bloß einer einzigen Kunst ergeben ist, son¬ dern mehrere in sich vereinigt, ihre geheime Verwandtschaft fühlt, und die göttliche Flam¬ me, die in allen weht, in seinem Inneren empfindet; so ist dieser Mann von der Hand des Himmels gewiß auf eine wunderbare Weise vor andern Menschen hervorgehoben, und es werden viele mit ihren Gedanken nicht einmal an ihn heranreichen können. --
Der Hof des mayländischen Herzogs, Lodovico Sforza, war der Hauptschauplatz, wo Leonardo da Vinci, als oberster Vorste¬ her der Akademie, seine vielfachen Geschick¬ lichkeiten entfaltete. Hier zeigte er sich in vortrefflichen Gemählden und Bildwerken; hier verbreitete er seinen guten Geschmack in Gebäuden; er war förmlich unter der Zahl der Tonkünstler als Spieler auf der Geige angestellt; er führte mit tiefer Einsicht den schweren Bau eines Wasserkanals über Berge
bloß einer einzigen Kunſt ergeben iſt, ſon¬ dern mehrere in ſich vereinigt, ihre geheime Verwandtſchaft fühlt, und die göttliche Flam¬ me, die in allen weht, in ſeinem Inneren empfindet; ſo iſt dieſer Mann von der Hand des Himmels gewiß auf eine wunderbare Weiſe vor andern Menſchen hervorgehoben, und es werden viele mit ihren Gedanken nicht einmal an ihn heranreichen können. —
Der Hof des mayländiſchen Herzogs, Lodovico Sforza, war der Hauptſchauplatz, wo Leonardo da Vinci, als oberſter Vorſte¬ her der Akademie, ſeine vielfachen Geſchick¬ lichkeiten entfaltete. Hier zeigte er ſich in vortrefflichen Gemählden und Bildwerken; hier verbreitete er ſeinen guten Geſchmack in Gebäuden; er war förmlich unter der Zahl der Tonkünſtler als Spieler auf der Geige angeſtellt; er führte mit tiefer Einſicht den ſchweren Bau eines Waſſerkanals über Berge
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0086"n="78"/>
bloß einer einzigen Kunſt ergeben iſt, ſon¬<lb/>
dern mehrere in ſich vereinigt, ihre geheime<lb/>
Verwandtſchaft fühlt, und die göttliche Flam¬<lb/>
me, die in allen weht, in ſeinem Inneren<lb/>
empfindet; ſo iſt dieſer Mann von der Hand<lb/>
des Himmels gewiß auf eine wunderbare<lb/>
Weiſe vor andern Menſchen hervorgehoben,<lb/>
und es werden viele mit ihren Gedanken<lb/>
nicht einmal an ihn heranreichen können. —</p><lb/><p>Der Hof des mayländiſchen Herzogs,<lb/>
Lodovico Sforza, war der Hauptſchauplatz,<lb/>
wo Leonardo da Vinci, als oberſter Vorſte¬<lb/>
her der Akademie, ſeine vielfachen Geſchick¬<lb/>
lichkeiten entfaltete. Hier zeigte er ſich in<lb/>
vortrefflichen Gemählden und Bildwerken;<lb/>
hier verbreitete er ſeinen guten Geſchmack in<lb/>
Gebäuden; er war förmlich unter der Zahl<lb/>
der Tonkünſtler als Spieler auf der Geige<lb/>
angeſtellt; er führte mit tiefer Einſicht den<lb/>ſchweren Bau eines Waſſerkanals über Berge<lb/></p></div></body></text></TEI>
[78/0086]
bloß einer einzigen Kunſt ergeben iſt, ſon¬
dern mehrere in ſich vereinigt, ihre geheime
Verwandtſchaft fühlt, und die göttliche Flam¬
me, die in allen weht, in ſeinem Inneren
empfindet; ſo iſt dieſer Mann von der Hand
des Himmels gewiß auf eine wunderbare
Weiſe vor andern Menſchen hervorgehoben,
und es werden viele mit ihren Gedanken
nicht einmal an ihn heranreichen können. —
Der Hof des mayländiſchen Herzogs,
Lodovico Sforza, war der Hauptſchauplatz,
wo Leonardo da Vinci, als oberſter Vorſte¬
her der Akademie, ſeine vielfachen Geſchick¬
lichkeiten entfaltete. Hier zeigte er ſich in
vortrefflichen Gemählden und Bildwerken;
hier verbreitete er ſeinen guten Geſchmack in
Gebäuden; er war förmlich unter der Zahl
der Tonkünſtler als Spieler auf der Geige
angeſtellt; er führte mit tiefer Einſicht den
ſchweren Bau eines Waſſerkanals über Berge
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/86>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.