Und zerhaute die Seile des blaugeschnäbelten Schiffes. Dann ermahnt' ich und trieb aufs äußerste meine Genoßen, Hurtig die Ruder zu regen, daß wir dem Verderben entrönnen; Keuchend schlugen sie alle die Flut, aus Furcht vor dem Tode. 130 Aber glücklich enteilte mein Schiff von den hangenden Klippen Ueber das Meer; die andern versanken dort all' in den Abgrund. Also steuerten wir mit trauriger Seele von dannen, Froh der bestandnen Gefahr, doch ohne die lieben Gefährten.
Und wir kamen zur Insel Aiaia. V. 135. Diese bewohnte 135 Kirkä, die schöngelockte, die hehre melodische Göttin, Eine leibliche Schwester des allerfahrnen Aiätäs. Beide stammten vom Gotte der menschenerleuchtenden Sonne; Ihre Mutter war Perfä, des großen Okeanos Tochter. V. 139. Alda liefen wir still mit unserm Schiff' ans Gestade 140 In die schirmende Bucht; ein Gott war unser Geleiter. Und wir stiegen ans Land, wo wir zween Tag' und zwo Nächte Ruhten, zugleich von der Arbeit und von dem Kummer entkräftet. Als nun die Morgenröthe des dritten Tages emporstieg, Nahm ich die Lanz' in die Hand, und hängte das Schwert um die Schulter, 145 Eilte vom Schiff, und bestieg den Hügel, ob ich vielleicht wo Spuren von Menschen erblickte, und ihre Stimme vernähme. Als ich jezt von der Höhe des schroffen Felsen umhersah, Kam es mir vor, daß Rauch von der weitumwanderten Erde Hinter dem dicken Gebüsch aus Kirkäs Wohnung emporstieg. 150
V. 135. Aiaia lag, nach Homers Meinung, unter der Mitte Italiens, das sich von der sizilischen Meerenge zwei Tagereisen gegen Südwest bis zur Mündung des Ozeans erstreckte.
V. 139. Aiätäs, König in Kolchis.
Oduͤßee.
Und zerhaute die Seile des blaugeſchnaͤbelten Schiffes. Dann ermahnt' ich und trieb aufs aͤußerſte meine Genoßen, Hurtig die Ruder zu regen, daß wir dem Verderben entroͤnnen; Keuchend ſchlugen ſie alle die Flut, aus Furcht vor dem Tode. 130 Aber gluͤcklich enteilte mein Schiff von den hangenden Klippen Ueber das Meer; die andern verſanken dort all' in den Abgrund. Alſo ſteuerten wir mit trauriger Seele von dannen, Froh der beſtandnen Gefahr, doch ohne die lieben Gefaͤhrten.
Und wir kamen zur Inſel Aiaia. V. 135. Dieſe bewohnte 135 Kirkaͤ, die ſchoͤngelockte, die hehre melodiſche Goͤttin, Eine leibliche Schweſter des allerfahrnen Aiaͤtaͤs. Beide ſtammten vom Gotte der menſchenerleuchtenden Sonne; Ihre Mutter war Perfaͤ, des großen Okeanos Tochter. V. 139. Alda liefen wir ſtill mit unſerm Schiff' ans Geſtade 140 In die ſchirmende Bucht; ein Gott war unſer Geleiter. Und wir ſtiegen ans Land, wo wir zween Tag' und zwo Naͤchte Ruhten, zugleich von der Arbeit und von dem Kummer entkraͤftet. Als nun die Morgenroͤthe des dritten Tages emporſtieg, Nahm ich die Lanz' in die Hand, und haͤngte das Schwert um die Schulter, 145 Eilte vom Schiff, und beſtieg den Huͤgel, ob ich vielleicht wo Spuren von Menſchen erblickte, und ihre Stimme vernaͤhme. Als ich jezt von der Hoͤhe des ſchroffen Felſen umherſah, Kam es mir vor, daß Rauch von der weitumwanderten Erde Hinter dem dicken Gebuͤſch aus Kirkaͤs Wohnung emporſtieg. 150
V. 135. Aiaia lag, nach Homers Meinung, unter der Mitte Italiens, das ſich von der ſiziliſchen Meerenge zwei Tagereiſen gegen Suͤdweſt bis zur Muͤndung des Ozeans erſtreckte.
V. 139. Aiaͤtaͤs, Koͤnig in Kolchis.
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Oduͤßee.
Und zerhaute die Seile des blaugeſchnaͤbelten Schiffes.
Dann ermahnt' ich und trieb aufs aͤußerſte meine Genoßen,
Hurtig die Ruder zu regen, daß wir dem Verderben entroͤnnen;
Keuchend ſchlugen ſie alle die Flut, aus Furcht vor dem Tode.
Aber gluͤcklich enteilte mein Schiff von den hangenden Klippen
Ueber das Meer; die andern verſanken dort all' in den Abgrund.
Alſo ſteuerten wir mit trauriger Seele von dannen,
Froh der beſtandnen Gefahr, doch ohne die lieben Gefaͤhrten.
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Und wir kamen zur Inſel Aiaia. V. 135. Dieſe bewohnte
Kirkaͤ, die ſchoͤngelockte, die hehre melodiſche Goͤttin,
Eine leibliche Schweſter des allerfahrnen Aiaͤtaͤs.
Beide ſtammten vom Gotte der menſchenerleuchtenden Sonne;
Ihre Mutter war Perfaͤ, des großen Okeanos Tochter. V. 139.
Alda liefen wir ſtill mit unſerm Schiff' ans Geſtade
In die ſchirmende Bucht; ein Gott war unſer Geleiter.
Und wir ſtiegen ans Land, wo wir zween Tag' und zwo Naͤchte
Ruhten, zugleich von der Arbeit und von dem Kummer entkraͤftet.
Als nun die Morgenroͤthe des dritten Tages emporſtieg,
Nahm ich die Lanz' in die Hand, und haͤngte das Schwert um die Schulter,
Eilte vom Schiff, und beſtieg den Huͤgel, ob ich vielleicht wo
Spuren von Menſchen erblickte, und ihre Stimme vernaͤhme.
Als ich jezt von der Hoͤhe des ſchroffen Felſen umherſah,
Kam es mir vor, daß Rauch von der weitumwanderten Erde
Hinter dem dicken Gebuͤſch aus Kirkaͤs Wohnung emporſtieg.
135
140
145
150
V. 135. Aiaia lag, nach Homers Meinung, unter der Mitte Italiens, das
ſich von der ſiziliſchen Meerenge zwei Tagereiſen gegen Suͤdweſt bis zur Muͤndung
des Ozeans erſtreckte.
V. 139. Aiaͤtaͤs, Koͤnig in Kolchis.
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/194>, abgerufen am 22.07.2024.
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