Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.[Abbildung]
Fig. 53. solchen Mahlzeit die Farbstoffe im Innern desParamecium Körpers erblicken kann. Seit dem vorigen Jahr- hundert schon hat man diese sinnreiche Fütterungs- methode der Infusorien benutzt, um über ihre in- nere Organisation Aufschlüsse zu erhalten. Der Mund der Infusorien befindet sich entweder am vordern Leibesende, wo er meist eine runde Oeff- nung darstellt, oder auf der Bauchfläche mehr oder minder weit nach hinten gerückt in Gestalt einer ovalen oder selbst spiralig gewundenen Spalte. Er ist von wimpernden Lippen begrenzt, die in einzel- nen Fällen selbst klappenartig verlängert sind und meist ein- und ausgestülpt werden können, so daß der Mund oft nur im Acte des Fressens zur Anschauung kommt. Die Mundhöhle setzt sich trich- terförmig nach Innen fort und ist bei einigen we- nigen Gattungen mit hornartigen Stäben bewaff- net, welche einen cylindrischen Korb, ganz ähnlich einer Fischreuße bilden, der allerdings beim Fas- sen der Beute thätig ist. Im Uebrigen ist die Mund- höhle stets mit zarten Wimpern ausgekleidet, die sich auch durch den Schlund fortsetzen, der bald grade, bald mehr oder minder gewunden in das weiche Parenchym des Körpers hineinragt. Kleine Nahrungspartikel werden durch den Strudel, den die Wimpern des Schlundes erregen, in eine rundliche Kugel zusammengeballt und diese Kugel zuletzt durch den Schlund in das nachgiebige Körpergewebe hineingepreßt. Starre Körper, wie namentlich Stücke mikroskopischer Pflanzen werden sehr häufig in das Körpergewebe hineingetrieben und stecken dann an irgend einer Stelle in der gallertartigen Sub- stanz. Meist zeigt sich ein heller blasenartiger Hof um diese in das Körpergewebe hineingepreßten Nahrungsstoffe. Aufgenommene Flüssig- keiten bilden einen hellen blasenartigen Tropfen und häufig gewahrt man, daß nahe stehende Tropfen dieser Art in einander fließen, ein sicherer Beweis, daß sie nicht durch häutige Wände von einander ge- trennt sind. Beim lebhaften Fressen von Infusorien, welche lange ge- hungert haben, erscheint der Körper oft ganz angefüllt mit solchen Nahrungskugeln und wenn man Sorge trägt, verschiedene Farben nacheinander zu füttern, so sieht man leicht, daß die betreffenden Farb- stoffe durchaus unregelmäßig und nicht in der Reihenfolge ihrer Auf- [Abbildung]
Fig. 53. ſolchen Mahlzeit die Farbſtoffe im Innern desParamecium Körpers erblicken kann. Seit dem vorigen Jahr- hundert ſchon hat man dieſe ſinnreiche Fütterungs- methode der Infuſorien benutzt, um über ihre in- nere Organiſation Aufſchlüſſe zu erhalten. Der Mund der Infuſorien befindet ſich entweder am vordern Leibesende, wo er meiſt eine runde Oeff- nung darſtellt, oder auf der Bauchfläche mehr oder minder weit nach hinten gerückt in Geſtalt einer ovalen oder ſelbſt ſpiralig gewundenen Spalte. Er iſt von wimpernden Lippen begrenzt, die in einzel- nen Fällen ſelbſt klappenartig verlängert ſind und meiſt ein- und ausgeſtülpt werden können, ſo daß der Mund oft nur im Acte des Freſſens zur Anſchauung kommt. Die Mundhöhle ſetzt ſich trich- terförmig nach Innen fort und iſt bei einigen we- nigen Gattungen mit hornartigen Stäben bewaff- net, welche einen cylindriſchen Korb, ganz ähnlich einer Fiſchreuße bilden, der allerdings beim Faſ- ſen der Beute thätig iſt. Im Uebrigen iſt die Mund- höhle ſtets mit zarten Wimpern ausgekleidet, die ſich auch durch den Schlund fortſetzen, der bald grade, bald mehr oder minder gewunden in das weiche Parenchym des Körpers hineinragt. Kleine Nahrungspartikel werden durch den Strudel, den die Wimpern des Schlundes erregen, in eine rundliche Kugel zuſammengeballt und dieſe Kugel zuletzt durch den Schlund in das nachgiebige Körpergewebe hineingepreßt. Starre Körper, wie namentlich Stücke mikroſkopiſcher Pflanzen werden ſehr häufig in das Körpergewebe hineingetrieben und ſtecken dann an irgend einer Stelle in der gallertartigen Sub- ſtanz. Meiſt zeigt ſich