Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

nen Eltern dergleichen Streiche gemacht hat; da
Sie ihn aber so lobten, schwieg ich, denn diese
Aehnlichkeit machte Nehmern nicht absolut ver-
dächtig, und wer will gern einen Unschuldigen in
übeln Verdacht bringen? Knapp konnte dagegen
nichts einwenden, meinte aber, ich hätte es ihm
doch sagen sollen, da ich einmal angefangen hätte
zu sprechen, und indem er nachdachte, kam ihm
dieses Stillschweigen wie eine Art Antheil vor,
den ich an seinem Unglück hätte. Nun ward
er böse auf mich, machte mir ein finsteres Gesicht,
und gestand mir ohne weitern Rückhalt, daß er
es sei, der gewisse wichtige Zahlungen von mir zu
erwarten hätte, indem ihm die Mäkler es abge-
schwindelt hätten; ich möchte also ja nach der zu-
letzt gesetzten Zeit Wort halten, sonst wäre er ge-
nöthigt, auf das strengste zu verfahren. Jch will
Jhnen, versetzte ich, zeigen; daß ich allenfalls eher,
als ichs versprochen hatte, Rath weiß, noch heute
geht die Post, ich werde mit meiner Mutter schrei-
ben, das sie lieber etwas aufnehmen soll, um Jh-
nen zu beweisen, wie unrecht Sie haben, mir
so zu drohen. Dieses sagte ich in einem empfind-
lichen Ton, rückte zugleich meinen Stuhl und
wollte kurz Abschied nehmen, der Professor aber
reichte mir die Hand, bat mich, ihm seinen et-

was

nen Eltern dergleichen Streiche gemacht hat; da
Sie ihn aber ſo lobten, ſchwieg ich, denn dieſe
Aehnlichkeit machte Nehmern nicht abſolut ver-
daͤchtig, und wer will gern einen Unſchuldigen in
uͤbeln Verdacht bringen? Knapp konnte dagegen
nichts einwenden, meinte aber, ich haͤtte es ihm
doch ſagen ſollen, da ich einmal angefangen haͤtte
zu ſprechen, und indem er nachdachte, kam ihm
dieſes Stillſchweigen wie eine Art Antheil vor,
den ich an ſeinem Ungluͤck haͤtte. Nun ward
er boͤſe auf mich, machte mir ein finſteres Geſicht,
und geſtand mir ohne weitern Ruͤckhalt, daß er
es ſei, der gewiſſe wichtige Zahlungen von mir zu
erwarten haͤtte, indem ihm die Maͤkler es abge-
ſchwindelt haͤtten; ich moͤchte alſo ja nach der zu-
letzt geſetzten Zeit Wort halten, ſonſt waͤre er ge-
noͤthigt, auf das ſtrengſte zu verfahren. Jch will
Jhnen, verſetzte ich, zeigen; daß ich allenfalls eher,
als ichs verſprochen hatte, Rath weiß, noch heute
geht die Poſt, ich werde mit meiner Mutter ſchrei-
ben, das ſie lieber etwas aufnehmen ſoll, um Jh-
nen zu beweiſen, wie unrecht Sie haben, mir
ſo zu drohen. Dieſes ſagte ich in einem empfind-
lichen Ton, ruͤckte zugleich meinen Stuhl und
wollte kurz Abſchied nehmen, der Profeſſor aber
reichte mir die Hand, bat mich, ihm ſeinen et-

