Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
ter der Coulisse hervor, und gebot mit Zischen, zu schweigen. Die Acteure und Actricen spielten ihre Rol- len so natürlich, und versetzten sich so glücklich in den Charakter, den ein jedes vorzustellen hatte, daß unter andern die vier Bordellschwestern, die sich mit einander schlagen und raufen mußten, im Ernst auf einander ergrimmten, und eine der an- dern blutige Nasen schlug. Eine davon, die über der Schlägerei einen Zahn einbüßte, wurde so er- bittert über ihre Gegnerinn, daß diejenige, welche die Kupplerinn spielte, nicht vermögend war, Ver- söhnung zu stiften, so daß sich noch einige von den Zuschauern, und darunter besonders Albrecht drein legen mußten, die anfgebrachten Gegnerinnen zu- frieden zu stellen, damit nur fortgespielt werden könnte. Doch die Zuschauer hatten durch dieses Zwischenspiel desto mehr an Stoff zum lachen ge- wonnen. Als es bald dahin kam, daß der Priester auf- treten sollte, d. h. während des zweiten Aets, schlich sich einer von Albrechts Freunden zu dem Geistli- chen des Orts, den man in der ganzen Gegend als einen stolzen, hitzigen und stürmischen Mann kannte, und der bekanntlich überhaupt an derglei- chen Possen kein Vergnügen fand. Mein Herr Pastor
ter der Couliſſe hervor, und gebot mit Ziſchen, zu ſchweigen. Die Acteure und Actricen ſpielten ihre Rol- len ſo natuͤrlich, und verſetzten ſich ſo gluͤcklich in den Charakter, den ein jedes vorzuſtellen hatte, daß unter andern die vier Bordellſchweſtern, die ſich mit einander ſchlagen und raufen mußten, im Ernſt auf einander ergrimmten, und eine der an- dern blutige Naſen ſchlug. Eine davon, die uͤber der Schlaͤgerei einen Zahn einbuͤßte, wurde ſo er- bittert uͤber ihre Gegnerinn, daß diejenige, welche die Kupplerinn ſpielte, nicht vermoͤgend war, Ver- ſoͤhnung zu ſtiften, ſo daß ſich noch einige von den Zuſchauern, und darunter beſonders Albrecht drein legen mußten, die anfgebrachten Gegnerinnen zu- frieden zu ſtellen, damit nur fortgeſpielt werden koͤnnte. Doch die Zuſchauer hatten durch dieſes Zwiſchenſpiel deſto mehr an Stoff zum lachen ge- wonnen. Als es bald dahin kam, daß der Prieſter auf- treten ſollte, d. h. waͤhrend des zweiten Aets, ſchlich ſich einer von Albrechts Freunden zu dem Geiſtli- chen des Orts, den man in der ganzen Gegend als einen ſtolzen, hitzigen und ſtuͤrmiſchen Mann kannte, und der bekanntlich uͤberhaupt an derglei- chen Poſſen kein Vergnuͤgen fand. Mein Herr Paſtor
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#CON"> <p><pb facs="#f0127" n="121"/> ter der Couliſſe hervor, und gebot mit Ziſchen, zu<lb/> ſchweigen.</p><lb/> <p>Die Acteure und Actricen ſpielten ihre Rol-<lb/> len ſo natuͤrlich, und verſetzten ſich ſo gluͤcklich in<lb/> den Charakter, den ein jedes vorzuſtellen hatte,<lb/> daß unter andern die vier Bordellſchweſtern, die<lb/> ſich mit einander ſchlagen und raufen mußten, im<lb/> Ernſt auf einander ergrimmten, und eine der an-<lb/> dern blutige Naſen ſchlug. Eine davon, die uͤber<lb/> der Schlaͤgerei einen Zahn einbuͤßte, wurde ſo er-<lb/> bittert uͤber ihre Gegnerinn, daß diejenige, welche<lb/> die Kupplerinn ſpielte, nicht vermoͤgend war, Ver-<lb/> ſoͤhnung zu ſtiften, ſo daß ſich noch einige von den<lb/> Zuſchauern, und darunter beſonders Albrecht drein<lb/> legen mußten, die anfgebrachten Gegnerinnen zu-<lb/> frieden zu ſtellen, damit nur fortgeſpielt werden<lb/> koͤnnte. Doch die Zuſchauer hatten durch dieſes<lb/> Zwiſchenſpiel deſto mehr an Stoff zum lachen ge-<lb/> wonnen.</p><lb/> <p>Als es bald dahin kam, daß der Prieſter auf-<lb/> treten ſollte, d. h. waͤhrend des zweiten Aets, ſchlich<lb/> ſich einer von Albrechts Freunden zu dem Geiſtli-<lb/> chen des Orts, den man in der ganzen Gegend<lb/> als einen ſtolzen, hitzigen und ſtuͤrmiſchen Mann<lb/> kannte, und der bekanntlich uͤberhaupt an derglei-<lb/> chen Poſſen kein Vergnuͤgen fand. Mein Herr<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Paſtor</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [121/0127]
ter der Couliſſe hervor, und gebot mit Ziſchen, zu
ſchweigen.
Die Acteure und Actricen ſpielten ihre Rol-
len ſo natuͤrlich, und verſetzten ſich ſo gluͤcklich in
den Charakter, den ein jedes vorzuſtellen hatte,
daß unter andern die vier Bordellſchweſtern, die
ſich mit einander ſchlagen und raufen mußten, im
Ernſt auf einander ergrimmten, und eine der an-
dern blutige Naſen ſchlug. Eine davon, die uͤber
der Schlaͤgerei einen Zahn einbuͤßte, wurde ſo er-
bittert uͤber ihre Gegnerinn, daß diejenige, welche
die Kupplerinn ſpielte, nicht vermoͤgend war, Ver-
ſoͤhnung zu ſtiften, ſo daß ſich noch einige von den
Zuſchauern, und darunter beſonders Albrecht drein
legen mußten, die anfgebrachten Gegnerinnen zu-
frieden zu ſtellen, damit nur fortgeſpielt werden
koͤnnte. Doch die Zuſchauer hatten durch dieſes
Zwiſchenſpiel deſto mehr an Stoff zum lachen ge-
wonnen.
Als es bald dahin kam, daß der Prieſter auf-
treten ſollte, d. h. waͤhrend des zweiten Aets, ſchlich
ſich einer von Albrechts Freunden zu dem Geiſtli-
chen des Orts, den man in der ganzen Gegend
als einen ſtolzen, hitzigen und ſtuͤrmiſchen Mann
kannte, und der bekanntlich uͤberhaupt an derglei-
chen Poſſen kein Vergnuͤgen fand. Mein Herr
Paſtor
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/127 |
| Zitationshilfe: | Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/127>, abgerufen am 23.11.2024. |
