Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

sah Häuserbesitzer, die seit zwanzig Jahren bei schlechtem Wetter unter dem Regenschirm geschlafen hatten, jetzt plötzlich ihre Gewohnheiten ändern und voll Hoffahrt den zerfallenen Dachstuhl aufrichten und mit Ziegeln decken. Man ließ sogar die Suppenanstalt eingehen, da diejenigen, welche früher auf diese kümmerliche Anstalt angewiesen waren, jetzt die Prätention hatten, sich selbst zu ernähren. Und so dauert es noch bis auf den heutigen Tag und während überall Ruhe und Ordnung wiederhergestellt ist, seufzt dieses Ländchen noch immer unter dem Drucke einer zügellosen Anarchie und einer entnervenden Selbstregierung, welche bei längerer Dauer auch die letzten Funken der Anhänglichkeit an das legitime Herrscherhaus, die etwa noch hier und da unter der Asche glimmen könnten, unfehlbar ersticken wird. Aber das Gericht ist nahe und bald wird kommen der Tag, wo Herr von Montalembert seinen Schwager Florestan wieder einsetzen wird in seine legitimen Rechte und trennen wird die Schafe von den Böcken. Ach! Es werden sich sehr viele Böcke finden!

Kehren wir zu unseren Blasenträgern zurück. Sie sind nicht so einfach wie das Fürstenthum Monaco, dessen legitimer Besitzer alle falsche Hoffart von sich geworfen hatte. Er hielt keine Armee, keinen Hofstaat, keine unnütze Lakaien und Bedienterschaar, keinen Marstall mit Stallmeisterei und Bereitern, keine Hetzmeute mit Jägermeistern und ähnlichen Zecken, die an der Civilliste saugen. Der Fürst von Monaco war über diese Vorurtheile erhaben. Bei den Blasenträgern ist es theilweise anders. Außer den Schluckmäulern, die in Monaco auf einen einzigen fürstlichen Rachen reduzirt waren, zeugen die Blasenträger noch manche andere Gebilde, welche nothwendig zu einem wohlorganisirten Staate

sah Häuserbesitzer, die seit zwanzig Jahren bei schlechtem Wetter unter dem Regenschirm geschlafen hatten, jetzt plötzlich ihre Gewohnheiten ändern und voll Hoffahrt den zerfallenen Dachstuhl aufrichten und mit Ziegeln decken. Man ließ sogar die Suppenanstalt eingehen, da diejenigen, welche früher auf diese kümmerliche Anstalt angewiesen waren, jetzt die Prätention hatten, sich selbst zu ernähren. Und so dauert es noch bis auf den heutigen Tag und während überall Ruhe und Ordnung wiederhergestellt ist, seufzt dieses Ländchen noch immer unter dem Drucke einer zügellosen Anarchie und einer entnervenden Selbstregierung, welche bei längerer Dauer auch die letzten Funken der Anhänglichkeit an das legitime Herrscherhaus, die etwa noch hier und da unter der Asche glimmen könnten, unfehlbar ersticken wird. Aber das Gericht ist nahe und bald wird kommen der Tag, wo Herr von Montalembert seinen Schwager Florestan wieder einsetzen wird in seine legitimen Rechte und trennen wird die Schafe von den Böcken. Ach! Es werden sich sehr viele Böcke finden!

Kehren wir zu unseren Blasenträgern zurück. Sie sind nicht so einfach wie das Fürstenthum Monaco, dessen legitimer Besitzer alle falsche Hoffart von sich geworfen hatte. Er hielt keine Armee, keinen Hofstaat, keine unnütze Lakaien und Bedienterschaar, keinen Marstall mit Stallmeisterei und Bereitern, keine Hetzmeute mit Jägermeistern und ähnlichen Zecken, die an der Civilliste saugen. Der Fürst von Monaco war über diese Vorurtheile erhaben. Bei den Blasenträgern ist es theilweise anders. Außer den Schluckmäulern, die in Monaco auf einen einzigen fürstlichen Rachen reduzirt waren, zeugen die Blasenträger noch manche andere Gebilde, welche nothwendig zu einem wohlorganisirten Staate

