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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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Erklärung hauptsächlich in dem Fortpflanzungstriebe. Gewöhnlich
geschieht die Befruchtung in der Weise, daß Eier wie Samen von den
nebeneinander schwimmenden Fischen dem Wasser überlassen werden
und dieses die Befruchtung vermittelt; wie denn auch nichts leichter
ist, als durch künstliche Befruchtung zahlreiche Fischbrut zu erzielen,
was sogar in neuerer Zeit in industrieller Hinsicht wichtig geworden
ist. Die Zucht der Forellen und Lachse hat an vielen Orten durch
dieses Verfahren einen bedeutenden Aufschwung genommen. Es besteht
dasselbe einfach darin, daß man den zur Laichzeit gefangenen Weibchen
die Eier, welche beim leisesten Druck aus der Genitalöffnung hervor-
treten, in eine Schüssel mit Wasser abstreicht, dann ein Männchen
auf dieselbe Weise ausdrückt und die milchige Samenflüssigkeit wohl
in dem ganzen Wasser über die Eier verbreitet. Diese sind nach kur-
zer Zeit vollständig befruchtet und brauchen nur in einem geeigneten
Wasser, welches für die Forellen klar und fließend sein muß, auf
Sandboden gehalten zu werden, um ihre vollständige Entwickelung
durchzumachen und nach vier Wochen die jungen Forellen ausschlüpfen
zu lassen. Diese muß man während der ersten zwei Jahre in einem
eigenen, vor Raubzeug geschützten Weiher, der frischen Wasserzufluß
hat, halten, und kann sie erst nach Verlauf dieser Zeit sich selbst über-
lassen, wenn man nicht bedeutende Einbuße an der Zahl der Zücht-
linge haben will. Die meisten Fische zeigen durchaus keine Sorge für
ihre Brut und begnügen sich meistens damit, einen gedeckten Ort für
die Ablage ihrer Eier zu finden; -- von einigen dagegen, wie von
den Stichlingen, ist es bekannt, daß die Männchen ein förmliches Nest
bauen, welches sie gegen Angriffe zu vertheidigen suchen und so lange
hüten, bis die Jungen vollständig entwickelt sind.

Die meisten Fische sind Raubfische und nähren sich entweder von
Thieren derselben Klasse oder von anderen Geschöpfen, Krebsen, Mu-
scheln, Insektenlarven u. s. w., die sich im Wasser aufhalten. Nur
wenige begnügen sich mit Pflanzennahrung. Die meisten leben im
Meere, und zwar wird die Zahl der Familien und Arten im Ganzen
um so ansehnlicher, je weiter man gegen die tropische Zone vordringt.

Einige Ordnungen, wie die Quermäuler, sind durchaus auf das
Meer, andere Familien, wie Karpfen und Hechte, auf das süße Wasser
eingeschränkt; doch giebt es manche Familien und selbst Gattungen,
in welchen die einen Arten das süße Wasser, die anderen das Meer
bewohnen, und viele Arten existiren, welche gewöhnlich in dem Meere
sich aufhalten, zur Laichzeit aber oft ziemlich weit in die Flußmün-
dungen hinauf steigen, um sich dort ihrer Eier zu entledigen. Die

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Erklärung hauptſächlich in dem Fortpflanzungstriebe. Gewöhnlich
geſchieht die Befruchtung in der Weiſe, daß Eier wie Samen von den
nebeneinander ſchwimmenden Fiſchen dem Waſſer überlaſſen werden
und dieſes die Befruchtung vermittelt; wie denn auch nichts leichter
iſt, als durch künſtliche Befruchtung zahlreiche Fiſchbrut zu erzielen,
was ſogar in neuerer Zeit in induſtrieller Hinſicht wichtig geworden
iſt. Die Zucht der Forellen und Lachſe hat an vielen Orten durch
dieſes Verfahren einen bedeutenden Aufſchwung genommen. Es beſteht
daſſelbe einfach darin, daß man den zur Laichzeit gefangenen Weibchen
die Eier, welche beim leiſeſten Druck aus der Genitalöffnung hervor-
treten, in eine Schüſſel mit Waſſer abſtreicht, dann ein Männchen
auf dieſelbe Weiſe ausdrückt und die milchige Samenflüſſigkeit wohl
in dem ganzen Waſſer über die Eier verbreitet. Dieſe ſind nach kur-
zer Zeit vollſtändig befruchtet und brauchen nur in einem geeigneten
Waſſer, welches für die Forellen klar und fließend ſein muß, auf
Sandboden gehalten zu werden, um ihre vollſtändige Entwickelung
durchzumachen und nach vier Wochen die jungen Forellen ausſchlüpfen
zu laſſen. Dieſe muß man während der erſten zwei Jahre in einem
eigenen, vor Raubzeug geſchützten Weiher, der friſchen Waſſerzufluß
hat, halten, und kann ſie erſt nach Verlauf dieſer Zeit ſich ſelbſt über-
laſſen, wenn man nicht bedeutende Einbuße an der Zahl der Zücht-
linge haben will. Die meiſten Fiſche zeigen durchaus keine Sorge für
ihre Brut und begnügen ſich meiſtens damit, einen gedeckten Ort für
die Ablage ihrer Eier zu finden; — von einigen dagegen, wie von
den Stichlingen, iſt es bekannt, daß die Männchen ein förmliches Neſt
bauen, welches ſie gegen Angriffe zu vertheidigen ſuchen und ſo lange
hüten, bis die Jungen vollſtändig entwickelt ſind.

