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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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oder daß sein Vater der ältesten nicht hin¬
reichend Geld zur Wirthschaft geben konnte,
oder der Vater von einem recht elenden,
jammervollen Kranken erzählte, oder daß ei¬
ne alte, ganz krummgebückte Bettelfrau an
die Thür kam, die sich in ihren Lumpen vor
dem Winterfrost nicht schützen konnte; --
ach! es giebt in der Welt keine so entsetzlich
bittere, so herzdurchschneidende Empfindung,
als von der Joseph alsdann zerrissen ward.
Er dachte: "Lieber Gott! ist denn das die
Welt wie sie ist? und ist es denn Dein Wille,
daß ich mich so unter das Gedränge des
Haufens mischen, und an dem gemeinen
Elend Antheil nehmen soll? Und doch sieht
es so aus, und mein Vater predigt es im¬
mer, daß es die Pflicht und Bestimmung
des Menschen sey, sich darunter zu mischen,
und Rath und Allmosen zu geben, und ekel¬
hafte Wunden zu verbinden und, häßliche

oder daß ſein Vater der älteſten nicht hin¬
reichend Geld zur Wirthſchaft geben konnte,
oder der Vater von einem recht elenden,
jammervollen Kranken erzählte, oder daß ei¬
ne alte, ganz krummgebückte Bettelfrau an
die Thür kam, die ſich in ihren Lumpen vor
dem Winterfroſt nicht ſchützen konnte; —
ach! es giebt in der Welt keine ſo entſetzlich
bittere, ſo herzdurchſchneidende Empfindung,
als von der Joſeph alsdann zerriſſen ward.
Er dachte: »Lieber Gott! iſt denn das die
Welt wie ſie iſt? und iſt es denn Dein Wille,
daß ich mich ſo unter das Gedränge des
Haufens miſchen, und an dem gemeinen
Elend Antheil nehmen ſoll? Und doch ſieht
es ſo aus, und mein Vater predigt es im¬
mer, daß es die Pflicht und Beſtimmung
des Menſchen ſey, ſich darunter zu miſchen,
und Rath und Allmoſen zu geben, und ekel¬
hafte Wunden zu verbinden und, häßliche

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[246/0254] oder daß ſein Vater der älteſten nicht hin¬ reichend Geld zur Wirthſchaft geben konnte, oder der Vater von einem recht elenden, jammervollen Kranken erzählte, oder daß ei¬ ne alte, ganz krummgebückte Bettelfrau an die Thür kam, die ſich in ihren Lumpen vor dem Winterfroſt nicht ſchützen konnte; — ach! es giebt in der Welt keine ſo entſetzlich bittere, ſo herzdurchſchneidende Empfindung, als von der Joſeph alsdann zerriſſen ward. Er dachte: »Lieber Gott! iſt denn das die Welt wie ſie iſt? und iſt es denn Dein Wille, daß ich mich ſo unter das Gedränge des Haufens miſchen, und an dem gemeinen Elend Antheil nehmen ſoll? Und doch ſieht es ſo aus, und mein Vater predigt es im¬ mer, daß es die Pflicht und Beſtimmung des Menſchen ſey, ſich darunter zu miſchen, und Rath und Allmoſen zu geben, und ekel¬ hafte Wunden zu verbinden und, häßliche

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/254>, abgerufen am 25.11.2024.