Die Larven der Zweiflügler sind alle fußlos, höchstens mit Wärzchen an deren Stelle versehen und nach zwei verschiedenen Typen gestaltet. Die Einen haben einen weichen häutigen Kopf, der mit kurzen Saugorganen versehen ist -- hierhin gehören die meisten para- sitischen oder in faulenden Stoffen lebenden Larven. Einige in Erde oder solchen Materien lebenden Larven haben indeß schon einen hor- nigen Kopf, womit außerdem alle im Wasser lebenden Larven verse- hen sind. Diese haben dann oft noch deutliche hornige, zum Beißen geeignete Kiefer mit Palpen, seitliche gefranzte Anhänge die zugleich als Flossen und als Tracheenkiemen fungiren und meist neben dem Schwanze eine mehr oder minder lange, mit einem Borstensterne ver- sehene Athemröhre, durch die sie die Luft einziehen. Sie hängen sich zu diesem Endzwecke verkehrt in das Wasser, indem sie den Borsten- stern an der Oberfläche ausbreiten.
Alle Zweiflüglerlarven verwandeln sich in eine ruhende Puppe und zwar dient den meisten die eigene Larvenhaut als äußere Puppen- schale. Diese Haut verhärtet sich zu einer ovalen Hülse, in welcher das vollkommene Insekt sich ausbildet und endlich nach Sprengung der Hülse hervorgeht. Bei andern aber, namentlich bei den im Wasser lebenden Schnakenlarven, wird die Larvenhaut abgestreift, und eine oft sehr in ihrer Gestalt von der Larve abweichende Puppe erscheint, die nicht wie die Larve, durch eine Afterröhre, sondern durch zwei kurze, an der Brust angebrachte Röhren athmet.
Wir theilen die Zweiflügler nach der Organisation ihrer Fühl- hörner, des Rüssels und ihrer Lebensweise in mehre Unterordnungen und Familien ab, deren vollständige Aufzählung bei der ungeheuren Anzahl der Gattungen uns weit über die Gränzen dieses Werkes hinausführen würde.
Die Unterordnung der hüpfenden Dipteren (Aphaniptera) umfaßt nur die einzige Familie der Flöhe (Pulicida.) Der Kopf die- ser Thiere ist sehr klein, vorgebeugt und nur mit einfachen seitlichen
[Abbildung]
Fig. 745.
Pulex irritans. Der Menschenfloh.
Augen, nicht aber mit zusammengesetzten verse- hen. Die Ringe der Brust sind deutlich ge- trennt, aber in ihrer Gestalt sehr wenig von denen des Hinterleibs geschieden, der linsenför- mig, hoch und von der Seite her zusammen- gedrückt ist. Die Körperbedeckungen sind fest, hornig. Neben an dem Kopfe stehen zwei kurze, kolbige dreigliedrige Fühler, in einer Rinne
Die Larven der Zweiflügler ſind alle fußlos, höchſtens mit Wärzchen an deren Stelle verſehen und nach zwei verſchiedenen Typen geſtaltet. Die Einen haben einen weichen häutigen Kopf, der mit kurzen Saugorganen verſehen iſt — hierhin gehören die meiſten para- ſitiſchen oder in faulenden Stoffen lebenden Larven. Einige in Erde oder ſolchen Materien lebenden Larven haben indeß ſchon einen hor- nigen Kopf, womit außerdem alle im Waſſer lebenden Larven verſe- hen ſind. Dieſe haben dann oft noch deutliche hornige, zum Beißen geeignete Kiefer mit Palpen, ſeitliche gefranzte Anhänge die zugleich als Floſſen und als Tracheenkiemen fungiren und meiſt neben dem Schwanze eine mehr oder minder lange, mit einem Borſtenſterne ver- ſehene Athemröhre, durch die ſie die Luft einziehen. Sie hängen ſich zu dieſem Endzwecke verkehrt in das Waſſer, indem ſie den Borſten- ſtern an der Oberfläche ausbreiten.
Alle Zweiflüglerlarven verwandeln ſich in eine ruhende Puppe und zwar dient den meiſten die eigene Larvenhaut als äußere Puppen- ſchale. Dieſe Haut verhärtet ſich zu einer ovalen Hülſe, in welcher das vollkommene Inſekt ſich ausbildet und endlich nach Sprengung der Hülſe hervorgeht. Bei andern aber, namentlich bei den im Waſſer lebenden Schnakenlarven, wird die Larvenhaut abgeſtreift, und eine oft ſehr in ihrer Geſtalt von der Larve abweichende Puppe erſcheint, die nicht wie die Larve, durch eine Afterröhre, ſondern durch zwei kurze, an der Bruſt angebrachte Röhren athmet.
