonfliegen könne. Die Kreter behaupteten, dass Jupiter in ihrem Lande geboren und zeigten nebst seinem Tempel auch sein Grabmal. Keine Macht sollte es wagen, diese Denkmäler zu entheiligen, ohne das ganze Volk in Harnisch zu bringen. Die Trojer hielten sich für unüberwindlich, so lange sie das Palladium in ihren Mauern hatten. Könige und Priester bestärkten das Volk in diesem Glauben. Die Griechen hielten es für nothwendig, diesen kostbaren Schatz erst stehlen zu lassen, bevor sie es wagten, Troja zu erobern, denn mit demselben verschwand der Geist des Volks. Rom, da es das Palladium in dem Tempel der Vesta aufstellte, war stolz darauf, und die Decrete des Senats bestätigten die Orakel der Sibyllen über diesen Volksglauben. (Vgl. Kornmann, III, 31.)
Volksgunst.
1 Volksgunst – blauer Dunst.
2 Volksgunst ist der grob gemünzte Ruhm.
3 Volksgunst ist eitel Dunst.
Dän.: Almue gunst har skildt mange paa livet. (Prov. dan., 26.)
4 Volksgunst – Morgendunst; nach wenig Stunden sind beide verschwunden. – Braunschw. Kalender.
5 Volksgunst und Glück haben ihre Tück'.
Lat.: Fallitur aut fallit, qui vulgi pendet ab ore. (Frob. 257; Philippi, I, 150.)
6 Wer auf Volksgunst traut, hat auf Sand gebaut.
Dän.: Ondt at bygge paa almuens gunst. (Prov. dan., 26.)
Volksken.
* Dat is mi en Volksken. – Eichwald, 1991.
Volksliebe.
Volksliebe ist besser als Kriegsheer.
Die Russen: Keine Garde sicherer als Volksliebe. (Altmann VI, 401.)
Volksrecht.
Jedermann ist Volksrechts würdig, der Arme wie der Reiche. – Graf, 41, 117.
Die Grösse des Grundbesitzes macht keinen Unterschied im Wesen der Freiheit, wenn natürlich auch der um so selbständiger ist, der ein grosses Gut besitzt. Ging der Landesherr auch an der Spitze des Adels, so verlor doch der Arme als letzter Genosse dadurch nichts an seiner Standesehre.
Angels.: Aelc man sy folcrights wyrdhe, ge earm ge eadig. (Schmid, 100, 2.)
Volkssitte.
Gute Volkssitte ist das beste Volksrecht.
Böhm.: Kde dobrý v lidu mrav, tam také šetrnost práv. (Čelakovsky, 340.)
Volksstimme.
1 Volksstimme, Gottes Stimme. – Simrock, 11023; Eiselein, 622; Reche, 11; Körte, 6340; Körte2, 7958; Günther, 91; Braun, I, 4822; Parömiakon, 2159; Lohrengel, I, 686; Venedey, 167; Dove, 327 u. 972.
Nach Büchmann (8. Aufl., S. 146) beruht das Sprichwort auf Homer's Odysee, 3, 214 u. 215, wo im Hinblick auf den Uebermuth der Freier der Penelope Nestor dem Telemach zuruft: „Sag', ob willig du dich demüthigest, oder ob das Volk dich etwa hasst in dem Lande, befolgend die Stimme des Gottes?“
Böhm.: Hlas národa, hlas bozí. (Čelakovsky, 338.)
Engl.: That is true which all men say. (Gaal, 1632.)
Frz.: La voix du peuple est la voix de Dieu. (Leroux, I, 16; Lendroy, 1568; Masson, 362.)
Holl.: Des volks stem is Gods stem. (Harrebomée, II, 402b.)
It.: Non si dice mai tanto una chosa che non sia qualche cosa. (Masson, 362.) – Voce di popolo voce di Dio. (Pazzaglia, 296, 1.)
Lat.: Vox populi, vox Dei. (Gaal, 1632; Binder II, 3598; Lehmann, 300.)
Poln.: Głos ludzki, głos boźy. – Głos ludzki zgadza się s wolą bożą. (Čelakovsky, 339.) – Za głos Boski uzna ą co wszýscy ludzie gadaja. (Lompa, 35.)
Schwed.: Folkets röst är Guds röst. (Marin, 12.)
2 Volksstimme soll man nicht verachten.
Es verträgt sich dies indess sehr wohl mit dem Wahlspruch des Pythagoras: „Wandle nicht auf der Strasse des Volkes!“ (Kornmann, III, 42.)
Lat.: Judicium populi nunquam contemseris unus ne nulli placeas, dum vis contemnere multos. (Cato.) (Philippi, I, 216.)
Voll.
1 Abends voll, morgens noll. – Lehmann, 757, 9.
2 All tag voll vnd vbersatt, alle wochen zweymal im badt, macht endlich ein böss hoffstatt. – Zinkgref, IV, 416.
3 Allzeit voll macht das Haus leer. – Parömiakon, 3111.
4 Allzeit voll vnd selten wahn, das leert den Seckel vnd füllt den Mann. – Petri, II, 9; Henisch, 1286, 64.
5 Besser voll, als nimmer zu völlen. – Schräppels, 18.
6 Besser voll, denn hohl.
Holl.: Beter vol dan hol. (Harrebomée, II, 402a.)
7 Bist du voll, so leg' dich nieder, nach dem Schlafen saufe wieder; so vertreibt eine Sau die ander, spricht der König Alexander. – Luther's Tischr.; Blum, 389 u. 437.
8 Bistu abends voll vnd toll, so sauff dich morgens wider voll. – Lehmann, 758, 41.
„Vertreibe den gestrigen Rausch mit dem heutigen.“
9 Heute voll, morgen toll. – Petri, III, 2.
10 Hüt vol, morn hol. – Sutermeister, 125.
11 Je voller, je toller. – Petri, II, 396; Körte, 3150; Simrock, 11026; Sprichwörtergarten, 305.
12 Man ist nie so voll, dass man nicht noch einen Bissen nehmen könnte.
Dän.: Man er ikke saa rund, at man ei seer efter en faare-ost. (Prov. dan., 482.)
13 Nicht voll und satt, das macht dich matt; doch auch nicht hungrig, das macht dich lungrig. – Simrock, 11038.
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