Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Odüßee.
Lauteren Wein in die Asche, und sammelten, edler Achilleus,
Deine weißen Gebeine, mit zwiefachem Fette bedeckend.
Aber die Mutter brachte die goldne gehenkelte Urne,
Dionüsos Geschenk, und ein Werk des berühmten Häfaistos. 75
Hierin ruht dein weißes Gebein, ruhmvoller Achilleus,
Mit dem Gebeine vermischt des Menötiaden Patroklos,
Und gesondert die Asche Antilochos, den du vor allen
Anderen Freunden ehrtest, nach deinem geliebten Patroklos.
Und das heilige Heer der sieggewohnten Achaier 80
Häufte darüber ein großes und weitbewundertes Denkmal
Auf der Spize des Landes am breiten Helläspontos, V. 82.
Daß es fern im Meere vorüberschiffende Männer
Sähen, die jezo leben, und spät in kommenden Jahren.
Aber die Mutter bracht' auf den Kampfplaz köstliche Preise, 85
Von den Göttern erfleht, für die Tapfersten aller Achaier.
Schon bei vieler Helden Begräbniß warst du zugegen,
Sahst die Jünglinge oft am Ehrenhügel des Königs
Zum Wettkampfe sich gürten um manches schimmernde Kleinod;
Dennoch hättest du dort mit tiefem Erstaunen betrachtet, 90
Welche köstliche Preise die silberfüßige Thetis
Dir zu Ehren gesezt: denn du warst ein Liebling der Götter!
Also erlosch auch im Tode nicht dein Gedächtniß, und ewig
Glänzet bei allen Menschen dein großer Namen, Achilleus.
Aber was frommte mir des rühmlichen Krieges Vollendung? 95
Selbst bei der Heimkehr weihte mich Zeus dem schrecklichsten Tode

V. 82. Man betrachtete den Hellespont nicht als eine Meerenge, sondern
als einen breiten Fluß.

Oduͤßee.
Lauteren Wein in die Aſche, und ſammelten, edler Achilleus,
Deine weißen Gebeine, mit zwiefachem Fette bedeckend.
Aber die Mutter brachte die goldne gehenkelte Urne,
Dionuͤſos Geſchenk, und ein Werk des beruͤhmten Haͤfaiſtos. 75
Hierin ruht dein weißes Gebein, ruhmvoller Achilleus,
Mit dem Gebeine vermiſcht des Menoͤtiaden Patroklos,
Und geſondert die Aſche Antilochos, den du vor allen
Anderen Freunden ehrteſt, nach deinem geliebten Patroklos.
Und das heilige Heer der ſieggewohnten Achaier 80
Haͤufte daruͤber ein großes und weitbewundertes Denkmal
Auf der Spize des Landes am breiten Hellaͤspontos, V. 82.
Daß es fern im Meere voruͤberſchiffende Maͤnner
Saͤhen, die jezo leben, und ſpaͤt in kommenden Jahren.
Aber die Mutter bracht' auf den Kampfplaz koͤſtliche Preiſe, 85
Von den Goͤttern erfleht, fuͤr die Tapferſten aller Achaier.
Schon bei vieler Helden Begraͤbniß warſt du zugegen,
Sahſt die Juͤnglinge oft am Ehrenhuͤgel des Koͤnigs
Zum Wettkampfe ſich guͤrten um manches ſchimmernde Kleinod;
Dennoch haͤtteſt du dort mit tiefem Erſtaunen betrachtet, 90
Welche koͤſtliche Preiſe die ſilberfuͤßige Thetis
Dir zu Ehren geſezt: denn du warſt ein Liebling der Goͤtter!
Alſo erloſch auch im Tode nicht dein Gedaͤchtniß, und ewig
Glaͤnzet bei allen Menſchen dein großer Namen, Achilleus.
Aber was frommte mir des ruͤhmlichen Krieges Vollendung? 95
Selbſt bei der Heimkehr weihte mich Zeus dem ſchrecklichſten Tode