was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0350" n="346"/>
nen Eltern dergleichen Streiche gemacht hat; da<lb/>
Sie ihn aber &#x017F;o lobten, &#x017F;chwieg ich, denn die&#x017F;e<lb/>
Aehnlichkeit machte Nehmern nicht ab&#x017F;olut ver-<lb/>
da&#x0364;chtig, und wer will gern einen Un&#x017F;chuldigen in<lb/>
u&#x0364;beln Verdacht bringen? Knapp konnte dagegen<lb/>
nichts einwenden, meinte aber, ich ha&#x0364;tte es ihm<lb/>
doch &#x017F;agen &#x017F;ollen, da ich einmal angefangen ha&#x0364;tte<lb/>
zu &#x017F;prechen, und indem er nachdachte, kam ihm<lb/>
die&#x017F;es Still&#x017F;chweigen wie eine Art Antheil vor,<lb/>
den ich an &#x017F;einem Unglu&#x0364;ck ha&#x0364;tte. Nun ward<lb/>
er bo&#x0364;&#x017F;e auf mich, machte mir ein fin&#x017F;teres Ge&#x017F;icht,<lb/>
und ge&#x017F;tand mir ohne weitern Ru&#x0364;ckhalt, daß er<lb/>
es &#x017F;ei, der gewi&#x017F;&#x017F;e wichtige Zahlungen von mir zu<lb/>
erwarten ha&#x0364;tte, indem ihm die Ma&#x0364;kler es abge-<lb/>
&#x017F;chwindelt ha&#x0364;tten; ich mo&#x0364;chte al&#x017F;o ja nach der zu-<lb/>
letzt ge&#x017F;etzten Zeit Wort halten, &#x017F;on&#x017F;t wa&#x0364;re er ge-<lb/>
no&#x0364;thigt, auf das &#x017F;treng&#x017F;te zu verfahren. Jch will<lb/>
Jhnen, ver&#x017F;etzte ich, zeigen; daß ich allenfalls eher,<lb/>
als ichs ver&#x017F;prochen hatte, Rath weiß, noch heute<lb/>
geht die Po&#x017F;t, ich werde mit meiner Mutter &#x017F;chrei-<lb/>
ben, das &#x017F;ie lieber etwas aufnehmen &#x017F;oll, um Jh-<lb/>
nen zu bewei&#x017F;en, wie unrecht Sie haben, mir<lb/>
&#x017F;o zu drohen. Die&#x017F;es &#x017F;agte ich in einem empfind-<lb/>
lichen Ton, ru&#x0364;ckte zugleich meinen Stuhl und<lb/>
wollte kurz Ab&#x017F;chied nehmen, der Profe&#x017F;&#x017F;or aber<lb/>
reichte mir die Hand, bat mich, ihm &#x017F;einen et-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">was</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[346/0350] nen Eltern dergleichen Streiche gemacht hat; da Sie ihn aber ſo lobten, ſchwieg ich, denn dieſe Aehnlichkeit machte Nehmern nicht abſolut ver- daͤchtig, und wer will gern einen Unſchuldigen in uͤbeln Verdacht bringen? Knapp konnte dagegen nichts einwenden, meinte aber, ich haͤtte es ihm doch ſagen ſollen, da ich einmal angefangen haͤtte zu ſprechen, und indem er nachdachte, kam ihm dieſes Stillſchweigen wie eine Art Antheil vor, den ich an ſeinem Ungluͤck haͤtte. Nun ward er boͤſe auf mich, machte mir ein finſteres Geſicht, und geſtand mir ohne weitern Ruͤckhalt, daß er es ſei, der gewiſſe wichtige Zahlungen von mir zu erwarten haͤtte, indem ihm die Maͤkler es abge- ſchwindelt haͤtten; ich moͤchte alſo ja nach der zu- letzt geſetzten Zeit Wort halten, ſonſt waͤre er ge- noͤthigt, auf das ſtrengſte zu verfahren. Jch will Jhnen, verſetzte ich, zeigen; daß ich allenfalls eher, als ichs verſprochen hatte, Rath weiß, noch heute geht die Poſt, ich werde mit meiner Mutter ſchrei- ben, das ſie lieber etwas aufnehmen ſoll, um Jh- nen zu beweiſen, wie unrecht Sie haben, mir ſo zu drohen. Dieſes ſagte ich in einem empfind- lichen Ton, ruͤckte zugleich meinen Stuhl und wollte kurz Abſchied nehmen, der Profeſſor aber reichte mir die Hand, bat mich, ihm ſeinen et- was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/350
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/350>, abgerufen am 22.11.2024.