Die meiſten Fiſche ſind Raubfiſche und nähren ſich entweder von
Thieren derſelben Klaſſe oder von anderen Geſchöpfen, Krebſen, Mu-
ſcheln, Inſektenlarven u. ſ. w., die ſich im Waſſer aufhalten. Nur
wenige begnügen ſich mit Pflanzennahrung. Die meiſten leben im
Meere, und zwar wird die Zahl der Familien und Arten im Ganzen
um ſo anſehnlicher, je weiter man gegen die tropiſche Zone vordringt.

Einige Ordnungen, wie die Quermäuler, ſind durchaus auf das
Meer, andere Familien, wie Karpfen und Hechte, auf das ſüße Waſſer
eingeſchränkt; doch giebt es manche Familien und ſelbſt Gattungen,
in welchen die einen Arten das ſüße Waſſer, die anderen das Meer
bewohnen, und viele Arten exiſtiren, welche gewöhnlich in dem Meere
ſich aufhalten, zur Laichzeit aber oft ziemlich weit in die Flußmün-
dungen hinauf ſteigen, um ſich dort ihrer Eier zu entledigen. Die

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[83/0089] Erklärung hauptſächlich in dem Fortpflanzungstriebe. Gewöhnlich geſchieht die Befruchtung in der Weiſe, daß Eier wie Samen von den nebeneinander ſchwimmenden Fiſchen dem Waſſer überlaſſen werden und dieſes die Befruchtung vermittelt; wie denn auch nichts leichter iſt, als durch künſtliche Befruchtung zahlreiche Fiſchbrut zu erzielen, was ſogar in neuerer Zeit in induſtrieller Hinſicht wichtig geworden iſt. Die Zucht der Forellen und Lachſe hat an vielen Orten durch dieſes Verfahren einen bedeutenden Aufſchwung genommen. Es beſteht daſſelbe einfach darin, daß man den zur Laichzeit gefangenen Weibchen die Eier, welche beim leiſeſten Druck aus der Genitalöffnung hervor- treten, in eine Schüſſel mit Waſſer abſtreicht, dann ein Männchen auf dieſelbe Weiſe ausdrückt und die milchige Samenflüſſigkeit wohl in dem ganzen Waſſer über die Eier verbreitet. Dieſe ſind nach kur- zer Zeit vollſtändig befruchtet und brauchen nur in einem geeigneten Waſſer, welches für die Forellen klar und fließend ſein muß, auf Sandboden gehalten zu werden, um ihre vollſtändige Entwickelung durchzumachen und nach vier Wochen die jungen Forellen ausſchlüpfen zu laſſen. Dieſe muß man während der erſten zwei Jahre in einem eigenen, vor Raubzeug geſchützten Weiher, der friſchen Waſſerzufluß hat, halten, und kann ſie erſt nach Verlauf dieſer Zeit ſich ſelbſt über- laſſen, wenn man nicht bedeutende Einbuße an der Zahl der Zücht- linge haben will. Die meiſten Fiſche zeigen durchaus keine Sorge für ihre Brut und begnügen ſich meiſtens damit, einen gedeckten Ort für die Ablage ihrer Eier zu finden; — von einigen dagegen, wie von den Stichlingen, iſt es bekannt, daß die Männchen ein förmliches Neſt bauen, welches ſie gegen Angriffe zu vertheidigen ſuchen und ſo lange hüten, bis die Jungen vollſtändig entwickelt ſind. Die meiſten Fiſche ſind Raubfiſche und nähren ſich entweder von Thieren derſelben Klaſſe oder von anderen Geſchöpfen, Krebſen, Mu- ſcheln, Inſektenlarven u. ſ. w., die ſich im Waſſer aufhalten. Nur wenige begnügen ſich mit Pflanzennahrung. Die meiſten leben im Meere, und zwar wird die Zahl der Familien und Arten im Ganzen um ſo anſehnlicher, je weiter man gegen die tropiſche Zone vordringt. Einige Ordnungen, wie die Quermäuler, ſind durchaus auf das Meer, andere Familien, wie Karpfen und Hechte, auf das ſüße Waſſer eingeſchränkt; doch giebt es manche Familien und ſelbſt Gattungen, in welchen die einen Arten das ſüße Waſſer, die anderen das Meer bewohnen, und viele Arten exiſtiren, welche gewöhnlich in dem Meere ſich aufhalten, zur Laichzeit aber oft ziemlich weit in die Flußmün- dungen hinauf ſteigen, um ſich dort ihrer Eier zu entledigen. Die 6*

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/89>, abgerufen am 28.04.2024.