Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.Wäsch fertig bin, will ich sie wegtragen, vielleicht krieg ich ein paar Schilling. -- Aber alles was sie thut, huck sie mir nit immer so über sich selber; der bös Gott bhüt uns, könnt gar leicht sein Spiel haben: nimm sie ein Gebetbuch und leß sie hübsch drinn, sie sagt ja sie könnts; dort auf dem Tre- surchen steht der Himmels- und Höllenweg; 's ist gar schön, sag ich ihr: mein Mann seelig hat ihn in seiner letzten Krankheit fast auswendig gelernt. -- Bey wem hat sie denn zuletzt gedient, eh ihr das Unglück begegnet ist? -- Jch sag immer, es ist aber doch nicht recht von den Herrschaften, die einen armen Dienstboten, wenn er in den Um- ständen ist, so mir nix dir nix zum Haus hinaus- werfen, wir sind alle sündliche Menschen; wie bald kann nit ein Unglück geschehn, und dann hats der Herr oder die Frau doch auch aufm Gewissen. -- Bey wem wars, hört sie nicht? -- Evchen. Bey wem? (verwirrt.) beym -- beym -- sie kennt ihn doch nicht. Fr. Marthan. Wer weiß? sag sies nur; -- über mein Zung solls nit kommen. Evchen. Beym -- beym Metzger Humbrecht. Fr. Marthan. Bey dem! was! beym Metzger Humbrecht? -- ey! was sie mir nit sagt da -- so muß sie denn auch seine Tochter kennen, gelt? Evchen. Zu gut nur, leider! Fr. Marthan. Ja wohl leider! -- man soll war niemand richten, aber -- es muß doch kein gu- G 4
Waͤſch fertig bin, will ich ſie wegtragen, vielleicht krieg ich ein paar Schilling. — Aber alles was ſie thut, huck ſie mir nit immer ſo uͤber ſich ſelber; der boͤs Gott bhuͤt uns, koͤnnt gar leicht ſein Spiel haben: nimm ſie ein Gebetbuch und leß ſie huͤbſch drinn, ſie ſagt ja ſie koͤnnts; dort auf dem Tre- ſurchen ſteht der Himmels- und Hoͤllenweg; ’s iſt gar ſchoͤn, ſag ich ihr: mein Mann ſeelig hat ihn in ſeiner letzten Krankheit faſt auswendig gelernt. — Bey wem hat ſie denn zuletzt gedient, eh ihr das Ungluͤck begegnet iſt? — Jch ſag immer, es iſt aber doch nicht recht von den Herrſchaften, die einen armen Dienſtboten, wenn er in den Um- ſtaͤnden iſt, ſo mir nix dir nix zum Haus hinaus- werfen, wir ſind alle ſuͤndliche Menſchen; wie bald kann nit ein Ungluͤck geſchehn, und dann hats der Herr oder die Frau doch auch aufm Gewiſſen. — Bey wem wars, hoͤrt ſie nicht? — Evchen. Bey wem? (verwirrt.) beym — beym — ſie kennt ihn doch nicht. Fr. Marthan. Wer weiß? ſag ſies nur; — uͤber mein Zung ſolls nit kommen. Evchen. Beym — beym Metzger Humbrecht. Fr. Marthan. Bey dem! was! beym Metzger Humbrecht? — ey! was ſie mir nit ſagt da — ſo muß ſie denn auch ſeine Tochter kennen, gelt? Evchen. Zu gut nur, leider! Fr. Marthan. Ja wohl leider! — man ſoll war niemand richten, aber — es muß doch kein gu- G 4
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ein wenig zu geſchweigen; ſo bald ich mit der
Waͤſch fertig bin, will ich ſie wegtragen, vielleicht
krieg ich ein paar Schilling. — Aber alles was
ſie thut, huck ſie mir nit immer ſo uͤber ſich ſelber;
der boͤs Gott bhuͤt uns, koͤnnt gar leicht ſein Spiel
haben: nimm ſie ein Gebetbuch und leß ſie huͤbſch
drinn, ſie ſagt ja ſie koͤnnts; dort auf dem Tre-
ſurchen ſteht der Himmels- und Hoͤllenweg; ’s iſt
gar ſchoͤn, ſag ich ihr: mein Mann ſeelig hat ihn
in ſeiner letzten Krankheit faſt auswendig gelernt.
— Bey wem hat ſie denn zuletzt gedient, eh ihr
das Ungluͤck begegnet iſt? — Jch ſag immer, es
iſt aber doch nicht recht von den Herrſchaften, die
einen armen Dienſtboten, wenn er in den Um-
ſtaͤnden iſt, ſo mir nix dir nix zum Haus hinaus-
werfen, wir ſind alle ſuͤndliche Menſchen; wie bald
kann nit ein Ungluͤck geſchehn, und dann hats der
Herr oder die Frau doch auch aufm Gewiſſen. —
Bey wem wars, hoͤrt ſie nicht? —
Evchen. Bey wem? (verwirrt.) beym —
beym — ſie kennt ihn doch nicht.
Fr. Marthan. Wer weiß? ſag ſies nur; —
uͤber mein Zung ſolls nit kommen.
Evchen. Beym — beym Metzger Humbrecht.
Fr. Marthan. Bey dem! was! beym Metzger
Humbrecht? — ey! was ſie mir nit ſagt da —
ſo muß ſie denn auch ſeine Tochter kennen, gelt?
Evchen. Zu gut nur, leider!
Fr. Marthan. Ja wohl leider! — man ſoll
war niemand richten, aber — es muß doch kein
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