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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.

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gend, mit ihren Wünschen, ihren Trieben der Ver-
nunft nicht zu entlaufen!..

Jch sagt' es dir schon hundertmal: solch eine
Ruhe will nichts heißen. Der sich mit seiner Kühn-
heit brüstet und keinen Feind noch sah, der ist kein
Held. Aber der ist ein Mann, der sich bewegt
durch's wildeste Gedränge.

Wunden ... Wunden! Laß sie bluten! Eine
Brust ist stark. Du bist doch ein Mann. So zu
bluten, das ist groß.

Mich laßt nur irren! O ich bin glücklicher als
ihr auf eurer rechten Bahn. Nicht bedauern dürft
ihr mich, weil ich irre, ihr Klüglinge, ihr Selbst-
gefällige, beneiden müßt ihr mich. Ach solch ein
Jrren ist mehr als all' euer Fortschlen-
dern.



gend, mit ihren Wuͤnſchen, ihren Trieben der Ver-
nunft nicht zu entlaufen!..

Jch ſagt’ es dir ſchon hundertmal: ſolch eine
Ruhe will nichts heißen. Der ſich mit ſeiner Kuͤhn-
heit bruͤſtet und keinen Feind noch ſah, der iſt kein
Held. Aber der iſt ein Mann, der ſich bewegt
durch’s wildeſte Gedraͤnge.

Wunden … Wunden! Laß ſie bluten! Eine
Bruſt iſt ſtark. Du biſt doch ein Mann. So zu
bluten, das iſt groß.

Mich laßt nur irren! O ich bin gluͤcklicher als
ihr auf eurer rechten Bahn. Nicht bedauern duͤrft
ihr mich, weil ich irre, ihr Kluͤglinge, ihr Selbſt-
gefaͤllige, beneiden muͤßt ihr mich. Ach ſolch ein
Jrren iſt mehr als all’ euer Fortſchlen-
dern.



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[125/0135] gend, mit ihren Wuͤnſchen, ihren Trieben der Ver- nunft nicht zu entlaufen!.. Jch ſagt’ es dir ſchon hundertmal: ſolch eine Ruhe will nichts heißen. Der ſich mit ſeiner Kuͤhn- heit bruͤſtet und keinen Feind noch ſah, der iſt kein Held. Aber der iſt ein Mann, der ſich bewegt durch’s wildeſte Gedraͤnge. Wunden … Wunden! Laß ſie bluten! Eine Bruſt iſt ſtark. Du biſt doch ein Mann. So zu bluten, das iſt groß. Mich laßt nur irren! O ich bin gluͤcklicher als ihr auf eurer rechten Bahn. Nicht bedauern duͤrft ihr mich, weil ich irre, ihr Kluͤglinge, ihr Selbſt- gefaͤllige, beneiden muͤßt ihr mich. Ach ſolch ein Jrren iſt mehr als all’ euer Fortſchlen- dern.

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton01_1823/135>, abgerufen am 08.05.2024.