Diesen trag' in der hohen Teutonia Tempel. Der Welt nicht, Aber der Nachwelt Dank sei dir Lohn, und über den Sternen Unter Palmen ein Siz zur Seite deines Homäros.
Also sprach er. Da ward mir, als ob mein Leben in Schlummer Sanft hinflöße. Ein Meer von Morgenroth umrauschte Wiegend meinen Geist mit tönenden Harmonien. Als ich endlich gestärkt der sanftumwallenden Kühlung Schaudernd entstieg; da erwacht' ich; und siehe! Hain und Gefilde Grünten wie vor; allein die niedergesunkene Sonne Schien mir unter den Zweigen mit röthlichem Schimmer ins Antliz.
Freudig und ernstvoll ging ich durch thauende Rockengefilde Heim, und erreichte bald die kleine Pforte der Mauer, Wo mir Ernestine mit ausgebreiteten Armen Lächelnd entgegen sprang, und zürnete, daß sie so lange Mir umsonst in der Laube die süßen Kirschen gesparet. "Aber du siehst ja so bleich, mein Lieber! Sage, was fehlt dir?" Sprach sie, und sah mich an. Allein ich wandte des Tages Brennende Hize vor, und sagte nicht, was geschehn war.
Dieſen trag' in der hohen Teutonia Tempel. Der Welt nicht, Aber der Nachwelt Dank ſei dir Lohn, und uͤber den Sternen Unter Palmen ein Siz zur Seite deines Homaͤros.
Alſo ſprach er. Da ward mir, als ob mein Leben in Schlummer Sanft hinfloͤße. Ein Meer von Morgenroth umrauſchte Wiegend meinen Geiſt mit toͤnenden Harmonien. Als ich endlich geſtaͤrkt der ſanftumwallenden Kuͤhlung Schaudernd entſtieg; da erwacht' ich; und ſiehe! Hain und Gefilde Gruͤnten wie vor; allein die niedergeſunkene Sonne Schien mir unter den Zweigen mit roͤthlichem Schimmer ins Antliz.
Freudig und ernſtvoll ging ich durch thauende Rockengefilde Heim, und erreichte bald die kleine Pforte der Mauer, Wo mir Erneſtine mit ausgebreiteten Armen Laͤchelnd entgegen ſprang, und zuͤrnete, daß ſie ſo lange Mir umſonſt in der Laube die ſuͤßen Kirſchen geſparet. “Aber du ſiehſt ja ſo bleich, mein Lieber! Sage, was fehlt dir?„ Sprach ſie, und ſah mich an. Allein ich wandte des Tages Brennende Hize vor, und ſagte nicht, was geſchehn war.
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[[8]/0014]
Dieſen trag' in der hohen Teutonia Tempel. Der Welt nicht,
Aber der Nachwelt Dank ſei dir Lohn, und uͤber den Sternen
Unter Palmen ein Siz zur Seite deines Homaͤros.
Alſo ſprach er. Da ward mir, als ob mein Leben in Schlummer
Sanft hinfloͤße. Ein Meer von Morgenroth umrauſchte
Wiegend meinen Geiſt mit toͤnenden Harmonien.
Als ich endlich geſtaͤrkt der ſanftumwallenden Kuͤhlung
Schaudernd entſtieg; da erwacht' ich; und ſiehe! Hain und Gefilde
Gruͤnten wie vor; allein die niedergeſunkene Sonne
Schien mir unter den Zweigen mit roͤthlichem Schimmer ins Antliz.
Freudig und ernſtvoll ging ich durch thauende Rockengefilde
Heim, und erreichte bald die kleine Pforte der Mauer,
Wo mir Erneſtine mit ausgebreiteten Armen
Laͤchelnd entgegen ſprang, und zuͤrnete, daß ſie ſo lange
Mir umſonſt in der Laube die ſuͤßen Kirſchen geſparet.
“Aber du ſiehſt ja ſo bleich, mein Lieber! Sage, was fehlt dir?„
Sprach ſie, und ſah mich an. Allein ich wandte des Tages
Brennende Hize vor, und ſagte nicht, was geſchehn war.
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. [8]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/14>, abgerufen am 24.11.2024.
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