erhalten, so daß ich freyer und dreister Athem hohle, und nicht mehr mit so demuthsvollem Erröthen vor den Bildern der großen Mei¬ ster da stehe.
Und wie soll ich Dir nun schildern, wie und wodurch sich dieses ereignet hat? Der Mensch ist sehr arm, lieber Jacobo; denn wenn er auch einen recht kostbaren Schatz im Busen trägt, so muß er ihn wie ein Gei¬ ziger verschließen, und kann seinem Freunde nichts davon mittheilen oder zeigen. Thrä¬ nen, Seufzer, ein Händedruck sind dann unsre ganze Sprache. So ist es jetzt mit mir, und darum möcht' ich Dich jetzt vor mir haben, um Deine liebe Hand zu neh¬ men, und sie auf mein pochendes Herz zu legen. -- Ich weiß nicht, ob andre Men¬ schen schon so empfunden haben wie ich, -- ob es schon andern gegönnt war, durch die Liebe einen so schönen Weg zur Anbetung
erhalten, ſo daß ich freyer und dreiſter Athem hohle, und nicht mehr mit ſo demuthsvollem Erröthen vor den Bildern der großen Mei¬ ſter da ſtehe.
Und wie ſoll ich Dir nun ſchildern, wie und wodurch ſich dieſes ereignet hat? Der Menſch iſt ſehr arm, lieber Jacobo; denn wenn er auch einen recht koſtbaren Schatz im Buſen trägt, ſo muß er ihn wie ein Gei¬ ziger verſchließen, und kann ſeinem Freunde nichts davon mittheilen oder zeigen. Thrä¬ nen, Seufzer, ein Händedruck ſind dann unſre ganze Sprache. So iſt es jetzt mit mir, und darum möcht' ich Dich jetzt vor mir haben, um Deine liebe Hand zu neh¬ men, und ſie auf mein pochendes Herz zu legen. — Ich weiß nicht, ob andre Men¬ ſchen ſchon ſo empfunden haben wie ich, — ob es ſchon andern gegönnt war, durch die Liebe einen ſo ſchönen Weg zur Anbetung
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erhalten, ſo daß ich freyer und dreiſter Athem
hohle, und nicht mehr mit ſo demuthsvollem
Erröthen vor den Bildern der großen Mei¬
ſter da ſtehe.
Und wie ſoll ich Dir nun ſchildern, wie
und wodurch ſich dieſes ereignet hat? Der
Menſch iſt ſehr arm, lieber Jacobo; denn
wenn er auch einen recht koſtbaren Schatz
im Buſen trägt, ſo muß er ihn wie ein Gei¬
ziger verſchließen, und kann ſeinem Freunde
nichts davon mittheilen oder zeigen. Thrä¬
nen, Seufzer, ein Händedruck ſind dann
unſre ganze Sprache. So iſt es jetzt mit
mir, und darum möcht' ich Dich jetzt vor
mir haben, um Deine liebe Hand zu neh¬
men, und ſie auf mein pochendes Herz zu
legen. — Ich weiß nicht, ob andre Men¬
ſchen ſchon ſo empfunden haben wie ich, —
ob es ſchon andern gegönnt war, durch die
Liebe einen ſo ſchönen Weg zur Anbetung
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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/61>, abgerufen am 22.11.2024.
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