auf dem besten Fuß. Der ehrliche Alte dachte nicht daran, mir durch seine Verbindung mit meiner Mutter Abbruch zu thun, vielmehr begann er schon jetzt, mich in seine Sorgfalt zu nehmen, und hatte allerhand Vorschläge, um einen braven, ehrlichen Kerl aus mir zu machen, der, weil ihm doch ein hübsches Vermögen bevorstünde, alsdann doppelt glücklich und geschätzt sein würde. Da ich mich zusammennahm, um ihm zu gefallen, so ahndete er nichts von mir, was ihm mißfallen hätte; meine Lebhaftigkeit gefiel ihm vielmehr, ja er selbst mun- terte mich zum Springen und zu kleinen Possen auf, weil er keinen Knaben leiden könnte, der eine Schlafmütze wäre. Dies war meiner Mutter ein neuer Grund, sich zu ihrer Wahl Glück zu wün- schen, der alte Herr gewann zwar nicht aufrichtige Zuneigung bei ihr, doch das Zeugniß, daß er ein guter Mann sei, der ihr in allen Stücken räson- nable schien.
Wir saßen den letzten Abend vor dem veran- stalteten Verlobungsfest beim Abendessen, und wa- ren, wenn ich mich recht erinnere, schon bei But- ter und Käse, als eine blasende Extrapost in den Hof gefahren kam Ein Gemisch von froher und trauriger Ahndung durchbebte das Brautpaar, aber keines hatte dies noch durch Worte ausgedrückt,
als
auf dem beſten Fuß. Der ehrliche Alte dachte nicht daran, mir durch ſeine Verbindung mit meiner Mutter Abbruch zu thun, vielmehr begann er ſchon jetzt, mich in ſeine Sorgfalt zu nehmen, und hatte allerhand Vorſchlaͤge, um einen braven, ehrlichen Kerl aus mir zu machen, der, weil ihm doch ein huͤbſches Vermoͤgen bevorſtuͤnde, alsdann doppelt gluͤcklich und geſchaͤtzt ſein wuͤrde. Da ich mich zuſammennahm, um ihm zu gefallen, ſo ahndete er nichts von mir, was ihm mißfallen haͤtte; meine Lebhaftigkeit gefiel ihm vielmehr, ja er ſelbſt mun- terte mich zum Springen und zu kleinen Poſſen auf, weil er keinen Knaben leiden koͤnnte, der eine Schlafmuͤtze waͤre. Dies war meiner Mutter ein neuer Grund, ſich zu ihrer Wahl Gluͤck zu wuͤn- ſchen, der alte Herr gewann zwar nicht aufrichtige Zuneigung bei ihr, doch das Zeugniß, daß er ein guter Mann ſei, der ihr in allen Stuͤcken raͤſon- nable ſchien.
Wir ſaßen den letzten Abend vor dem veran- ſtalteten Verlobungsfeſt beim Abendeſſen, und wa- ren, wenn ich mich recht erinnere, ſchon bei But- ter und Kaͤſe, als eine blaſende Extrapoſt in den Hof gefahren kam Ein Gemiſch von froher und trauriger Ahndung durchbebte das Brautpaar, aber keines hatte dies noch durch Worte ausgedruͤckt,
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auf dem beſten Fuß. Der ehrliche Alte dachte nicht
daran, mir durch ſeine Verbindung mit meiner
Mutter Abbruch zu thun, vielmehr begann er ſchon
jetzt, mich in ſeine Sorgfalt zu nehmen, und hatte
allerhand Vorſchlaͤge, um einen braven, ehrlichen
Kerl aus mir zu machen, der, weil ihm doch ein
huͤbſches Vermoͤgen bevorſtuͤnde, alsdann doppelt
gluͤcklich und geſchaͤtzt ſein wuͤrde. Da ich mich
zuſammennahm, um ihm zu gefallen, ſo ahndete
er nichts von mir, was ihm mißfallen haͤtte; meine
Lebhaftigkeit gefiel ihm vielmehr, ja er ſelbſt mun-
terte mich zum Springen und zu kleinen Poſſen
auf, weil er keinen Knaben leiden koͤnnte, der eine
Schlafmuͤtze waͤre. Dies war meiner Mutter ein
neuer Grund, ſich zu ihrer Wahl Gluͤck zu wuͤn-
ſchen, der alte Herr gewann zwar nicht aufrichtige
Zuneigung bei ihr, doch das Zeugniß, daß er ein
guter Mann ſei, der ihr in allen Stuͤcken raͤſon-
nable ſchien.
Wir ſaßen den letzten Abend vor dem veran-
ſtalteten Verlobungsfeſt beim Abendeſſen, und wa-
ren, wenn ich mich recht erinnere, ſchon bei But-
ter und Kaͤſe, als eine blaſende Extrapoſt in den
Hof gefahren kam Ein Gemiſch von froher und
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/221>, abgerufen am 16.02.2025.
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