Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
verschiedenes bestellt hatte kam er mit Fluchen und
Schelten und Betheuren, daß er mich ganz anders
kurz kriegen wollte, zurück. Einer von seinen Leu-
ten kam wenig Zeit nachher und sagte, Schmelzdorf
bei * heißt das Gut der Mutter, die Mamsel bit-
tet aber sie nach ... zurückzuschicken. Nun begriff
ich, daß mein Vater zu Madelon geschickt und sich
diese Nachrichten hatte einholen lassen. Ei, sagte
er, was schierts mich, meinetwegen mag sie hin
wo sie will, ich schreibe der Mutter und nun setz-
te er sich hin, der Brief war bald fertig, gesiegelt
und abgeschickt. Jch war aufgestanden und wollte,
als ich mich angekleidet hatte, hinaus. Wohin?
sagte mein Vater -- Nun um ein Bedürfniß --
er ging mit und daß ichs kurz mache, nach einer
Stunde saßen wir auf dem Wagen, ohne daß ich
nur hätte fragen dürfen, was die gute Madelon
machte. Unterwegens erhielt ich von meinem Jo-
hann so viel Trost, daß sie schon aufgewesen wäre,
als wir abreisten, woraus ich doch schloß, daß sie
sich etwas erholt haben müßte. Doch desto mehr
erschrak ich, als er mir sagte, mein Vater hätte
Ordre gegeben, sie nicht weg zu lassen, bis ihre
Mutter sie abholte; daß er ihren Unterhalt und
das Zimmer auf 14 Tage vorausbezahlt hatte, konn-
te mich hierüber nicht trösten.

Sie haben mir gesagt, daß Jhre Mutter Ma-
delon nicht leiden könnte und jetzt wird diese Un-
schuldige noch dazu unter der größten Verleumdung
in ihre Hände geliefert, warlich das Mädchen jam-
mert mich unendlich!

Hier-
C c 5
verſchiedenes beſtellt hatte kam er mit Fluchen und
Schelten und Betheuren, daß er mich ganz anders
kurz kriegen wollte, zuruͤck. Einer von ſeinen Leu-
ten kam wenig Zeit nachher und ſagte, Schmelzdorf
bei * heißt das Gut der Mutter, die Mamſel bit-
tet aber ſie nach ... zuruͤckzuſchicken. Nun begriff
ich, daß mein Vater zu Madelon geſchickt und ſich
dieſe Nachrichten hatte einholen laſſen. Ei, ſagte
er, was ſchierts mich, meinetwegen mag ſie hin
wo ſie will, ich ſchreibe der Mutter und nun ſetz-
te er ſich hin, der Brief war bald fertig, geſiegelt
und abgeſchickt. Jch war aufgeſtanden und wollte,
als ich mich angekleidet hatte, hinaus. Wohin?
ſagte mein Vater — Nun um ein Beduͤrfniß —
er ging mit und daß ichs kurz mache, nach einer
Stunde ſaßen wir auf dem Wagen, ohne daß ich
nur haͤtte fragen duͤrfen, was die gute Madelon
machte. Unterwegens erhielt ich von meinem Jo-
hann ſo viel Troſt, daß ſie ſchon aufgeweſen waͤre,
als wir abreiſten, woraus ich doch ſchloß, daß ſie
ſich etwas erholt haben muͤßte. Doch deſto mehr
erſchrak ich, als er mir ſagte, mein Vater haͤtte
Ordre gegeben, ſie nicht weg zu laſſen, bis ihre
Mutter ſie abholte; daß er ihren Unterhalt und
das Zimmer auf 14 Tage vorausbezahlt hatte, konn-
te mich hieruͤber nicht troͤſten.

Sie haben mir geſagt, daß Jhre Mutter Ma-
delon nicht leiden koͤnnte und jetzt wird dieſe Un-
ſchuldige noch dazu unter der groͤßten Verleumdung
in ihre Haͤnde geliefert, warlich das Maͤdchen jam-
mert mich unendlich!

