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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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gewesen sei und seine zwei Mann Gefangene unter
den Armen, den Gemeinen voraus, wie dem Anfüh-
rer gebührt, fiegreich das Dorf verlassen habe.

Wie es öfter zu geschehn pflegt, so waren auch
Schlupflochs Verdienste nach Endigung des Kriegs
nicht weiter belohnt worden, sondern er hatte in al-
len Ehren seinen Abschied bekommen, auch war alle
Mühe, die er sich gab, einen ruhigen Bissen Brod
zu bekommen, umsonst. Er mußte sich dem Schick-
sal überlassen, welches ihn in der weiten Welt her-
umtrieb und viel gethan zu haben glaubte, daß es
ihm einige Zeit durch Zehrpfennige ernährt hatte,
da seine eigene Baarschaft dieß nicht mehr vermoch-
te. Als er endlich gar seinen Weg durch Krippen-
reiterei weiter fortstolperte, prahlte Fortuna ganz
unbändig damit, daß sie einen Menschen, der ur-
sprünglich nicht mehr und nicht weniger war, als
ein verdorbener Barbier-Gesell, in die Ehrenvolle
Bahn eines müßigen Ritters erhoben hatte. Aber
die Dame hatte ganz unrecht, sich diesen Ruhm zu-
zueignen, denn Herr Hieronimus Schlupfloch war
es selbst, der sich durch seine Talente dahinschwang:
er besaß von der Kunst seiner ehemaligen Profeßions-
verwandten nichts, als die Beredtsamkeit und die
ungezwungene Art zu prahlen, welches aber in sei-
nem Fall eben das Beste war. Da ihn nun seine
Feldzüge und das Officierspatent dazu Stoff und
Befugniß reichte, so schnitt er überall, wo man ihn
nur einigermaßen hören wollte, ganz desperat auf.
Wer in der Welt fände nicht irgendwo seine Anhän-
ger, Freunde, Beschützer oder Bewunderer? Auch
Hiero-
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geweſen ſei und ſeine zwei Mann Gefangene unter
den Armen, den Gemeinen voraus, wie dem Anfuͤh-
rer gebuͤhrt, fiegreich das Dorf verlaſſen habe.

Wie es oͤfter zu geſchehn pflegt, ſo waren auch
Schlupflochs Verdienſte nach Endigung des Kriegs
nicht weiter belohnt worden, ſondern er hatte in al-
len Ehren ſeinen Abſchied bekommen, auch war alle
Muͤhe, die er ſich gab, einen ruhigen Biſſen Brod
zu bekommen, umſonſt. Er mußte ſich dem Schick-
ſal uͤberlaſſen, welches ihn in der weiten Welt her-
umtrieb und viel gethan zu haben glaubte, daß es
ihm einige Zeit durch Zehrpfennige ernaͤhrt hatte,
da ſeine eigene Baarſchaft dieß nicht mehr vermoch-
te. Als er endlich gar ſeinen Weg durch Krippen-
reiterei weiter fortſtolperte, prahlte Fortuna ganz
unbaͤndig damit, daß ſie einen Menſchen, der ur-
ſpruͤnglich nicht mehr und nicht weniger war, als
ein verdorbener Barbier-Geſell, in die Ehrenvolle
Bahn eines muͤßigen Ritters erhoben hatte. Aber
die Dame hatte ganz unrecht, ſich dieſen Ruhm zu-
zueignen, denn Herr Hieronimus Schlupfloch war
es ſelbſt, der ſich durch ſeine Talente dahinſchwang:
er beſaß von der Kunſt ſeiner ehemaligen Profeßions-
verwandten nichts, als die Beredtſamkeit und die
ungezwungene Art zu prahlen, welches aber in ſei-
nem Fall eben das Beſte war. Da ihn nun ſeine
Feldzuͤge und das Officierspatent dazu Stoff und
Befugniß reichte, ſo ſchnitt er uͤberall, wo man ihn
nur einigermaßen hoͤren wollte, ganz deſperat auf.
Wer in der Welt faͤnde nicht irgendwo ſeine Anhaͤn-
ger, Freunde, Beſchuͤtzer oder Bewunderer? Auch
Hiero-
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[439/0443] geweſen ſei und ſeine zwei Mann Gefangene unter den Armen, den Gemeinen voraus, wie dem Anfuͤh- rer gebuͤhrt, fiegreich das Dorf verlaſſen habe. Wie es oͤfter zu geſchehn pflegt, ſo waren auch Schlupflochs Verdienſte nach Endigung des Kriegs nicht weiter belohnt worden, ſondern er hatte in al- len Ehren ſeinen Abſchied bekommen, auch war alle Muͤhe, die er ſich gab, einen ruhigen Biſſen Brod zu bekommen, umſonſt. Er mußte ſich dem Schick- ſal uͤberlaſſen, welches ihn in der weiten Welt her- umtrieb und viel gethan zu haben glaubte, daß es ihm einige Zeit durch Zehrpfennige ernaͤhrt hatte, da ſeine eigene Baarſchaft dieß nicht mehr vermoch- te. Als er endlich gar ſeinen Weg durch Krippen- reiterei weiter fortſtolperte, prahlte Fortuna ganz unbaͤndig damit, daß ſie einen Menſchen, der ur- ſpruͤnglich nicht mehr und nicht weniger war, als ein verdorbener Barbier-Geſell, in die Ehrenvolle Bahn eines muͤßigen Ritters erhoben hatte. Aber die Dame hatte ganz unrecht, ſich dieſen Ruhm zu- zueignen, denn Herr Hieronimus Schlupfloch war es ſelbſt, der ſich durch ſeine Talente dahinſchwang: er beſaß von der Kunſt ſeiner ehemaligen Profeßions- verwandten nichts, als die Beredtſamkeit und die ungezwungene Art zu prahlen, welches aber in ſei- nem Fall eben das Beſte war. Da ihn nun ſeine Feldzuͤge und das Officierspatent dazu Stoff und Befugniß reichte, ſo ſchnitt er uͤberall, wo man ihn nur einigermaßen hoͤren wollte, ganz deſperat auf. Wer in der Welt faͤnde nicht irgendwo ſeine Anhaͤn- ger, Freunde, Beſchuͤtzer oder Bewunderer? Auch Hiero- E e 4

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/443>, abgerufen am 24.11.2024.