Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

und so den Grabwespenlarven ihre Provision vorweg nehmen, so daß
diese zuweilen vor Hunger umkommen. Die Fliegenmaden selbst ver-
puppen sich zu kleinen Tönnchen und die Fliegen brechen oft erst aus
der Puppe statt eines Schmetterlings hervor. Eine große Raupe kann
bis Hundert solcher Schmarotzer nähren. Einige dieser Fliegen ge-
bären lebendige Larven. Dezia; Musca; Ocyptera; Gymnosoma; Thasia;
Sarcophaga; Tachina; Stomoxys; Siphona
.

Familie der Augenfliegen (Conopida). Alle Fliegen dieser Fa-
milie haben lange, mächtige Flügel, die in der Ruhe auf dem Hinter-

[Abbildung] Fig. 755.

Dickkorffliege (Conops.)

leib aufliegen und denselben weit
überragen. Der Kopf ist sehr breit,
oft blasig aufgetrieben oder selbst
kugelrund, die Augen groß; der Hin-
terleib länglich, aus 6 bis 8 Rin-
gen zusammengesetzt. Die Schwin-
ger sind unbedeckt, die Schuppen
rudimentär oder fehlen ganz. Man
hat mehrere Gruppen unterschieden:
die Dickkopffliegen (Conopsida) mit vorgestrecktem starrem, geknie-
tem Rüssel, winkligen Fühlern, dickem aufgeblasenem Kopfe. Ihre
Larven leben parasitisch in den Hummeln, sind aber noch wenig unter-
sucht und die aller übrigen Augenfliegen gänzlich unbekannt. Conops;
Myrpa; Zodion
. -- Die Großaugen (Tipunculida) mit kugelrundem
fast nur aus Augen bestehenden, fadenförmigen Hinterleibe und ver-
borgenem Rüssel; die Scenopiden, mit flachen, achtringelichem Hinter-
leibe, in der Ruhe einander ganz deckenden Flügeln und walzenförmi-
gem Endgliede der Fühler; Scenopinus; die Lonchopteriden, mit kuglichem
Endgliede; die Platypeziden, mit langen Füßen, vorgestreckten Fühlern,
mit langer, kahler Endborste und spitzem Hinterleibe. Platypeza;
Callomyia
.

Die Familie der Kurzrüssler (Brachystoma) begreift eine Anzahl
von Gattungen, bei welchen die Rüsselscheide kurzhäutig, mit dickem
Rüsselkopfe versehen ist, welcher deutlich in zwei Lippen gespalten ist.
Der Sauger besteht aus vier starken Hornborsten, nicht wie bei den
vorigen Familien nur aus zwei. Die Fühler haben drei Glieder, das
dritte Glied ist einfach, meist in Form einer Scheibe oder kegelförmig;
die Borste steht auf seiner oberen Fläche. Der Hinterleib aus fünf
Ringen zusammengesetzt, konisch oder auch abgeplattet. Es sind mei-
stens große starke Fliegen, von welchen viele von Honig, einige aber

und ſo den Grabwespenlarven ihre Proviſion vorweg nehmen, ſo daß
dieſe zuweilen vor Hunger umkommen. Die Fliegenmaden ſelbſt ver-
puppen ſich zu kleinen Tönnchen und die Fliegen brechen oft erſt aus
der Puppe ſtatt eines Schmetterlings hervor. Eine große Raupe kann
bis Hundert ſolcher Schmarotzer nähren. Einige dieſer Fliegen ge-
bären lebendige Larven. Dezia; Musca; Ocyptera; Gymnosoma; Thasia;
Sarcophaga; Tachina; Stomoxys; Siphona
.

Familie der Augenfliegen (Conopida). Alle Fliegen dieſer Fa-
milie haben lange, mächtige Flügel, die in der Ruhe auf dem Hinter-

[Abbildung] Fig. 755.

Dickkorffliege (Conops.)

leib aufliegen und denſelben weit
überragen. Der Kopf iſt ſehr breit,
oft blaſig aufgetrieben oder ſelbſt
kugelrund, die Augen groß; der Hin-
terleib länglich, aus 6 bis 8 Rin-
gen zuſammengeſetzt. Die Schwin-
ger ſind unbedeckt, die Schuppen
rudimentär oder fehlen ganz. Man
hat mehrere Gruppen unterſchieden:
die Dickkopffliegen (Conopsida) mit vorgeſtrecktem ſtarrem, geknie-
tem Rüſſel, winkligen Fühlern, dickem aufgeblaſenem Kopfe. Ihre
Larven leben paraſitiſch in den Hummeln, ſind aber noch wenig unter-
ſucht und die aller übrigen Augenfliegen gänzlich unbekannt. Conops;
Myrpa; Zodion
. — Die Großaugen (Tipunculida) mit kugelrundem
faſt nur aus Augen beſtehenden, fadenförmigen Hinterleibe und ver-
borgenem Rüſſel; die Scenopiden, mit flachen, achtringelichem Hinter-
leibe, in der Ruhe einander ganz deckenden Flügeln und walzenförmi-
gem Endgliede der Fühler; Scenopinus; die Lonchopteriden, mit kuglichem
Endgliede; die Platypeziden, mit langen Füßen, vorgeſtreckten Fühlern,
mit langer, kahler Endborſte und ſpitzem Hinterleibe. Platypeza;
Callomyia
.

