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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Zwölfter Gesang.

Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Götter!
Ach! ihr habt mir zum Fluche den grausamen Schlummer gesendet,
Daß die Gefährten indeß den entsezlichen Frevel verübten!

Und Lampetia stieg zu Hälios leuchtendem Size
Schnell mit der Botschaft empor, daß jene die Rinder getödtet; 375
Dieser entbrannte vor Zorn, und sprach zu den ewigen Göttern:

Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Götter,
Rächt mich an den Gefährten Odüßeus, des Sohnes Laertäs,
Welche mir übermütig die Rinder getödtet, die Freude
Meiner Tage, so oft ich den sternichten Himmel hinanstieg, 380
Oder wieder hinab vom Himmel zur Erde mich wandte!
Büßen die Frevler mir nicht vollgültige Buße des Raubes;
Steig' ich hinab in Aidäs Reich, und leuchte den Todten!

Ihm antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion:
Hälios, leuchte forthin den unsterblichen Göttern des Himmels, 385
Und den sterblichen Menschen auf lebenschenkender Erde.
Bald will ich jenen das rüstige Schiff mit dem flammenden Donner,
Mitten im dunkeln Meer, in kleine Trümmer zerschmettern!

Dieses erfuhr ich hernach von der schöngelockten Kalüpso,
Die es selbst von Hermeias, dem Göttergesandten, erfahren. 390

Als ich jezo das Schiff und des Meeres Ufer erreichte,
Schalt ich die Mißethäter vom ersten zum lezten; doch nirgends
Fand ich Rettung für uns, die Rinder lagen schon todt da.
Bald erschienen darauf die schrecklichen Zeichen der Götter:
Ringsum krochen die Häute, es brüllte das Fleisch an den Spießen, 395
Rohes zugleich und gebratnes, und laut wie Rindergebrüll scholls.
Und sechs Tage schwelgten die unglückseligen Freunde
Von den beßten Rindern des hohen Sonnenbeherschers.

Zwoͤlfter Geſang.

Vater Zeus, und ihr andern, unſterbliche ſelige Goͤtter!
Ach! ihr habt mir zum Fluche den grauſamen Schlummer geſendet,
Daß die Gefaͤhrten indeß den entſezlichen Frevel veruͤbten!

Und Lampetia ſtieg zu Haͤlios leuchtendem Size
Schnell mit der Botſchaft empor, daß jene die Rinder getoͤdtet; 375
Dieſer entbrannte vor Zorn, und ſprach zu den ewigen Goͤttern:

Vater Zeus, und ihr andern, unſterbliche ſelige Goͤtter,
Raͤcht mich an den Gefaͤhrten Oduͤßeus, des Sohnes Laertaͤs,
Welche mir uͤbermuͤtig die Rinder getoͤdtet, die Freude
Meiner Tage, ſo oft ich den ſternichten Himmel hinanſtieg, 380
Oder wieder hinab vom Himmel zur Erde mich wandte!
Buͤßen die Frevler mir nicht vollguͤltige Buße des Raubes;
Steig' ich hinab in Aïdaͤs Reich, und leuchte den Todten!

Ihm antwortete drauf der Wolkenverſammler Kronion:
Haͤlios, leuchte forthin den unſterblichen Goͤttern des Himmels, 385
Und den ſterblichen Menſchen auf lebenſchenkender Erde.
Bald will ich jenen das ruͤſtige Schiff mit dem flammenden Donner,
Mitten im dunkeln Meer, in kleine Truͤmmer zerſchmettern!

Dieſes erfuhr ich hernach von der ſchoͤngelockten Kaluͤpſo,
Die es ſelbſt von Hermeias, dem Goͤttergeſandten, erfahren. 390

Als ich jezo das Schiff und des Meeres Ufer erreichte,
Schalt ich die Mißethaͤter vom erſten zum lezten; doch nirgends
Fand ich Rettung fuͤr uns, die Rinder lagen ſchon todt da.
Bald erſchienen darauf die ſchrecklichen Zeichen der Goͤtter:
Ringsum krochen die Haͤute, es bruͤllte das Fleiſch an den Spießen, 395
Rohes zugleich und gebratnes, und laut wie Rindergebruͤll ſcholls.
Und ſechs Tage ſchwelgten die ungluͤckſeligen Freunde
Von den beßten Rindern des hohen Sonnenbeherſchers.

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[243/0249] Zwoͤlfter Geſang. Vater Zeus, und ihr andern, unſterbliche ſelige Goͤtter! Ach! ihr habt mir zum Fluche den grauſamen Schlummer geſendet, Daß die Gefaͤhrten indeß den entſezlichen Frevel veruͤbten! Und Lampetia ſtieg zu Haͤlios leuchtendem Size Schnell mit der Botſchaft empor, daß jene die Rinder getoͤdtet; Dieſer entbrannte vor Zorn, und ſprach zu den ewigen Goͤttern: 375 Vater Zeus, und ihr andern, unſterbliche ſelige Goͤtter, Raͤcht mich an den Gefaͤhrten Oduͤßeus, des Sohnes Laertaͤs, Welche mir uͤbermuͤtig die Rinder getoͤdtet, die Freude Meiner Tage, ſo oft ich den ſternichten Himmel hinanſtieg, Oder wieder hinab vom Himmel zur Erde mich wandte! Buͤßen die Frevler mir nicht vollguͤltige Buße des Raubes; Steig' ich hinab in Aïdaͤs Reich, und leuchte den Todten! 380 Ihm antwortete drauf der Wolkenverſammler Kronion: Haͤlios, leuchte forthin den unſterblichen Goͤttern des Himmels, Und den ſterblichen Menſchen auf lebenſchenkender Erde. Bald will ich jenen das ruͤſtige Schiff mit dem flammenden Donner, Mitten im dunkeln Meer, in kleine Truͤmmer zerſchmettern! 385 Dieſes erfuhr ich hernach von der ſchoͤngelockten Kaluͤpſo, Die es ſelbſt von Hermeias, dem Goͤttergeſandten, erfahren. 390 Als ich jezo das Schiff und des Meeres Ufer erreichte, Schalt ich die Mißethaͤter vom erſten zum lezten; doch nirgends Fand ich Rettung fuͤr uns, die Rinder lagen ſchon todt da. Bald erſchienen darauf die ſchrecklichen Zeichen der Goͤtter: Ringsum krochen die Haͤute, es bruͤllte das Fleiſch an den Spießen, Rohes zugleich und gebratnes, und laut wie Rindergebruͤll ſcholls. Und ſechs Tage ſchwelgten die ungluͤckſeligen Freunde Von den beßten Rindern des hohen Sonnenbeherſchers. 395

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/249>, abgerufen am 21.11.2024.