Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.Drama's die nothwendigen Bedingungen desselben erfüllt, Ein gemeinschaftlicher Drang zum dramatischen Drama's die nothwendigen Bedingungen deſſelben erfüllt, Ein gemeinſchaftlicher Drang zum dramatiſchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0131" n="115"/> Drama's die nothwendigen Bedingungen deſſelben erfüllt,<lb/> das Verlangen, ihnen zu entſprechen, mit Erfolg belohnt.</p><lb/> <p>Ein gemeinſchaftlicher Drang zum dramatiſchen<lb/> Kunſtwerke kann nur in Denjenigen vorhanden ſein, welche<lb/> gemeinſchaftlich das Kunſtwerk wirklich darſtellen: dieſe<lb/> ſind, nach unſren Begriffen, die <hi rendition="#g">Schauſpielergenoſſen¬<lb/> ſchaft</hi>. Solche Genoſſenſchaften ſehen wir am Schluſſe<lb/> des Mittelalters unmittelbar aus dem Volke hervorgehen:<lb/> Diejenigen, die ſpäter ſich ihrer bemeiſterten und vom<lb/> Standpunkte der abſoluten Dichtkunſt aus, ihnen das<lb/> Geſetz machten, erwarben ſich das Verdienſt, in Grund<lb/> und Boden <hi rendition="#g">das</hi> verdorben zu haben, was Derjenige,<lb/> der unmittelbar aus ſolch einer Genoſſenſchaft hervor¬<lb/> ging, mit ihr und für ſie dichtete, zum Stau¬<lb/> nen aller Zeiten erſchaffen hatte. Aus der innig¬<lb/> ſten, wahrhafteſten Natur des Volkes heraus dichtete<lb/><hi rendition="#g">Shakeſpeare</hi> für ſeine Schauſpielgenoſſen das Drama,<lb/> das uns um ſo ſtaunenswürdiger erſcheint, als wir durch<lb/> die Macht der nackten Rede allein und ohne alle Hülfe ver¬<lb/> wandter Kunſtarten es erſtehen ſehen: nur <hi rendition="#g">eine</hi> Hülfe<lb/> ward ihm zu Theil, die <hi rendition="#g">Phantaſie</hi> ſeines Publikum'g<lb/> das mit lebhafter Theilnahme ſich der <hi rendition="#g">Begeiſterung</hi><lb/> der Genoſſen des Dichters zuwandte. Ein uner¬<lb/> hörtes Genie, und eine nie wieder erſchienene Gunſt<lb/> glücklicher Umſtände, erſetzten gemeinſchaftlich, was ihnen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0131]
Drama's die nothwendigen Bedingungen deſſelben erfüllt,
das Verlangen, ihnen zu entſprechen, mit Erfolg belohnt.
Ein gemeinſchaftlicher Drang zum dramatiſchen
Kunſtwerke kann nur in Denjenigen vorhanden ſein, welche
gemeinſchaftlich das Kunſtwerk wirklich darſtellen: dieſe
ſind, nach unſren Begriffen, die Schauſpielergenoſſen¬
ſchaft. Solche Genoſſenſchaften ſehen wir am Schluſſe
des Mittelalters unmittelbar aus dem Volke hervorgehen:
Diejenigen, die ſpäter ſich ihrer bemeiſterten und vom
Standpunkte der abſoluten Dichtkunſt aus, ihnen das
Geſetz machten, erwarben ſich das Verdienſt, in Grund
und Boden das verdorben zu haben, was Derjenige,
der unmittelbar aus ſolch einer Genoſſenſchaft hervor¬
ging, mit ihr und für ſie dichtete, zum Stau¬
nen aller Zeiten erſchaffen hatte. Aus der innig¬
ſten, wahrhafteſten Natur des Volkes heraus dichtete
Shakeſpeare für ſeine Schauſpielgenoſſen das Drama,
das uns um ſo ſtaunenswürdiger erſcheint, als wir durch
die Macht der nackten Rede allein und ohne alle Hülfe ver¬
wandter Kunſtarten es erſtehen ſehen: nur eine Hülfe
ward ihm zu Theil, die Phantaſie ſeines Publikum'g
das mit lebhafter Theilnahme ſich der Begeiſterung
der Genoſſen des Dichters zuwandte. Ein uner¬
hörtes Genie, und eine nie wieder erſchienene Gunſt
glücklicher Umſtände, erſetzten gemeinſchaftlich, was ihnen
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