Hier-
C c 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#STA">
          <p><pb facs="#f0413" n="409"/>
ver&#x017F;chiedenes be&#x017F;tellt hatte kam er mit Fluchen und<lb/>
Schelten und Betheuren, daß er mich ganz anders<lb/>
kurz kriegen wollte, zuru&#x0364;ck. Einer von &#x017F;einen Leu-<lb/>
ten kam wenig Zeit nachher und &#x017F;agte, Schmelzdorf<lb/>
bei * heißt das Gut der Mutter, die Mam&#x017F;el bit-<lb/>
tet aber &#x017F;ie nach ... zuru&#x0364;ckzu&#x017F;chicken. Nun begriff<lb/>
ich, daß mein Vater zu Madelon ge&#x017F;chickt und &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;e Nachrichten hatte einholen la&#x017F;&#x017F;en. Ei, &#x017F;agte<lb/>
er, was &#x017F;chierts mich, meinetwegen mag &#x017F;ie hin<lb/>
wo &#x017F;ie will, ich &#x017F;chreibe der Mutter und nun &#x017F;etz-<lb/>
te er &#x017F;ich hin, der Brief war bald fertig, ge&#x017F;iegelt<lb/>
und abge&#x017F;chickt. Jch war aufge&#x017F;tanden und wollte,<lb/>
als ich mich angekleidet hatte, hinaus. Wohin?<lb/>
&#x017F;agte mein Vater &#x2014; Nun um ein Bedu&#x0364;rfniß &#x2014;<lb/>
er ging mit und daß ichs kurz mache, nach einer<lb/>
Stunde &#x017F;aßen wir auf dem Wagen, ohne daß ich<lb/>
nur ha&#x0364;tte fragen du&#x0364;rfen, was die gute Madelon<lb/>
machte. Unterwegens erhielt ich von meinem Jo-<lb/>
hann &#x017F;o viel Tro&#x017F;t, daß &#x017F;ie &#x017F;chon aufgewe&#x017F;en wa&#x0364;re,<lb/>
als wir abrei&#x017F;ten, woraus ich doch &#x017F;chloß, daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich etwas erholt haben mu&#x0364;ßte. Doch de&#x017F;to mehr<lb/>
er&#x017F;chrak ich, als er mir &#x017F;agte, mein Vater ha&#x0364;tte<lb/>
Ordre gegeben, &#x017F;ie nicht weg zu la&#x017F;&#x017F;en, bis ihre<lb/>
Mutter &#x017F;ie abholte; daß er ihren Unterhalt und<lb/>
das Zimmer auf 14 Tage vorausbezahlt hatte, konn-<lb/>
te mich hieru&#x0364;ber nicht tro&#x0364;&#x017F;ten.</p><lb/>
          <p>Sie haben mir ge&#x017F;agt, daß Jhre Mutter Ma-<lb/>
delon nicht leiden ko&#x0364;nnte und jetzt wird die&#x017F;e Un-<lb/>
&#x017F;chuldige noch dazu unter der gro&#x0364;ßten Verleumdung<lb/>
in ihre Ha&#x0364;nde geliefert, warlich das Ma&#x0364;dchen jam-<lb/>
mert mich unendlich!</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">C c 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Hier-</fw><lb/>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0413] verſchiedenes beſtellt hatte kam er mit Fluchen und Schelten und Betheuren, daß er mich ganz anders kurz kriegen wollte, zuruͤck. Einer von ſeinen Leu- ten kam wenig Zeit nachher und ſagte, Schmelzdorf bei * heißt das Gut der Mutter, die Mamſel bit- tet aber ſie nach ... zuruͤckzuſchicken. Nun begriff ich, daß mein Vater zu Madelon geſchickt und ſich dieſe Nachrichten hatte einholen laſſen. Ei, ſagte er, was ſchierts mich, meinetwegen mag ſie hin wo ſie will, ich ſchreibe der Mutter und nun ſetz- te er ſich hin, der Brief war bald fertig, geſiegelt und abgeſchickt. Jch war aufgeſtanden und wollte, als ich mich angekleidet hatte, hinaus. Wohin? ſagte mein Vater — Nun um ein Beduͤrfniß — er ging mit und daß ichs kurz mache, nach einer Stunde ſaßen wir auf dem Wagen, ohne daß ich nur haͤtte fragen duͤrfen, was die gute Madelon machte. Unterwegens erhielt ich von meinem Jo- hann ſo viel Troſt, daß ſie ſchon aufgeweſen waͤre, als wir abreiſten, woraus ich doch ſchloß, daß ſie ſich etwas erholt haben muͤßte. Doch deſto mehr erſchrak ich, als er mir ſagte, mein Vater haͤtte Ordre gegeben, ſie nicht weg zu laſſen, bis ihre Mutter ſie abholte; daß er ihren Unterhalt und das Zimmer auf 14 Tage vorausbezahlt hatte, konn- te mich hieruͤber nicht troͤſten. Sie haben mir geſagt, daß Jhre Mutter Ma- delon nicht leiden koͤnnte und jetzt wird dieſe Un- ſchuldige noch dazu unter der groͤßten Verleumdung in ihre Haͤnde geliefert, warlich das Maͤdchen jam- mert mich unendlich! Hier- C c 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/413
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/413>, abgerufen am 26.06.2024.