Die Familie der Kurzrüſſler (Brachystoma) begreift eine Anzahl
von Gattungen, bei welchen die Rüſſelſcheide kurzhäutig, mit dickem
Rüſſelkopfe verſehen iſt, welcher deutlich in zwei Lippen geſpalten iſt.
Der Sauger beſteht aus vier ſtarken Hornborſten, nicht wie bei den
vorigen Familien nur aus zwei. Die Fühler haben drei Glieder, das
dritte Glied iſt einfach, meiſt in Form einer Scheibe oder kegelförmig;
die Borſte ſteht auf ſeiner oberen Fläche. Der Hinterleib aus fünf
Ringen zuſammengeſetzt, koniſch oder auch abgeplattet. Es ſind mei-
ſtens große ſtarke Fliegen, von welchen viele von Honig, einige aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0613" n="607"/>
und &#x017F;o den Grabwespenlarven ihre Provi&#x017F;ion vorweg nehmen, &#x017F;o daß<lb/>
die&#x017F;e zuweilen vor Hunger umkommen. Die Fliegenmaden &#x017F;elb&#x017F;t ver-<lb/>
puppen &#x017F;ich zu kleinen Tönnchen und die Fliegen brechen oft er&#x017F;t aus<lb/>
der Puppe &#x017F;tatt eines Schmetterlings hervor. Eine große Raupe kann<lb/>
bis Hundert &#x017F;olcher Schmarotzer nähren. Einige die&#x017F;er Fliegen ge-<lb/>
bären lebendige Larven. <hi rendition="#aq">Dezia; Musca; Ocyptera; Gymnosoma; Thasia;<lb/>
Sarcophaga; Tachina; Stomoxys; Siphona</hi>.</p><lb/>
            <p>Familie der <hi rendition="#b">Augenfliegen</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Conopida</hi></hi>). Alle Fliegen die&#x017F;er Fa-<lb/>
milie haben lange, mächtige Flügel, die in der Ruhe auf dem Hinter-<lb/><figure><head>Fig. 755. </head><p>Dickkorffliege (<hi rendition="#aq">Conops</hi>.)</p></figure><lb/>
leib aufliegen und den&#x017F;elben weit<lb/>
überragen. Der Kopf i&#x017F;t &#x017F;ehr breit,<lb/>
oft bla&#x017F;ig aufgetrieben oder &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
kugelrund, die Augen groß; der Hin-<lb/>
terleib länglich, aus 6 bis 8 Rin-<lb/>
gen zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt. Die Schwin-<lb/>
ger &#x017F;ind unbedeckt, die Schuppen<lb/>
rudimentär oder fehlen ganz. Man<lb/>
hat mehrere Gruppen unter&#x017F;chieden:<lb/>
die <hi rendition="#g">Dickkopffliegen</hi> (<hi rendition="#aq">Conopsida</hi>) mit vorge&#x017F;trecktem &#x017F;tarrem, geknie-<lb/>
tem Rü&#x017F;&#x017F;el, winkligen Fühlern, dickem aufgebla&#x017F;enem Kopfe. Ihre<lb/>
Larven leben para&#x017F;iti&#x017F;ch in den Hummeln, &#x017F;ind aber noch wenig unter-<lb/>
&#x017F;ucht und die aller übrigen Augenfliegen gänzlich unbekannt. <hi rendition="#aq">Conops;<lb/>
Myrpa; Zodion</hi>. &#x2014; Die <hi rendition="#g">Großaugen</hi> (<hi rendition="#aq">Tipunculida</hi>) mit kugelrundem<lb/>
fa&#x017F;t nur aus Augen be&#x017F;tehenden, fadenförmigen Hinterleibe und ver-<lb/>
borgenem Rü&#x017F;&#x017F;el; die <hi rendition="#aq">Scenopiden</hi>, mit flachen, achtringelichem Hinter-<lb/>
leibe, in der Ruhe einander ganz deckenden Flügeln und walzenförmi-<lb/>
gem Endgliede der Fühler; <hi rendition="#aq">Scenopinus</hi>; die <hi rendition="#aq">Lonchopteriden</hi>, mit kuglichem<lb/>
Endgliede; die <hi rendition="#aq">Platypeziden</hi>, mit langen Füßen, vorge&#x017F;treckten Fühlern,<lb/>
mit langer, kahler Endbor&#x017F;te und &#x017F;pitzem Hinterleibe. <hi rendition="#aq">Platypeza;<lb/>
Callomyia</hi>.</p><lb/>
