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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Funfzehnter Gesang.
Eines von diesen nahm die Königin unter den Weibern, 105
Welches das größeste war und reichste an künstlicher Arbeit:
Hell wie ein Stern, so stralt' es, und lag von allen zu unterst.
Und sie gingen zurück durch die Wohnungen, bis sie Odüßeus
Sohn erreichten; da sprach Menelaos der bräunlichgelockte:

Deine Heimkehr laße, Tälemachos, wie du sie wünschest, 110
Zeus Kronion gelingen, der donnernde Gatte der Härä;
Von den Schäzen, soviel ich in meinem Hause bewahre,
Geb' ich dir zum Geschenk das schönste und köstlichste Kleinod:
Gebe dir einen Kelch von künstlicherhobener Arbeit,
Aus geglättetem Silber, gefaßt mit goldenem Rande, 115
Und ein Werk von Häfaistos! Ihn gab der Sidonier König
Faidimos mir, der Held, der einst in seinem Palaste
Mich heimkehrenden pflegte. Den will ich jezo dir schenken.

Also sprach er, und reichte, der Held Menelaos Atreidäs,
Ihm den doppelten Becher. Sein tapferer Sohn Megapenthäs 120
Trug den schimmernden Kelch von lauterem Silber, und sezt' ihn
Nieder vor ihm. Auch Helena kam, das Gewand in den Händen,
Und holdselig begann die rosenwangichte Fürstin:

Dieses Geschenk will ich, mein liebes Kind, dir verehren,
Zum Andenken von Helena's Hand. Bei der lieblichen Hochzeit 125
Trag' es deine Gemahlin; bis dahin lieg' es im Hause
Deiner geliebten Mutter. Du aber kehre mit Frieden
In dein prächtiges Haus und deiner Väter Gefilde.

Also sprach sie, und reicht' es ihm hin; und freudig empfing ers.
Jezo legte der Held Peisistratos alle Geschenke 130
Nieder im Wagenkorb, und bewunderte jedes im Herzen.

Und sie führt' in den Saal Menelaos der bräunlichgelockte;

Funfzehnter Geſang.
Eines von dieſen nahm die Koͤnigin unter den Weibern, 105
Welches das groͤßeſte war und reichſte an kuͤnſtlicher Arbeit:
Hell wie ein Stern, ſo ſtralt' es, und lag von allen zu unterſt.
Und ſie gingen zuruͤck durch die Wohnungen, bis ſie Oduͤßeus
Sohn erreichten; da ſprach Menelaos der braͤunlichgelockte:

Deine Heimkehr laße, Taͤlemachos, wie du ſie wuͤnſcheſt, 110
Zeus Kronion gelingen, der donnernde Gatte der Haͤraͤ;
Von den Schaͤzen, ſoviel ich in meinem Hauſe bewahre,
Geb' ich dir zum Geſchenk das ſchoͤnſte und koͤſtlichſte Kleinod:
Gebe dir einen Kelch von kuͤnſtlicherhobener Arbeit,
Aus geglaͤttetem Silber, gefaßt mit goldenem Rande, 115
Und ein Werk von Haͤfaiſtos! Ihn gab der Sidonier Koͤnig
Faidimos mir, der Held, der einſt in ſeinem Palaſte
Mich heimkehrenden pflegte. Den will ich jezo dir ſchenken.

Alſo ſprach er, und reichte, der Held Menelaos Atreidaͤs,
Ihm den doppelten Becher. Sein tapferer Sohn Megapenthaͤs 120
Trug den ſchimmernden Kelch von lauterem Silber, und ſezt' ihn
Nieder vor ihm. Auch Helena kam, das Gewand in den Haͤnden,
Und holdſelig begann die roſenwangichte Fuͤrſtin:

Dieſes Geſchenk will ich, mein liebes Kind, dir verehren,
Zum Andenken von Helena's Hand. Bei der lieblichen Hochzeit 125
Trag' es deine Gemahlin; bis dahin lieg' es im Hauſe
Deiner geliebten Mutter. Du aber kehre mit Frieden
In dein praͤchtiges Haus und deiner Vaͤter Gefilde.

Alſo ſprach ſie, und reicht' es ihm hin; und freudig empfing ers.
Jezo legte der Held Peiſiſtratos alle Geſchenke 130
Nieder im Wagenkorb, und bewunderte jedes im Herzen.

Und ſie fuͤhrt' in den Saal Menelaos der braͤunlichgelockte;

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[287/0293] Funfzehnter Geſang. Eines von dieſen nahm die Koͤnigin unter den Weibern, Welches das groͤßeſte war und reichſte an kuͤnſtlicher Arbeit: Hell wie ein Stern, ſo ſtralt' es, und lag von allen zu unterſt. Und ſie gingen zuruͤck durch die Wohnungen, bis ſie Oduͤßeus Sohn erreichten; da ſprach Menelaos der braͤunlichgelockte: 105 Deine Heimkehr laße, Taͤlemachos, wie du ſie wuͤnſcheſt, Zeus Kronion gelingen, der donnernde Gatte der Haͤraͤ; Von den Schaͤzen, ſoviel ich in meinem Hauſe bewahre, Geb' ich dir zum Geſchenk das ſchoͤnſte und koͤſtlichſte Kleinod: Gebe dir einen Kelch von kuͤnſtlicherhobener Arbeit, Aus geglaͤttetem Silber, gefaßt mit goldenem Rande, Und ein Werk von Haͤfaiſtos! Ihn gab der Sidonier Koͤnig Faidimos mir, der Held, der einſt in ſeinem Palaſte Mich heimkehrenden pflegte. Den will ich jezo dir ſchenken. 110 115 Alſo ſprach er, und reichte, der Held Menelaos Atreidaͤs, Ihm den doppelten Becher. Sein tapferer Sohn Megapenthaͤs Trug den ſchimmernden Kelch von lauterem Silber, und ſezt' ihn Nieder vor ihm. Auch Helena kam, das Gewand in den Haͤnden, Und holdſelig begann die roſenwangichte Fuͤrſtin: 120 Dieſes Geſchenk will ich, mein liebes Kind, dir verehren, Zum Andenken von Helena's Hand. Bei der lieblichen Hochzeit Trag' es deine Gemahlin; bis dahin lieg' es im Hauſe Deiner geliebten Mutter. Du aber kehre mit Frieden In dein praͤchtiges Haus und deiner Vaͤter Gefilde. 125 Alſo ſprach ſie, und reicht' es ihm hin; und freudig empfing ers. Jezo legte der Held Peiſiſtratos alle Geſchenke Nieder im Wagenkorb, und bewunderte jedes im Herzen. 130 Und ſie fuͤhrt' in den Saal Menelaos der braͤunlichgelockte;

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/293>, abgerufen am 22.07.2024.