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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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Um ihres redlichen Vaters und der Bitten
ihrer Großmutter willen habe ich sie also aus die-
sem traurigen Zustand gerettet, und als sie in mein
Haus kam, fanden wir den Gesundheits- und Ge-
müthszustand des armen Kindes ganz mitleidens-
würdig. Lenchen ist stillen und sanften Wesens,
wie ihr Vater, dem sie ungemein ähnlich ist; aber
das barbarische Verfahren ihrer Mutter mit ihr hat
sie schüchtern und schwermüthig gemacht. Der in-
nere Gram hatte Einfluß auf ihre Gesundheit, die
auch ohnedies durch die schlechte Unterhaltung ge-
litten hat, auch suchte sie vermuthlich, durch was
es nur geschehen konnte und wie schädlich es sein
mochte, ihren Hunger zu stillen.

Glauben Sie nicht, daß ihre Tochter dies
alles selbst verrathen hat, gut wie ihr Vater, und
von der Natur mit einem zarten Gefühl versehen,
wollte sie nichts davon Wort haben, und erröthete
allemal, wenn jemand ihr Leiden in dem mütter-
lichen Hause schilderte. Hiervon ist aber die ganze
Stadt unterrichtet, nicht nur die Mitbewohner
ihres Hauses und die Dienstboten derselben, son-
dern ihre eigenen Leute, deren durch die öftere Ab-
wechselung eine ziemliche Anzahl wurden, haben
überall davon gesprochen.

Da

Um ihres redlichen Vaters und der Bitten
ihrer Großmutter willen habe ich ſie alſo aus die-
ſem traurigen Zuſtand gerettet, und als ſie in mein
Haus kam, fanden wir den Geſundheits- und Ge-
muͤthszuſtand des armen Kindes ganz mitleidens-
wuͤrdig. Lenchen iſt ſtillen und ſanften Weſens,
wie ihr Vater, dem ſie ungemein aͤhnlich iſt; aber
das barbariſche Verfahren ihrer Mutter mit ihr hat
ſie ſchuͤchtern und ſchwermuͤthig gemacht. Der in-
nere Gram hatte Einfluß auf ihre Geſundheit, die
auch ohnedies durch die ſchlechte Unterhaltung ge-
litten hat, auch ſuchte ſie vermuthlich, durch was
es nur geſchehen konnte und wie ſchaͤdlich es ſein
mochte, ihren Hunger zu ſtillen.

Glauben Sie nicht, daß ihre Tochter dies
alles ſelbſt verrathen hat, gut wie ihr Vater, und
von der Natur mit einem zarten Gefuͤhl verſehen,
wollte ſie nichts davon Wort haben, und erroͤthete
allemal, wenn jemand ihr Leiden in dem muͤtter-
lichen Hauſe ſchilderte. Hiervon iſt aber die ganze
Stadt unterrichtet, nicht nur die Mitbewohner
ihres Hauſes und die Dienſtboten derſelben, ſon-
dern ihre eigenen Leute, deren durch die oͤftere Ab-
wechſelung eine ziemliche Anzahl wurden, haben
uͤberall davon geſprochen.

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[132/0136] Um ihres redlichen Vaters und der Bitten ihrer Großmutter willen habe ich ſie alſo aus die- ſem traurigen Zuſtand gerettet, und als ſie in mein Haus kam, fanden wir den Geſundheits- und Ge- muͤthszuſtand des armen Kindes ganz mitleidens- wuͤrdig. Lenchen iſt ſtillen und ſanften Weſens, wie ihr Vater, dem ſie ungemein aͤhnlich iſt; aber das barbariſche Verfahren ihrer Mutter mit ihr hat ſie ſchuͤchtern und ſchwermuͤthig gemacht. Der in- nere Gram hatte Einfluß auf ihre Geſundheit, die auch ohnedies durch die ſchlechte Unterhaltung ge- litten hat, auch ſuchte ſie vermuthlich, durch was es nur geſchehen konnte und wie ſchaͤdlich es ſein mochte, ihren Hunger zu ſtillen. Glauben Sie nicht, daß ihre Tochter dies alles ſelbſt verrathen hat, gut wie ihr Vater, und von der Natur mit einem zarten Gefuͤhl verſehen, wollte ſie nichts davon Wort haben, und erroͤthete allemal, wenn jemand ihr Leiden in dem muͤtter- lichen Hauſe ſchilderte. Hiervon iſt aber die ganze Stadt unterrichtet, nicht nur die Mitbewohner ihres Hauſes und die Dienſtboten derſelben, ſon- dern ihre eigenen Leute, deren durch die oͤftere Ab- wechſelung eine ziemliche Anzahl wurden, haben uͤberall davon geſprochen. Da

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/136>, abgerufen am 22.11.2024.