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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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stehenden den Witz sehr lustig fanden, und rief endlich die Bedingungen aus, unter welchen das "baufällig gewordene" Wittwenhaus versteigert werden sollte. Es waren deren nicht viel andere als die üblichen, doch pflegten die letzteren schon unter der Zunge des Auctionars zu einer so ansehnlichen Breite verklopft zu werden , daß die für noch nöthig erachteten Zusätze dem Vortrage des Redenden kaum mehr zu Statten kamen.

Während dieser langen Vorbemerkungen thaten sich die Kauflustigen mit schlechten Reden über den "alten Rumpel" hervor. Ihrer waren nicht viele, aber hätte man ihnen glauben dürfen, so mußte, der sich daran wagte, noch Gottes Lohn verdienen. Nur zum Niederreißen tauge der Kasten; kaum die Stricke, die man dabei abnutze, würde er bezahlt machen. Wär's nicht eine Schande für den ganzen Ort, Niemand würde so feige sein, sich die Finger dabei schmutzig zu machen. Thue es ja Einer, der müsse schon ein guter Patriot sein, und was der Reden mehr waren.

Solcher Patrioten fanden sich nach und nach drei. Anfangs sagte der Eine, es sei ihm nur um das Obst im Wittwengarten zu thun, der Andere, den Wein am Spalier werde er noch reif werden lassen, wenn er ja mit seinem Angebot hängen bleibe, der Dritte, er habe eben nichts um die Hand und werde sich so bei Kleinem selbst ans Abdecken machen. Nach und nach wurden aber diese Liebhabereien den Reflectanten so werth, daß sie einander zu ganzen Zehnthalern in die Höhe trieben,

stehenden den Witz sehr lustig fanden, und rief endlich die Bedingungen aus, unter welchen das „baufällig gewordene“ Wittwenhaus versteigert werden sollte. Es waren deren nicht viel andere als die üblichen, doch pflegten die letzteren schon unter der Zunge des Auctionars zu einer so ansehnlichen Breite verklopft zu werden , daß die für noch nöthig erachteten Zusätze dem Vortrage des Redenden kaum mehr zu Statten kamen.

Während dieser langen Vorbemerkungen thaten sich die Kauflustigen mit schlechten Reden über den „alten Rumpel“ hervor. Ihrer waren nicht viele, aber hätte man ihnen glauben dürfen, so mußte, der sich daran wagte, noch Gottes Lohn verdienen. Nur zum Niederreißen tauge der Kasten; kaum die Stricke, die man dabei abnutze, würde er bezahlt machen. Wär's nicht eine Schande für den ganzen Ort, Niemand würde so feige sein, sich die Finger dabei schmutzig zu machen. Thue es ja Einer, der müsse schon ein guter Patriot sein, und was der Reden mehr waren.

Solcher Patrioten fanden sich nach und nach drei. Anfangs sagte der Eine, es sei ihm nur um das Obst im Wittwengarten zu thun, der Andere, den Wein am Spalier werde er noch reif werden lassen, wenn er ja mit seinem Angebot hängen bleibe, der Dritte, er habe eben nichts um die Hand und werde sich so bei Kleinem selbst ans Abdecken machen. Nach und nach wurden aber diese Liebhabereien den Reflectanten so werth, daß sie einander zu ganzen Zehnthalern in die Höhe trieben,

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[0074] stehenden den Witz sehr lustig fanden, und rief endlich die Bedingungen aus, unter welchen das „baufällig gewordene“ Wittwenhaus versteigert werden sollte. Es waren deren nicht viel andere als die üblichen, doch pflegten die letzteren schon unter der Zunge des Auctionars zu einer so ansehnlichen Breite verklopft zu werden , daß die für noch nöthig erachteten Zusätze dem Vortrage des Redenden kaum mehr zu Statten kamen. Während dieser langen Vorbemerkungen thaten sich die Kauflustigen mit schlechten Reden über den „alten Rumpel“ hervor. Ihrer waren nicht viele, aber hätte man ihnen glauben dürfen, so mußte, der sich daran wagte, noch Gottes Lohn verdienen. Nur zum Niederreißen tauge der Kasten; kaum die Stricke, die man dabei abnutze, würde er bezahlt machen. Wär's nicht eine Schande für den ganzen Ort, Niemand würde so feige sein, sich die Finger dabei schmutzig zu machen. Thue es ja Einer, der müsse schon ein guter Patriot sein, und was der Reden mehr waren. Solcher Patrioten fanden sich nach und nach drei. Anfangs sagte der Eine, es sei ihm nur um das Obst im Wittwengarten zu thun, der Andere, den Wein am Spalier werde er noch reif werden lassen, wenn er ja mit seinem Angebot hängen bleibe, der Dritte, er habe eben nichts um die Hand und werde sich so bei Kleinem selbst ans Abdecken machen. Nach und nach wurden aber diese Liebhabereien den Reflectanten so werth, daß sie einander zu ganzen Zehnthalern in die Höhe trieben,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/74>, abgerufen am 23.11.2024.