ein heller blaſenartiger Hof um dieſe in das Körpergewebe hineingepreßten Nahrungsſtoffe. Aufgenommene Flüſſig- keiten bilden einen hellen blaſenartigen Tropfen und häufig gewahrt man, daß nahe ſtehende Tropfen dieſer Art in einander fließen, ein ſicherer Beweis, daß ſie nicht durch häutige Wände von einander ge- trennt ſind. Beim lebhaften Freſſen von Infuſorien, welche lange ge- hungert haben, erſcheint der Körper oft ganz angefüllt mit ſolchen Nahrungskugeln und wenn man Sorge trägt, verſchiedene Farben nacheinander zu füttern, ſo ſieht man leicht, daß die betreffenden Farb- ſtoffe durchaus unregelmäßig und nicht in der Reihenfolge ihrer Auf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0095" n="89"/><figure><head>Fig. 53. </head><p><hi rendition="#aq">Paramecium<lb/> caudatum.<lb/> a.</hi> Der Mund, der in den<lb/> ſchlauchförmigen, hinten<lb/> geſchloſſenen Schlund <hi rendition="#aq">b</hi><lb/> führt. <hi rendition="#aq">c.</hi> Futterballen im<lb/> Körper zerſtreut, <hi rendition="#aq">d.</hi> der<lb/> Kern. <hi rendition="#aq">e.</hi> die beiden con-<lb/> tractilen Blaſen, wovon<lb/> die vordere ſternförmig<lb/> zuſammengezogen iſt, <hi rendition="#aq">f.</hi><lb/> Körnchen des Gewebes.</p></figure><lb/> ſolchen Mahlzeit die Farbſtoffe im Innern des<lb/> Körpers erblicken kann. 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[Abbildung Fig. 53. Paramecium
caudatum.
a. Der Mund, der in den
ſchlauchförmigen, hinten
geſchloſſenen Schlund b
führt. c. Futterballen im
Körper zerſtreut, d. der
Kern. e. die beiden con-
tractilen Blaſen, wovon
die vordere ſternförmig
zuſammengezogen iſt, f.
Körnchen des Gewebes.]
ſolchen Mahlzeit die Farbſtoffe im Innern des
Körpers erblicken kann. Seit dem vorigen Jahr-
hundert ſchon hat man dieſe ſinnreiche Fütterungs-
methode der Infuſorien benutzt, um über ihre in-
nere Organiſation Aufſchlüſſe zu erhalten. Der
Mund der Infuſorien befindet ſich entweder am
vordern Leibesende, wo er meiſt eine runde Oeff-
nung darſtellt, oder auf der Bauchfläche mehr oder
minder weit nach hinten gerückt in Geſtalt einer
ovalen oder ſelbſt ſpiralig gewundenen Spalte. Er
iſt von wimpernden Lippen begrenzt, die in einzel-
nen Fällen ſelbſt klappenartig verlängert ſind und
meiſt ein- und ausgeſtülpt werden können, ſo
daß der Mund oft nur im Acte des Freſſens zur
Anſchauung kommt. Die Mundhöhle ſetzt ſich trich-
terförmig nach Innen fort und iſt bei einigen we-
nigen Gattungen mit hornartigen Stäben bewaff-
net, welche einen cylindriſchen Korb, ganz ähnlich
einer Fiſchreuße bilden, der allerdings beim Faſ-
ſen der Beute thätig iſt. Im Uebrigen iſt die Mund-
höhle ſtets mit zarten Wimpern ausgekleidet, die
ſich auch durch den Schlund fortſetzen, der bald
grade, bald mehr oder minder gewunden in das
weiche Parenchym des Körpers hineinragt. Kleine
Nahrungspartikel werden durch den Strudel, den die Wimpern des
Schlundes erregen, in eine rundliche Kugel zuſammengeballt und dieſe
Kugel zuletzt durch den Schlund in das nachgiebige Körpergewebe
hineingepreßt. Starre Körper, wie namentlich Stücke mikroſkopiſcher
Pflanzen werden ſehr häufig in das Körpergewebe hineingetrieben
und ſtecken dann an irgend einer Stelle in der gallertartigen Sub-
ſtanz. Meiſt zeigt ſich ein heller blaſenartiger Hof um dieſe in das
Körpergewebe hineingepreßten Nahrungsſtoffe. Aufgenommene Flüſſig-
keiten bilden einen hellen blaſenartigen Tropfen und häufig gewahrt
man, daß nahe ſtehende Tropfen dieſer Art in einander fließen, ein
ſicherer Beweis, daß ſie nicht durch häutige Wände von einander ge-
trennt ſind. Beim lebhaften Freſſen von Infuſorien, welche lange ge-
hungert haben, erſcheint der Körper oft ganz angefüllt mit ſolchen
Nahrungskugeln und wenn man Sorge trägt, verſchiedene Farben
nacheinander zu füttern, ſo ſieht man leicht, daß die betreffenden Farb-
ſtoffe durchaus unregelmäßig und nicht in der Reihenfolge ihrer Auf-
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