            <p>Die Familie der <hi rendition="#b">Kurzrü&#x017F;&#x017F;ler</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Brachystoma</hi></hi>) begreift eine Anzahl<lb/>
von Gattungen, bei welchen die Rü&#x017F;&#x017F;el&#x017F;cheide kurzhäutig, mit dickem<lb/>&#x017F;&#x017F;elkopfe ver&#x017F;ehen i&#x017F;t, welcher deutlich in zwei Lippen ge&#x017F;palten i&#x017F;t.<lb/>
Der Sauger be&#x017F;teht aus vier &#x017F;tarken Hornbor&#x017F;ten, nicht wie bei den<lb/>
vorigen Familien nur aus zwei. Die Fühler haben drei Glieder, das<lb/>
dritte Glied i&#x017F;t einfach, mei&#x017F;t in Form einer Scheibe oder kegelförmig;<lb/>
die Bor&#x017F;te &#x017F;teht auf &#x017F;einer oberen Fläche. Der Hinterleib aus fünf<lb/>
Ringen zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt, koni&#x017F;ch oder auch abgeplattet. Es &#x017F;ind mei-<lb/>
&#x017F;tens große &#x017F;tarke Fliegen, von welchen viele von Honig, einige aber<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[607/0613] und ſo den Grabwespenlarven ihre Proviſion vorweg nehmen, ſo daß dieſe zuweilen vor Hunger umkommen. Die Fliegenmaden ſelbſt ver- puppen ſich zu kleinen Tönnchen und die Fliegen brechen oft erſt aus der Puppe ſtatt eines Schmetterlings hervor. Eine große Raupe kann bis Hundert ſolcher Schmarotzer nähren. Einige dieſer Fliegen ge- bären lebendige Larven. Dezia; Musca; Ocyptera; Gymnosoma; Thasia; Sarcophaga; Tachina; Stomoxys; Siphona. Familie der Augenfliegen (Conopida). Alle Fliegen dieſer Fa- milie haben lange, mächtige Flügel, die in der Ruhe auf dem Hinter- [Abbildung Fig. 755. Dickkorffliege (Conops.)] leib aufliegen und denſelben weit überragen. Der Kopf iſt ſehr breit, oft blaſig aufgetrieben oder ſelbſt kugelrund, die Augen groß; der Hin- terleib länglich, aus 6 bis 8 Rin- gen zuſammengeſetzt. Die Schwin- ger ſind unbedeckt, die Schuppen rudimentär oder fehlen ganz. Man hat mehrere Gruppen unterſchieden: die Dickkopffliegen (Conopsida) mit vorgeſtrecktem ſtarrem, geknie- tem Rüſſel, winkligen Fühlern, dickem aufgeblaſenem Kopfe. Ihre Larven leben paraſitiſch in den Hummeln, ſind aber noch wenig unter- ſucht und die aller übrigen Augenfliegen gänzlich unbekannt. Conops; Myrpa; Zodion. — Die Großaugen (Tipunculida) mit kugelrundem faſt nur aus Augen beſtehenden, fadenförmigen Hinterleibe und ver- borgenem Rüſſel; die Scenopiden, mit flachen, achtringelichem Hinter- leibe, in der Ruhe einander ganz deckenden Flügeln und walzenförmi- gem Endgliede der Fühler; Scenopinus; die Lonchopteriden, mit kuglichem Endgliede; die Platypeziden, mit langen Füßen, vorgeſtreckten Fühlern, mit langer, kahler Endborſte und ſpitzem Hinterleibe. Platypeza; Callomyia. Die Familie der Kurzrüſſler (Brachystoma) begreift eine Anzahl von Gattungen, bei welchen die Rüſſelſcheide kurzhäutig, mit dickem Rüſſelkopfe verſehen iſt, welcher deutlich in zwei Lippen geſpalten iſt. Der Sauger beſteht aus vier ſtarken Hornborſten, nicht wie bei den vorigen Familien nur aus zwei. Die Fühler haben drei Glieder, das dritte Glied iſt einfach, meiſt in Form einer Scheibe oder kegelförmig; die Borſte ſteht auf ſeiner oberen Fläche. Der Hinterleib aus fünf Ringen zuſammengeſetzt, koniſch oder auch abgeplattet. Es ſind mei- ſtens große ſtarke Fliegen, von welchen viele von Honig, einige aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/613
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/613>, abgerufen am 23.07.2024.