ihrer Darstellung nur möglichen, Gruppen oder Aufstel¬ lungen zu begnügen; die künstlerische Täuschung ward in ihr vielmehr so zur vorwiegenden Nothwendigkeit, daß sie nicht nur nach Tiefe und Breite beziehungsreich sich ausdehnende menschliche Gruppen, sondern auch den Um¬ kreis ihrer außermenschlichen Umgebung; die Naturscene selbst in das Bereich ihrer Darstellung zu ziehen hatte. Hierauf begründet sich ein vollkommen neues Moment in der Entwickelung des künstlerischen Anschauungs- und Darstellungsvermögens des Menschen: nämlich dieß des innigen Begrüßens und Wiedergebens der Natur durch durch die Landschaftsmalerei.
Dieses Moment ist von der entscheidendsten Wichtig¬ keit für die ganze bildende Kunst: es bringt diese, -- die in der Architektur von der Anschauung und künstleri¬ schen Benutzung der Natur zu Gunsten des Menschen ausging, -- in der Plastik, wie zur Vergötterung des Menschen, sich allein nur noch auf diesen als Gegen¬ stand bezog, -- zum vollendeten Abschluß dadurch, daß es sie vom Menschen aus mit immer vollkommenerem Verständniß endlich ganz wieder der Natur zuwandte, und zwar indem es die bildende Kunst fähig machte, die Natur ihrem Wesen nach innig zu erfassen, die Archi¬ tektur gleichsam zur vollkommenen, lebensvollen Darstellung der Natur zu erweitern. Der menschliche Egoismus, der
ihrer Darſtellung nur möglichen, Gruppen oder Aufſtel¬ lungen zu begnügen; die künſtleriſche Täuſchung ward in ihr vielmehr ſo zur vorwiegenden Nothwendigkeit, daß ſie nicht nur nach Tiefe und Breite beziehungsreich ſich ausdehnende menſchliche Gruppen, ſondern auch den Um¬ kreis ihrer außermenſchlichen Umgebung; die Naturſcene ſelbſt in das Bereich ihrer Darſtellung zu ziehen hatte. Hierauf begründet ſich ein vollkommen neues Moment in der Entwickelung des künſtleriſchen Anſchauungs- und Darſtellungsvermögens des Menſchen: nämlich dieß des innigen Begrüßens und Wiedergebens der Natur durch durch die Landſchaftsmalerei.
Dieſes Moment iſt von der entſcheidendſten Wichtig¬ keit für die ganze bildende Kunſt: es bringt dieſe, — die in der Architektur von der Anſchauung und künſtleri¬ ſchen Benutzung der Natur zu Gunſten des Menſchen ausging, — in der Plaſtik, wie zur Vergötterung des Menſchen, ſich allein nur noch auf dieſen als Gegen¬ ſtand bezog, — zum vollendeten Abſchluß dadurch, daß es ſie vom Menſchen aus mit immer vollkommenerem Verſtändniß endlich ganz wieder der Natur zuwandte, und zwar indem es die bildende Kunſt fähig machte, die Natur ihrem Weſen nach innig zu erfaſſen, die Archi¬ tektur gleichſam zur vollkommenen, lebensvollen Darſtellung der Natur zu erweitern. Der menſchliche Egoismus, der
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ihrer Darſtellung nur möglichen, Gruppen oder Aufſtel¬
lungen zu begnügen; die künſtleriſche Täuſchung ward
in ihr vielmehr ſo zur vorwiegenden Nothwendigkeit, daß
ſie nicht nur nach Tiefe und Breite beziehungsreich ſich
ausdehnende menſchliche Gruppen, ſondern auch den Um¬
kreis ihrer außermenſchlichen Umgebung; die Naturſcene
ſelbſt in das Bereich ihrer Darſtellung zu ziehen hatte.
Hierauf begründet ſich ein vollkommen neues Moment in
der Entwickelung des künſtleriſchen Anſchauungs- und
Darſtellungsvermögens des Menſchen: nämlich dieß des
innigen Begrüßens und Wiedergebens der Natur durch
durch die Landſchaftsmalerei.
Dieſes Moment iſt von der entſcheidendſten Wichtig¬
keit für die ganze bildende Kunſt: es bringt dieſe, — die
in der Architektur von der Anſchauung und künſtleri¬
ſchen Benutzung der Natur zu Gunſten des Menſchen
ausging, — in der Plaſtik, wie zur Vergötterung des
Menſchen, ſich allein nur noch auf dieſen als Gegen¬
ſtand bezog, — zum vollendeten Abſchluß dadurch, daß
es ſie vom Menſchen aus mit immer vollkommenerem
Verſtändniß endlich ganz wieder der Natur zuwandte,
und zwar indem es die bildende Kunſt fähig machte, die
Natur ihrem Weſen nach innig zu erfaſſen, die Archi¬
tektur gleichſam zur vollkommenen, lebensvollen Darſtellung
der Natur zu erweitern. Der menſchliche Egoismus, der
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/190>, abgerufen am 23.07.2024.
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