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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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tastereyen verfolgt. Er quälte sich bey der
großen körperlichen Schwäche und allem
Elend des Alters dennoch immer für sich al¬
lein, und wies alle Gesellschaft und mitlei¬
dige Hülfe ungestüm von sich. Dann wollte
er noch arbeiten, und konnte doch nicht,
weil ihm die Hände gelähmt waren und be¬
ständig zitterten; dann kam er in die äußerste
Bosheit, und wollte seinen Händen Gewalt
anthun; aber indem er so ergrimmt für sich
murmelte, fiel ihm wieder der Mahlerstock
oder gar der Pinsel auf die Erde, daß es
ein Jammer anzusehen war. Er konnte sich
mit dem Schatten zanken, und über eine
Fliege in Zorn gerathen. Daß er seinem
Ende nahe wäre, wollte er noch immer nicht
glauben. Er redete sehr viel davon, was es
für ein Elend sey, wenn eine langsame
Krankheit mit tausend Martern den Körper
recht nach und nach aufzehre, daß ein Bluts¬

taſtereyen verfolgt. Er quälte ſich bey der
großen körperlichen Schwäche und allem
Elend des Alters dennoch immer für ſich al¬
lein, und wies alle Geſellſchaft und mitlei¬
dige Hülfe ungeſtüm von ſich. Dann wollte
er noch arbeiten, und konnte doch nicht,
weil ihm die Hände gelähmt waren und be¬
ſtändig zitterten; dann kam er in die äußerſte
Bosheit, und wollte ſeinen Händen Gewalt
anthun; aber indem er ſo ergrimmt für ſich
murmelte, fiel ihm wieder der Mahlerſtock
oder gar der Pinſel auf die Erde, daß es
ein Jammer anzuſehen war. Er konnte ſich
mit dem Schatten zanken, und über eine
Fliege in Zorn gerathen. Daß er ſeinem
Ende nahe wäre, wollte er noch immer nicht
glauben. Er redete ſehr viel davon, was es
für ein Elend ſey, wenn eine langſame
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[152/0160] taſtereyen verfolgt. Er quälte ſich bey der großen körperlichen Schwäche und allem Elend des Alters dennoch immer für ſich al¬ lein, und wies alle Geſellſchaft und mitlei¬ dige Hülfe ungeſtüm von ſich. Dann wollte er noch arbeiten, und konnte doch nicht, weil ihm die Hände gelähmt waren und be¬ ſtändig zitterten; dann kam er in die äußerſte Bosheit, und wollte ſeinen Händen Gewalt anthun; aber indem er ſo ergrimmt für ſich murmelte, fiel ihm wieder der Mahlerſtock oder gar der Pinſel auf die Erde, daß es ein Jammer anzuſehen war. Er konnte ſich mit dem Schatten zanken, und über eine Fliege in Zorn gerathen. Daß er ſeinem Ende nahe wäre, wollte er noch immer nicht glauben. Er redete ſehr viel davon, was es für ein Elend ſey, wenn eine langſame Krankheit mit tauſend Martern den Körper recht nach und nach aufzehre, daß ein Bluts¬

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/160>, abgerufen am 23.11.2024.