Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
noch Arrestant war, bald guten Wein, bald leckere
Gerichte. Dieß alles hatte zu einer nicht kleinen
Rechnung Anlaß gegeben, ich war ihr nach dersel-
ben beinahe 1000 Thlr. schuldig, da sie mir aber
zum Zeitvertreib, zur Beförderung meiner geheimen
Freuden diente, so widersprach ich ihr nicht, sagte
vielmehr meiner Mutter im vollen Ernst "ich könn-
te nicht zugeben, daß eine Person, die sich meiner
zur Zeit der Trübsal angenommen, unbezahlt fort-
geschickt und ihr sogar die Thür gewiesen würde.

Die Mutter schlug über diese neue Anforderung
an ihre Kasse die Hände über dem Kopf zusammen
und rief die Rache des Himmels über mich herab,
ich nahm dieses übel und schrie noch ärger über ih-
ren Geitz und ihre Ungerechtigkeit; Rike secundirte
mich, und meiner Mutter Beistand trat ebenfalls
mit erhabener Stimme auf ihre Seite.

Der Leser wird wissen wollen von wem hier die
Rede ist, und ich habe sogleich die Ehre Bescheid zu
geben.

Herr Hieronimus Schlupfloch war weiland
Lieutenant bei einem Freibataillon gewesen, und
hatte sich im siebenjährigen Kriege was rechts her-
vorgethan. Stets thätiger Soldat war er bei kei-
ner Gelegenheit der letzte, ließ es nicht den Gemei-
nen über, sich allein in Gefahren zu begeben, sondern
theilte dieselben allenthalben mit ihnen. Glaubwür-
dige Personen wollen gesehen oder von andern glaub-
würdigen Leuten gehört haben, daß er einst bei ei-
nem Ueberfall, den die Compagnie, bei welcher er stand,
auf die Gänse eines Dorfs wagte, einer der ersten
ge-
noch Arreſtant war, bald guten Wein, bald leckere
Gerichte. Dieß alles hatte zu einer nicht kleinen
Rechnung Anlaß gegeben, ich war ihr nach derſel-
ben beinahe 1000 Thlr. ſchuldig, da ſie mir aber
zum Zeitvertreib, zur Befoͤrderung meiner geheimen
Freuden diente, ſo widerſprach ich ihr nicht, ſagte
vielmehr meiner Mutter im vollen Ernſt „ich koͤnn-
te nicht zugeben, daß eine Perſon, die ſich meiner
zur Zeit der Truͤbſal angenommen, unbezahlt fort-
geſchickt und ihr ſogar die Thuͤr gewieſen wuͤrde.

Die Mutter ſchlug uͤber dieſe neue Anforderung
an ihre Kaſſe die Haͤnde uͤber dem Kopf zuſammen
und rief die Rache des Himmels uͤber mich herab,
ich nahm dieſes uͤbel und ſchrie noch aͤrger uͤber ih-
ren Geitz und ihre Ungerechtigkeit; Rike ſecundirte
mich, und meiner Mutter Beiſtand trat ebenfalls
mit erhabener Stimme auf ihre Seite.

Der Leſer wird wiſſen wollen von wem hier die
Rede iſt, und ich habe ſogleich die Ehre Beſcheid zu
geben.

