digen Bildung, und einem Gesichte, das man lieben und verehren mußte, begabt.
Der forschende Geist der ernsthaften Wis¬ senschaften scheinet dem bildenden Geiste der Kunst so ungleichartig, daß man fast, dem ersten Anblicke nach, zwey verschiedene Gat¬ tungen von Wesen für beyde glauben möchte. Und in der That sind nur wenige Sterbliche so eingerichtet, daß sie diesem zwiefachen Genius opfern könnten. Welcher aber in seiner eigenen Seele die Heimath aller der Erkenntnisse und Kräfte, worin sonst viele sich theilen, findet, und wessen Geist, mit gleichem Eifer und Glücke, durch Schlüsse der Vernunft Wahrheiten ausrechnet, und Einbildungen seines inneren Sinnes durch Mühsamkeit der Hand in sichtbare Darstel¬ lungen hervordrängt: -- ein solcher muß der ganzen Welt Erstaunen und Bewunderung abnöthigen. Und wenn er überdies nicht
digen Bildung, und einem Geſichte, das man lieben und verehren mußte, begabt.
Der forſchende Geiſt der ernſthaften Wiſ¬ ſenſchaften ſcheinet dem bildenden Geiſte der Kunſt ſo ungleichartig, daß man faſt, dem erſten Anblicke nach, zwey verſchiedene Gat¬ tungen von Weſen für beyde glauben möchte. Und in der That ſind nur wenige Sterbliche ſo eingerichtet, daß ſie dieſem zwiefachen Genius opfern könnten. Welcher aber in ſeiner eigenen Seele die Heimath aller der Erkenntniſſe und Kräfte, worin ſonſt viele ſich theilen, findet, und weſſen Geiſt, mit gleichem Eifer und Glücke, durch Schlüſſe der Vernunft Wahrheiten ausrechnet, und Einbildungen ſeines inneren Sinnes durch Mühſamkeit der Hand in ſichtbare Darſtel¬ lungen hervordrängt: — ein ſolcher muß der ganzen Welt Erſtaunen und Bewunderung abnöthigen. Und wenn er überdies nicht
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digen Bildung, und einem Geſichte, das
man lieben und verehren mußte, begabt.
Der forſchende Geiſt der ernſthaften Wiſ¬
ſenſchaften ſcheinet dem bildenden Geiſte der
Kunſt ſo ungleichartig, daß man faſt, dem
erſten Anblicke nach, zwey verſchiedene Gat¬
tungen von Weſen für beyde glauben möchte.
Und in der That ſind nur wenige Sterbliche
ſo eingerichtet, daß ſie dieſem zwiefachen
Genius opfern könnten. Welcher aber in
ſeiner eigenen Seele die Heimath aller der
Erkenntniſſe und Kräfte, worin ſonſt viele
ſich theilen, findet, und weſſen Geiſt, mit
gleichem Eifer und Glücke, durch Schlüſſe
der Vernunft Wahrheiten ausrechnet, und
Einbildungen ſeines inneren Sinnes durch
Mühſamkeit der Hand in ſichtbare Darſtel¬
lungen hervordrängt: — ein ſolcher muß der
ganzen Welt Erſtaunen und Bewunderung
abnöthigen. Und wenn er überdies nicht
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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/85>, abgerufen am 22.11.2024.
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