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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Neunter Gesang.
Würde mich hier besuchen, mit großer Stärke gerüstet!
Und nun kommt so ein Ding, so ein elender Wicht, so ein Weichling, 515
Und verbrennt mir das Auge, nachdem er mit Wein mich berauschet!
Komm doch her, Odüßeus! Ich will dich herlich bewirten,
Und dir ein sicher Geleit vom hohen Poseidon verschaffen.
Denn ich bin sein Sohn, und rühmend nennt er sich Vater!
Dieser kann mich auch heilen, wenns ihm gelüstet; kein andrer 520
Unter den seligen Göttern, noch unter den sterblichen Menschen!

Also sprach der Küklop; ich gab ihm dieses zur Antwort:
Könnt' ich nur so gewiß auch deines Geistes und Lebens
Dich entledigen, und in die Schattenwohnungen senden,
Als dein Auge selbst der hohe Poseidon nicht heilet! 525

Also sprach ich. Da streckt' er empor zum sternichten Himmel
Seine Händ', und flehte dem Meerbeherscher Poseidon:

Höre mich, Erdumgürter, du bläulichgelockter Poseidon,
Bin ich wirklich dein Sohn, und nennst du rühmend dich Vater!
Gieb, daß Odüßeus, der Sohn Laertäs, der Städteverwüster, 530
Der in Ithaka wohnt, nicht wiederkehre zur Heimat!
Oder ward ihm bestimmt, die Freunde wiederzusehen,
Und sein prächtiges Haus, und seiner Väter Gefilde;
Laß ihn spät, unglücklich, und ohne Gefährten, zur Heimat
Kehren auf fremdem Schiff', und Elend finden im Hause! 535

Also sprach er flehend; ihn hörte der Bläulichgelockte.
Und nun hub er von neuem noch einen größeren Fels auf,
Schwung ihn im Wirbel, und warf mit unermeßlicher Stärke.
Aber er fiel dießeits des blaugeschnäbelten Schiffes
Nieder, und wenig gefehlt, so traf er die Spize des Steuers. 540
Hochauf wogte das Meer von dem stürzenden Felsen; und vorwärts

Neunter Geſang.
Wuͤrde mich hier beſuchen, mit großer Staͤrke geruͤſtet!
Und nun kommt ſo ein Ding, ſo ein elender Wicht, ſo ein Weichling, 515
Und verbrennt mir das Auge, nachdem er mit Wein mich berauſchet!
Komm doch her, Oduͤßeus! Ich will dich herlich bewirten,
Und dir ein ſicher Geleit vom hohen Poſeidon verſchaffen.
Denn ich bin ſein Sohn, und ruͤhmend nennt er ſich Vater!
Dieſer kann mich auch heilen, wenns ihm geluͤſtet; kein andrer 520
Unter den ſeligen Goͤttern, noch unter den ſterblichen Menſchen!

Alſo ſprach der Kuͤklop; ich gab ihm dieſes zur Antwort:
Koͤnnt' ich nur ſo gewiß auch deines Geiſtes und Lebens
Dich entledigen, und in die Schattenwohnungen ſenden,
Als dein Auge ſelbſt der hohe Poſeidon nicht heilet! 525

Alſo ſprach ich. Da ſtreckt' er empor zum ſternichten Himmel
Seine Haͤnd', und flehte dem Meerbeherſcher Poſeidon:

Hoͤre mich, Erdumguͤrter, du blaͤulichgelockter Poſeidon,
Bin ich wirklich dein Sohn, und nennſt du ruͤhmend dich Vater!
Gieb, daß Oduͤßeus, der Sohn Laertaͤs, der Staͤdteverwuͤſter, 530
Der in Ithaka wohnt, nicht wiederkehre zur Heimat!
Oder ward ihm beſtimmt, die Freunde wiederzuſehen,
Und ſein praͤchtiges Haus, und ſeiner Vaͤter Gefilde;
Laß ihn ſpaͤt, ungluͤcklich, und ohne Gefaͤhrten, zur Heimat
Kehren auf fremdem Schiff', und Elend finden im Hauſe! 535

Alſo ſprach er flehend; ihn hoͤrte der Blaͤulichgelockte.
Und nun hub er von neuem noch einen groͤßeren Fels auf,
Schwung ihn im Wirbel, und warf mit unermeßlicher Staͤrke.
Aber er fiel dießeits des blaugeſchnaͤbelten Schiffes
Nieder, und wenig gefehlt, ſo traf er die Spize des Steuers. 540
Hochauf wogte das Meer von dem ſtuͤrzenden Felſen; und vorwaͤrts

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[181/0187] Neunter Geſang. Wuͤrde mich hier beſuchen, mit großer Staͤrke geruͤſtet! Und nun kommt ſo ein Ding, ſo ein elender Wicht, ſo ein Weichling, Und verbrennt mir das Auge, nachdem er mit Wein mich berauſchet! Komm doch her, Oduͤßeus! Ich will dich herlich bewirten, Und dir ein ſicher Geleit vom hohen Poſeidon verſchaffen. Denn ich bin ſein Sohn, und ruͤhmend nennt er ſich Vater! Dieſer kann mich auch heilen, wenns ihm geluͤſtet; kein andrer Unter den ſeligen Goͤttern, noch unter den ſterblichen Menſchen! 515 520 Alſo ſprach der Kuͤklop; ich gab ihm dieſes zur Antwort: Koͤnnt' ich nur ſo gewiß auch deines Geiſtes und Lebens Dich entledigen, und in die Schattenwohnungen ſenden, Als dein Auge ſelbſt der hohe Poſeidon nicht heilet! 525 Alſo ſprach ich. Da ſtreckt' er empor zum ſternichten Himmel Seine Haͤnd', und flehte dem Meerbeherſcher Poſeidon: Hoͤre mich, Erdumguͤrter, du blaͤulichgelockter Poſeidon, Bin ich wirklich dein Sohn, und nennſt du ruͤhmend dich Vater! Gieb, daß Oduͤßeus, der Sohn Laertaͤs, der Staͤdteverwuͤſter, Der in Ithaka wohnt, nicht wiederkehre zur Heimat! Oder ward ihm beſtimmt, die Freunde wiederzuſehen, Und ſein praͤchtiges Haus, und ſeiner Vaͤter Gefilde; Laß ihn ſpaͤt, ungluͤcklich, und ohne Gefaͤhrten, zur Heimat Kehren auf fremdem Schiff', und Elend finden im Hauſe! 530 535 Alſo ſprach er flehend; ihn hoͤrte der Blaͤulichgelockte. Und nun hub er von neuem noch einen groͤßeren Fels auf, Schwung ihn im Wirbel, und warf mit unermeßlicher Staͤrke. Aber er fiel dießeits des blaugeſchnaͤbelten Schiffes Nieder, und wenig gefehlt, ſo traf er die Spize des Steuers. Hochauf wogte das Meer von dem ſtuͤrzenden Felſen; und vorwaͤrts 540

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/187>, abgerufen am 24.11.2024.