V. 82. Man betrachtete den Hellespont nicht als eine Meerenge, ſondern
als einen breiten Fluß.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0458" n="452"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Odu&#x0364;ßee.</hi></fw><lb/>
Lauteren Wein in die A&#x017F;che, und &#x017F;ammelten, edler Achilleus,<lb/>
Deine weißen Gebeine, mit zwiefachem Fette bedeckend.<lb/>
Aber die Mutter brachte die goldne gehenkelte Urne,<lb/>
Dionu&#x0364;&#x017F;os Ge&#x017F;chenk, und ein Werk des beru&#x0364;hmten Ha&#x0364;fai&#x017F;tos. <note place="right">75</note><lb/>
Hierin ruht dein weißes Gebein, ruhmvoller Achilleus,<lb/>
Mit dem Gebeine vermi&#x017F;cht des Meno&#x0364;tiaden Patroklos,<lb/>
Und ge&#x017F;ondert die A&#x017F;che Antilochos, den du vor allen<lb/>
Anderen Freunden ehrte&#x017F;t, nach deinem geliebten Patroklos.<lb/>
Und das heilige Heer der &#x017F;ieggewohnten Achaier <note place="right">80</note><lb/>
Ha&#x0364;ufte daru&#x0364;ber ein großes und weitbewundertes Denkmal<lb/>
Auf der Spize des Landes am breiten Hella&#x0364;spontos, <note place="foot" n="V. 82.">Man betrachtete den Hellespont nicht als eine Meerenge, &#x017F;ondern<lb/>
als einen breiten Fluß.</note><lb/>
Daß es fern im Meere voru&#x0364;ber&#x017F;chiffende Ma&#x0364;nner<lb/>
Sa&#x0364;hen, die jezo leben, und &#x017F;pa&#x0364;t in kommenden Jahren.<lb/>
Aber die Mutter bracht' auf den Kampfplaz ko&#x0364;&#x017F;tliche Prei&#x017F;e, <note place="right">85</note><lb/>
Von den Go&#x0364;ttern erfleht, fu&#x0364;r die Tapfer&#x017F;ten aller Achaier.<lb/>
Schon bei vieler Helden Begra&#x0364;bniß war&#x017F;t du zugegen,<lb/>
Sah&#x017F;t die Ju&#x0364;nglinge oft am Ehrenhu&#x0364;gel des Ko&#x0364;nigs<lb/>
Zum Wettkampfe &#x017F;ich gu&#x0364;rten um manches &#x017F;chimmernde Kleinod;<lb/>
Dennoch ha&#x0364;tte&#x017F;t du dort mit tiefem Er&#x017F;taunen betrachtet, <note place="right">90</note><lb/>
Welche ko&#x0364;&#x017F;tliche Prei&#x017F;e die &#x017F;ilberfu&#x0364;ßige Thetis<lb/>
Dir zu Ehren ge&#x017F;ezt: denn du war&#x017F;t ein Liebling der Go&#x0364;tter!<lb/>
Al&#x017F;o erlo&#x017F;ch auch im Tode nicht dein Geda&#x0364;chtniß, und ewig<lb/>
Gla&#x0364;nzet bei allen Men&#x017F;chen dein großer Namen, Achilleus.<lb/>
Aber was frommte mir des ru&#x0364;hmlichen Krieges Vollendung? <note place="right">95</note><lb/>
Selb&#x017F;t bei der Heimkehr weihte mich Zeus dem &#x017F;chrecklich&#x017F;ten Tode<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[452/0458] Oduͤßee. Lauteren Wein in die Aſche, und ſammelten, edler Achilleus, Deine weißen Gebeine, mit zwiefachem Fette bedeckend. Aber die Mutter brachte die goldne gehenkelte Urne, Dionuͤſos Geſchenk, und ein Werk des beruͤhmten Haͤfaiſtos. Hierin ruht dein weißes Gebein, ruhmvoller Achilleus, Mit dem Gebeine vermiſcht des Menoͤtiaden Patroklos, Und geſondert die Aſche Antilochos, den du vor allen Anderen Freunden ehrteſt, nach deinem geliebten Patroklos. Und das heilige Heer der ſieggewohnten Achaier Haͤufte daruͤber ein großes und weitbewundertes Denkmal Auf der Spize des Landes am breiten Hellaͤspontos, V. 82. Daß es fern im Meere voruͤberſchiffende Maͤnner Saͤhen, die jezo leben, und ſpaͤt in kommenden Jahren. Aber die Mutter bracht' auf den Kampfplaz koͤſtliche Preiſe, Von den Goͤttern erfleht, fuͤr die Tapferſten aller Achaier. Schon bei vieler Helden Begraͤbniß warſt du zugegen, Sahſt die Juͤnglinge oft am Ehrenhuͤgel des Koͤnigs Zum Wettkampfe ſich guͤrten um manches ſchimmernde Kleinod; Dennoch haͤtteſt du dort mit tiefem Erſtaunen betrachtet, Welche koͤſtliche Preiſe die ſilberfuͤßige Thetis Dir zu Ehren geſezt: denn du warſt ein Liebling der Goͤtter! Alſo erloſch auch im Tode nicht dein Gedaͤchtniß, und ewig Glaͤnzet bei allen Menſchen dein großer Namen, Achilleus. Aber was frommte mir des ruͤhmlichen Krieges Vollendung? Selbſt bei der Heimkehr weihte mich Zeus dem ſchrecklichſten Tode 75 80 85 90 95 V. 82. Man betrachtete den Hellespont nicht als eine Meerenge, ſondern als einen breiten Fluß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/458
Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/458>, abgerufen am 16.05.2024.