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Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

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eid er täglich ärger. Youngs Nachtgedanken in
der französischen Uebersetzung, sind jetzt ihr Lieb-
lingsbuch.
v. Hasenpoth. Da sey ihr Gott gnädig! --
Wenn ich ein einiges Blatt drinn lesen müßte, so
wär ich kapable den Engländer zu machen, und
mich an mein Knieband zu hängen.
v. Gröningseck (spöttisch.) Du! -- aber, lie-
ber Magister! so viel schönes auch Young für eine
heitre, ruhige, mit sich und allem was rund um
sie her athmet zufriedne Seele haben mag, so we-
nig -- das fühlen sie besser als ich -- schickt sich
doch diese Lektür für ein misvergnügtes, abge-
spantes, erschlaftes Herz, ohne welches keine
Melancholie statt haben kann: -- sollten sie denn
nicht als Freund --
Magister. Es ihr wegnehmen? -- Jch thats
schon, weil ich hierinn grad wie sie denke: sie win-
selte uns aber so lange die Ohren voll, wollte vor
Gram und Langerweile den Geist aufgeben -- kurz
ich war froh, und legte es wieder hin.
v. Gröningseck. Gott! Gott! -- ist denn kein
Weg! -- sie dauert mich von Grund der Seelen,
das gute Kind! -- wie, wenn? -- ja! was wirds
nutzen? -- auf die Zeit kommt das meiste an. --
Doch -- es wär zu probiren! -- wenigstens ists
eine Höflichkeit, die ihr nicht mißfallen kann, wenn
sie auch weiter nichts hilft. -- -- So bald sie sie
wieder allein sehn, Magister, wollen sie? -- so sa-
gen sie ihr von meintwegen, ich nähm sehr viel An-
theil
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eid er taͤglich aͤrger. Youngs Nachtgedanken in
der franzoͤſiſchen Ueberſetzung, ſind jetzt ihr Lieb-
lingsbuch.
v. Haſenpoth. Da ſey ihr Gott gnaͤdig! —
Wenn ich ein einiges Blatt drinn leſen muͤßte, ſo
waͤr ich kapable den Englaͤnder zu machen, und
mich an mein Knieband zu haͤngen.
v. Groͤningseck (ſpoͤttiſch.) Du! — aber, lie-
ber Magiſter! ſo viel ſchoͤnes auch Young fuͤr eine
heitre, ruhige, mit ſich und allem was rund um
ſie her athmet zufriedne Seele haben mag, ſo we-
nig — das fuͤhlen ſie beſſer als ich — ſchickt ſich
doch dieſe Lektuͤr fuͤr ein misvergnuͤgtes, abge-
ſpantes, erſchlaftes Herz, ohne welches keine
Melancholie ſtatt haben kann: — ſollten ſie denn
nicht als Freund —
Magiſter. Es ihr wegnehmen? — Jch thats
ſchon, weil ich hierinn grad wie ſie denke: ſie win-
ſelte uns aber ſo lange die Ohren voll, wollte vor
Gram und Langerweile den Geiſt aufgeben — kurz
ich war froh, und legte es wieder hin.
v. Groͤningseck. Gott! Gott! — iſt denn kein
Weg! — ſie dauert mich von Grund der Seelen,
das gute Kind! — wie, wenn? — ja! was wirds
nutzen? — auf die Zeit kommt das meiſte an. —
Doch — es waͤr zu probiren! — wenigſtens iſts
eine Hoͤflichkeit, die ihr nicht mißfallen kann, wenn
ſie auch weiter nichts hilft. — — So bald ſie ſie
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[51/0053] eid er taͤglich aͤrger. Youngs Nachtgedanken in der franzoͤſiſchen Ueberſetzung, ſind jetzt ihr Lieb- lingsbuch. v. Haſenpoth. Da ſey ihr Gott gnaͤdig! — Wenn ich ein einiges Blatt drinn leſen muͤßte, ſo waͤr ich kapable den Englaͤnder zu machen, und mich an mein Knieband zu haͤngen. v. Groͤningseck (ſpoͤttiſch.) Du! — aber, lie- ber Magiſter! ſo viel ſchoͤnes auch Young fuͤr eine heitre, ruhige, mit ſich und allem was rund um ſie her athmet zufriedne Seele haben mag, ſo we- nig — das fuͤhlen ſie beſſer als ich — ſchickt ſich doch dieſe Lektuͤr fuͤr ein misvergnuͤgtes, abge- ſpantes, erſchlaftes Herz, ohne welches keine Melancholie ſtatt haben kann: — ſollten ſie denn nicht als Freund — Magiſter. Es ihr wegnehmen? — Jch thats ſchon, weil ich hierinn grad wie ſie denke: ſie win- ſelte uns aber ſo lange die Ohren voll, wollte vor Gram und Langerweile den Geiſt aufgeben — kurz ich war froh, und legte es wieder hin. v. Groͤningseck. Gott! Gott! — iſt denn kein Weg! — ſie dauert mich von Grund der Seelen, das gute Kind! — wie, wenn? — ja! was wirds nutzen? — auf die Zeit kommt das meiſte an. — Doch — es waͤr zu probiren! — wenigſtens iſts eine Hoͤflichkeit, die ihr nicht mißfallen kann, wenn ſie auch weiter nichts hilft. — — So bald ſie ſie wieder allein ſehn, Magiſter, wollen ſie? — ſo ſa- gen ſie ihr von meintwegen, ich naͤhm ſehr viel An- theil D 2

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Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/53>, abgerufen am 27.11.2024.