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0263" n="233"/>
sah Häuserbesitzer, die seit zwanzig Jahren bei schlechtem Wetter unter dem Regenschirm geschlafen hatten, jetzt plötzlich ihre Gewohnheiten ändern und voll Hoffahrt den zerfallenen Dachstuhl aufrichten und mit Ziegeln decken. Man ließ sogar die Suppenanstalt eingehen, da diejenigen, welche früher auf diese kümmerliche Anstalt angewiesen waren, jetzt die Prätention hatten, sich selbst zu ernähren. Und so dauert es noch bis auf den heutigen Tag und während überall Ruhe und Ordnung wiederhergestellt ist, seufzt dieses Ländchen noch immer unter dem Drucke einer zügellosen Anarchie und einer entnervenden Selbstregierung, welche bei längerer Dauer auch die letzten Funken der Anhänglichkeit an das legitime Herrscherhaus, die etwa noch hier und da unter der Asche glimmen könnten, unfehlbar ersticken wird. Aber das Gericht ist nahe und bald wird kommen der Tag, wo Herr von Montalembert seinen Schwager Florestan wieder einsetzen wird in seine legitimen Rechte und trennen wird die Schafe von den Böcken. Ach! Es werden sich sehr viele Böcke finden!</p>
        <p>Kehren wir zu unseren Blasenträgern zurück. Sie sind nicht so einfach wie das Fürstenthum Monaco, dessen legitimer Besitzer alle falsche Hoffart von sich geworfen hatte. Er hielt keine Armee, keinen Hofstaat, keine unnütze Lakaien und Bedienterschaar, keinen Marstall mit Stallmeisterei und Bereitern, keine Hetzmeute mit Jägermeistern und ähnlichen Zecken, die an der Civilliste saugen. Der Fürst von Monaco war über diese Vorurtheile erhaben. Bei den Blasenträgern ist es theilweise anders. Außer den Schluckmäulern, die in Monaco auf einen einzigen fürstlichen Rachen reduzirt waren, zeugen die Blasenträger noch manche andere Gebilde, welche nothwendig zu einem wohlorganisirten Staate
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0263] sah Häuserbesitzer, die seit zwanzig Jahren bei schlechtem Wetter unter dem Regenschirm geschlafen hatten, jetzt plötzlich ihre Gewohnheiten ändern und voll Hoffahrt den zerfallenen Dachstuhl aufrichten und mit Ziegeln decken. Man ließ sogar die Suppenanstalt eingehen, da diejenigen, welche früher auf diese kümmerliche Anstalt angewiesen waren, jetzt die Prätention hatten, sich selbst zu ernähren. Und so dauert es noch bis auf den heutigen Tag und während überall Ruhe und Ordnung wiederhergestellt ist, seufzt dieses Ländchen noch immer unter dem Drucke einer zügellosen Anarchie und einer entnervenden Selbstregierung, welche bei längerer Dauer auch die letzten Funken der Anhänglichkeit an das legitime Herrscherhaus, die etwa noch hier und da unter der Asche glimmen könnten, unfehlbar ersticken wird. Aber das Gericht ist nahe und bald wird kommen der Tag, wo Herr von Montalembert seinen Schwager Florestan wieder einsetzen wird in seine legitimen Rechte und trennen wird die Schafe von den Böcken. Ach! Es werden sich sehr viele Böcke finden! Kehren wir zu unseren Blasenträgern zurück. Sie sind nicht so einfach wie das Fürstenthum Monaco, dessen legitimer Besitzer alle falsche Hoffart von sich geworfen hatte. Er hielt keine Armee, keinen Hofstaat, keine unnütze Lakaien und Bedienterschaar, keinen Marstall mit Stallmeisterei und Bereitern, keine Hetzmeute mit Jägermeistern und ähnlichen Zecken, die an der Civilliste saugen. Der Fürst von Monaco war über diese Vorurtheile erhaben. Bei den Blasenträgern ist es theilweise anders. Außer den Schluckmäulern, die in Monaco auf einen einzigen fürstlichen Rachen reduzirt waren, zeugen die Blasenträger noch manche andere Gebilde, welche nothwendig zu einem wohlorganisirten Staate

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universität Michigan: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/263
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/263>, abgerufen am 06.05.2024.