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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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entführte; daß endlich der gelähmte Hahn, die Reiseroute des Marcus Paulus benutzend, ins Freie entkam und sich in die Scheune zu den Hühnern des goldgefiederten Nachbars begab, wo er, nach erwiesenen friedfertigen Gesinnungen, als ungefährlicher Familienbeirath geduldet wurde.

So standen die Sachen, als die Morgensonne des 10. September die Kirchthurmspitze von St. Gertrauden vergoldete und dem Küster ins schwindelhohe Schallloch schien, aus welchem er eben seine Klarinette zum Abblasen des Morgenchorals hinausstecken wollte. Unten begann das erste vereinzelte Leben des stillen Oertchens. Beim Küster öffneten sich die Läden; in der Mühle klang das Glöckchen, das zu neuem Aufschütten mahnt; der Nachfolger des diebischen Gänsehirten blies auf seiner Schalmei durch die Hauptstraße, und Gänse, deren Leiberfülle schon den nahenden Herbst verkündete, watschelten aus mancher halb geöffneten Pforte oder klemmten sich unter den Hofthüren durch, wo immer eine verschlafene Magd den Riegel noch nicht zurückgeschoben hatte. Dann kam der Schweinehirte, der nicht musikalisch war, sich aber um so besser darauf verstand, Peitschenschnüre zu drehen und schläfrigen Betthockern die Ohren gellen zu machen; quiekende Ferkel vermehrten den Lärm seines Durchzugs, grunzende Speckträger schlossen sich an. Das war kein schöner Morgengruß, und manchem Träumer führte die über- und doch auch wieder nicht übernatürliche Symphonie Wurst- und Schinken-

entführte; daß endlich der gelähmte Hahn, die Reiseroute des Marcus Paulus benutzend, ins Freie entkam und sich in die Scheune zu den Hühnern des goldgefiederten Nachbars begab, wo er, nach erwiesenen friedfertigen Gesinnungen, als ungefährlicher Familienbeirath geduldet wurde.

So standen die Sachen, als die Morgensonne des 10. September die Kirchthurmspitze von St. Gertrauden vergoldete und dem Küster ins schwindelhohe Schallloch schien, aus welchem er eben seine Klarinette zum Abblasen des Morgenchorals hinausstecken wollte. Unten begann das erste vereinzelte Leben des stillen Oertchens. Beim Küster öffneten sich die Läden; in der Mühle klang das Glöckchen, das zu neuem Aufschütten mahnt; der Nachfolger des diebischen Gänsehirten blies auf seiner Schalmei durch die Hauptstraße, und Gänse, deren Leiberfülle schon den nahenden Herbst verkündete, watschelten aus mancher halb geöffneten Pforte oder klemmten sich unter den Hofthüren durch, wo immer eine verschlafene Magd den Riegel noch nicht zurückgeschoben hatte. Dann kam der Schweinehirte, der nicht musikalisch war, sich aber um so besser darauf verstand, Peitschenschnüre zu drehen und schläfrigen Betthockern die Ohren gellen zu machen; quiekende Ferkel vermehrten den Lärm seines Durchzugs, grunzende Speckträger schlossen sich an. Das war kein schöner Morgengruß, und manchem Träumer führte die über- und doch auch wieder nicht übernatürliche Symphonie Wurst- und Schinken-

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[0066] entführte; daß endlich der gelähmte Hahn, die Reiseroute des Marcus Paulus benutzend, ins Freie entkam und sich in die Scheune zu den Hühnern des goldgefiederten Nachbars begab, wo er, nach erwiesenen friedfertigen Gesinnungen, als ungefährlicher Familienbeirath geduldet wurde. So standen die Sachen, als die Morgensonne des 10. September die Kirchthurmspitze von St. Gertrauden vergoldete und dem Küster ins schwindelhohe Schallloch schien, aus welchem er eben seine Klarinette zum Abblasen des Morgenchorals hinausstecken wollte. Unten begann das erste vereinzelte Leben des stillen Oertchens. Beim Küster öffneten sich die Läden; in der Mühle klang das Glöckchen, das zu neuem Aufschütten mahnt; der Nachfolger des diebischen Gänsehirten blies auf seiner Schalmei durch die Hauptstraße, und Gänse, deren Leiberfülle schon den nahenden Herbst verkündete, watschelten aus mancher halb geöffneten Pforte oder klemmten sich unter den Hofthüren durch, wo immer eine verschlafene Magd den Riegel noch nicht zurückgeschoben hatte. Dann kam der Schweinehirte, der nicht musikalisch war, sich aber um so besser darauf verstand, Peitschenschnüre zu drehen und schläfrigen Betthockern die Ohren gellen zu machen; quiekende Ferkel vermehrten den Lärm seines Durchzugs, grunzende Speckträger schlossen sich an. Das war kein schöner Morgengruß, und manchem Träumer führte die über- und doch auch wieder nicht übernatürliche Symphonie Wurst- und Schinken-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/66>, abgerufen am 23.11.2024.