Wir theilen die Zweiflügler nach der Organiſation ihrer Fühl- hörner, des Rüſſels und ihrer Lebensweiſe in mehre Unterordnungen und Familien ab, deren vollſtändige Aufzählung bei der ungeheuren Anzahl der Gattungen uns weit über die Gränzen dieſes Werkes hinausführen würde.
Die Unterordnung der hüpfenden Dipteren (Aphaniptera) umfaßt nur die einzige Familie der Flöhe (Pulicida.) Der Kopf die- ſer Thiere iſt ſehr klein, vorgebeugt und nur mit einfachen ſeitlichen
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Fig. 745.
Pulex irritans. Der Menſchenfloh.
Augen, nicht aber mit zuſammengeſetzten verſe- hen. Die Ringe der Bruſt ſind deutlich ge- trennt, aber in ihrer Geſtalt ſehr wenig von denen des Hinterleibs geſchieden, der linſenför- mig, hoch und von der Seite her zuſammen- gedrückt iſt. Die Körperbedeckungen ſind feſt, hornig. Neben an dem Kopfe ſtehen zwei kurze, kolbige dreigliedrige Fühler, in einer Rinne
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Die Larven der Zweiflügler ſind alle fußlos, höchſtens mit
Wärzchen an deren Stelle verſehen und nach zwei verſchiedenen Typen
geſtaltet. Die Einen haben einen weichen häutigen Kopf, der mit
kurzen Saugorganen verſehen iſt — hierhin gehören die meiſten para-
ſitiſchen oder in faulenden Stoffen lebenden Larven. Einige in Erde
oder ſolchen Materien lebenden Larven haben indeß ſchon einen hor-
nigen Kopf, womit außerdem alle im Waſſer lebenden Larven verſe-
hen ſind. Dieſe haben dann oft noch deutliche hornige, zum Beißen
geeignete Kiefer mit Palpen, ſeitliche gefranzte Anhänge die zugleich
als Floſſen und als Tracheenkiemen fungiren und meiſt neben dem
Schwanze eine mehr oder minder lange, mit einem Borſtenſterne ver-
ſehene Athemröhre, durch die ſie die Luft einziehen. Sie hängen ſich
zu dieſem Endzwecke verkehrt in das Waſſer, indem ſie den Borſten-
ſtern an der Oberfläche ausbreiten.
Alle Zweiflüglerlarven verwandeln ſich in eine ruhende Puppe
und zwar dient den meiſten die eigene Larvenhaut als äußere Puppen-
ſchale. Dieſe Haut verhärtet ſich zu einer ovalen Hülſe, in welcher
das vollkommene Inſekt ſich ausbildet und endlich nach Sprengung
der Hülſe hervorgeht. Bei andern aber, namentlich bei den im Waſſer
lebenden Schnakenlarven, wird die Larvenhaut abgeſtreift, und eine
oft ſehr in ihrer Geſtalt von der Larve abweichende Puppe erſcheint,
die nicht wie die Larve, durch eine Afterröhre, ſondern durch zwei kurze,
an der Bruſt angebrachte Röhren athmet.
Wir theilen die Zweiflügler nach der Organiſation ihrer Fühl-
hörner, des Rüſſels und ihrer Lebensweiſe in mehre Unterordnungen
und Familien ab, deren vollſtändige Aufzählung bei der ungeheuren
Anzahl der Gattungen uns weit über die Gränzen dieſes Werkes
hinausführen würde.
Die Unterordnung der hüpfenden Dipteren (Aphaniptera)
umfaßt nur die einzige Familie der Flöhe (Pulicida.) Der Kopf die-
ſer Thiere iſt ſehr klein, vorgebeugt und nur mit einfachen ſeitlichen
[Abbildung Fig. 745. Pulex irritans.
Der Menſchenfloh.]
Augen, nicht aber mit zuſammengeſetzten verſe-
hen. Die Ringe der Bruſt ſind deutlich ge-
trennt, aber in ihrer Geſtalt ſehr wenig von
denen des Hinterleibs geſchieden, der linſenför-
mig, hoch und von der Seite her zuſammen-
gedrückt iſt. Die Körperbedeckungen ſind feſt,
hornig. Neben an dem Kopfe ſtehen zwei kurze,
kolbige dreigliedrige Fühler, in einer Rinne
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/607>, abgerufen am 25.11.2024.
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