Herr Hieronimus Schlupfloch war weiland
Lieutenant bei einem Freibataillon geweſen, und
hatte ſich im ſiebenjaͤhrigen Kriege was rechts her-
vorgethan. Stets thaͤtiger Soldat war er bei kei-
ner Gelegenheit der letzte, ließ es nicht den Gemei-
nen uͤber, ſich allein in Gefahren zu begeben, ſondern
theilte dieſelben allenthalben mit ihnen. Glaubwuͤr-
dige Perſonen wollen geſehen oder von andern glaub-
wuͤrdigen Leuten gehoͤrt haben, daß er einſt bei ei-
nem Ueberfall, den die Compagnie, bei welcher er ſtand,
auf die Gaͤnſe eines Dorfs wagte, einer der erſten
ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#JCH">
          <p><pb facs="#f0442" n="438"/>
noch Arre&#x017F;tant war, bald guten Wein, bald leckere<lb/>
Gerichte. Dieß alles hatte zu einer nicht kleinen<lb/>
Rechnung Anlaß gegeben, ich war ihr nach der&#x017F;el-<lb/>
ben beinahe 1000 Thlr. &#x017F;chuldig, da &#x017F;ie mir aber<lb/>
zum Zeitvertreib, zur Befo&#x0364;rderung meiner geheimen<lb/>
Freuden diente, &#x017F;o wider&#x017F;prach ich ihr nicht, &#x017F;agte<lb/>
vielmehr meiner Mutter im vollen Ern&#x017F;t &#x201E;ich ko&#x0364;nn-<lb/>
te nicht zugeben, daß eine Per&#x017F;on, die &#x017F;ich meiner<lb/>
zur Zeit der Tru&#x0364;b&#x017F;al angenommen, unbezahlt fort-<lb/>
ge&#x017F;chickt und ihr &#x017F;ogar die Thu&#x0364;r gewie&#x017F;en wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <p>Die Mutter &#x017F;chlug u&#x0364;ber die&#x017F;e neue Anforderung<lb/>
an ihre Ka&#x017F;&#x017F;e die Ha&#x0364;nde u&#x0364;ber dem Kopf zu&#x017F;ammen<lb/>
und rief die Rache des Himmels u&#x0364;ber mich herab,<lb/>
ich nahm die&#x017F;es u&#x0364;bel und &#x017F;chrie noch a&#x0364;rger u&#x0364;ber ih-<lb/>
ren Geitz und ihre Ungerechtigkeit; Rike &#x017F;ecundirte<lb/>
mich, und meiner Mutter Bei&#x017F;tand trat ebenfalls<lb/>
mit erhabener Stimme auf ihre Seite.</p><lb/>
          <p>Der Le&#x017F;er wird wi&#x017F;&#x017F;en wollen von wem hier die<lb/>
Rede i&#x017F;t, und ich habe &#x017F;ogleich die Ehre Be&#x017F;cheid zu<lb/>
geben.</p><lb/>
          <p>Herr Hieronimus Schlupfloch war weiland<lb/>
Lieutenant bei einem Freibataillon gewe&#x017F;en, und<lb/>
hatte &#x017F;ich im &#x017F;iebenja&#x0364;hrigen Kriege was rechts her-<lb/>
vorgethan. Stets tha&#x0364;tiger Soldat war er bei kei-<lb/>
ner Gelegenheit der letzte, ließ es nicht den Gemei-<lb/>
nen u&#x0364;ber, &#x017F;ich allein in Gefahren zu begeben, &#x017F;ondern<lb/>
theilte die&#x017F;elben allenthalben mit ihnen. Glaubwu&#x0364;r-<lb/>
dige Per&#x017F;onen wollen ge&#x017F;ehen oder von andern glaub-<lb/>
wu&#x0364;rdigen Leuten geho&#x0364;rt haben, daß er ein&#x017F;t bei ei-<lb/>
nem Ueberfall, den die Compagnie, bei welcher er &#x017F;tand,<lb/>
auf die Ga&#x0364;n&#x017F;e eines Dorfs wagte, einer der er&#x017F;ten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[438/0442] noch Arreſtant war, bald guten Wein, bald leckere Gerichte. Dieß alles hatte zu einer nicht kleinen Rechnung Anlaß gegeben, ich war ihr nach derſel- ben beinahe 1000 Thlr. ſchuldig, da ſie mir aber zum Zeitvertreib, zur Befoͤrderung meiner geheimen Freuden diente, ſo widerſprach ich ihr nicht, ſagte vielmehr meiner Mutter im vollen Ernſt „ich koͤnn- te nicht zugeben, daß eine Perſon, die ſich meiner zur Zeit der Truͤbſal angenommen, unbezahlt fort- geſchickt und ihr ſogar die Thuͤr gewieſen wuͤrde. Die Mutter ſchlug uͤber dieſe neue Anforderung an ihre Kaſſe die Haͤnde uͤber dem Kopf zuſammen und rief die Rache des Himmels uͤber mich herab, ich nahm dieſes uͤbel und ſchrie noch aͤrger uͤber ih- ren Geitz und ihre Ungerechtigkeit; Rike ſecundirte mich, und meiner Mutter Beiſtand trat ebenfalls mit erhabener Stimme auf ihre Seite. Der Leſer wird wiſſen wollen von wem hier die Rede iſt, und ich habe ſogleich die Ehre Beſcheid zu geben. Herr Hieronimus Schlupfloch war weiland Lieutenant bei einem Freibataillon geweſen, und hatte ſich im ſiebenjaͤhrigen Kriege was rechts her- vorgethan. Stets thaͤtiger Soldat war er bei kei- ner Gelegenheit der letzte, ließ es nicht den Gemei- nen uͤber, ſich allein in Gefahren zu begeben, ſondern theilte dieſelben allenthalben mit ihnen. Glaubwuͤr- dige Perſonen wollen geſehen oder von andern glaub- wuͤrdigen Leuten gehoͤrt haben, daß er einſt bei ei- nem Ueberfall, den die Compagnie, bei welcher er ſtand, auf die Gaͤnſe eines Dorfs wagte, einer der erſten ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/442
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/442>, abgerufen am 24.11.2024.