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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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Sense bewaffnet, zu deren Füßen lauter
Särge aus dem Wagen herumstanden. Aber
der langsame Zug hielt an:-- und bey dem
dumpfen Dröhnen von seltsamen Hörnern,
deren banger, schauerlicher Ton Mark und
Gebein durchzitterte, -- und bey dem zau¬
berhaften Schein entfernter Fackeln, -- stie¬
gen, -- wobey alles Volk von einem stillen
Grauen ergriffen ward, -- aus den sich öff¬
nenden Särgen, langsam, weiße Gerippe
mit halbem Leibe hervor, setzten sich auf den
Sarg, und erfüllten die Luft mit einem fin¬
stern, hohlen Gesange, der, von den Hör¬
nertönen durchmischt, das Blut in den Adern
gerinnen machte. Sie sangen darin von
den Schrecknissen des Todes, und daß alle,
die jetzt lebendig sie anschauten, bald auch
solche Knochengestalten seyn würden, wie sie.
Rings um den Wagen herum, und hinter
dem Wagen, drängte sich ein großer, ver¬

Senſe bewaffnet, zu deren Füßen lauter
Särge aus dem Wagen herumſtanden. Aber
der langſame Zug hielt an:— und bey dem
dumpfen Dröhnen von ſeltſamen Hörnern,
deren banger, ſchauerlicher Ton Mark und
Gebein durchzitterte, — und bey dem zau¬
berhaften Schein entfernter Fackeln, — ſtie¬
gen, — wobey alles Volk von einem ſtillen
Grauen ergriffen ward, — aus den ſich öff¬
nenden Särgen, langſam, weiße Gerippe
mit halbem Leibe hervor, ſetzten ſich auf den
Sarg, und erfüllten die Luft mit einem fin¬
ſtern, hohlen Geſange, der, von den Hör¬
nertönen durchmiſcht, das Blut in den Adern
gerinnen machte. Sie ſangen darin von
den Schreckniſſen des Todes, und daß alle,
die jetzt lebendig ſie anſchauten, bald auch
ſolche Knochengeſtalten ſeyn würden, wie ſie.
Rings um den Wagen herum, und hinter
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[149/0157] Senſe bewaffnet, zu deren Füßen lauter Särge aus dem Wagen herumſtanden. Aber der langſame Zug hielt an:— und bey dem dumpfen Dröhnen von ſeltſamen Hörnern, deren banger, ſchauerlicher Ton Mark und Gebein durchzitterte, — und bey dem zau¬ berhaften Schein entfernter Fackeln, — ſtie¬ gen, — wobey alles Volk von einem ſtillen Grauen ergriffen ward, — aus den ſich öff¬ nenden Särgen, langſam, weiße Gerippe mit halbem Leibe hervor, ſetzten ſich auf den Sarg, und erfüllten die Luft mit einem fin¬ ſtern, hohlen Geſange, der, von den Hör¬ nertönen durchmiſcht, das Blut in den Adern gerinnen machte. Sie ſangen darin von den Schreckniſſen des Todes, und daß alle, die jetzt lebendig ſie anſchauten, bald auch ſolche Knochengeſtalten ſeyn würden, wie ſie. Rings um den Wagen herum, und hinter dem Wagen, drängte ſich ein großer, ver¬

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/157>, abgerufen am 23.11.2024.