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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung] Fig. 394.

Janthina communis auf dem Meere schwimmend.
a Der Rüssel mit dem Maule am Ende. t Die Fühler, deren vier sind.
b Die Kiemen, die aus der Schale c hervorgestreckt sind. p Der Fuß. f Die
Schwimmblase, an deren unteren Fläche die Eikapseln o hängen.

Die Familie der Quallenboote (Janthinida) hat eine durchsich-
tige, fast hornige Schale, die derjenigen einer gewöhnlichen Baumschnecke
sehr ähnlich ist. Das Thier besitzt einen langen Rüssel, dünne kurze
Fühlfäden und federartige Kiemen, welche es meist aus der Schale
hervorstreckt, und zeichnet sich aus durch einen höchst eigenthümlichen
Schwimmapparat, welcher eigentlich nur eine Modification des Deckels
ist. Der Fuß nämlich bildet nur einen kurzen Stummel, an dem mit-
telst eines Stieles eine spindelförmige, lange Blase hängt, die aus
dünner Hornsubstanz besteht und etwa einer Schaumblase gleicht. An
die Unterfläche dieser Schwimmblase kleben die Thiere ihre birnför-
migen Eikapseln. Sie erscheinen in zahlreichen Schwärmen schwimmend
auf der Oberfläche des Meeres. Im Mittelmeere sind sie nicht selten.
Santhina.

Die Ordnung der Lungenschnecken (Pulmonata), welche
einen höheren Typus in der gesammten Ausbildung darstellt, unter-
scheidet sich wesentlich von allen vorhergehenden eben durch diese Lun-
genhöhle, welche das Thier fähig macht, unmittelbar Luft zu athmen.
Viele Schnecken dieser Ordnung leben zwar stets im Wasser und gehen
außerhalb desselben zu Grunde, sie sind aber in ähnlicher Weise, wie
die Wallfische und andere im Wasser lebende Säugethiere gezwungen,
von Zeit zu Zeit an die Oberfläche zu kommen, um wieder Luft einzu-
athmen. Die Lungenhöhle liegt meist in dem Nacken des Thieres in
einer ähnlichen Kammer, wie die Kiemen und öffnet sich gewöhnlich
gemeinschaftlich mit dem After und den Geschlechtswerkzeugen auf der
rechten Seite. Die meisten Lungenschnecken sind Zwitter, indessen giebt
es auch viele, welche getrennten Geschlechtes sind. Fast alle haben
eine Schale, die indeß bei manchen nur als ein dünnes Plättchen vor-

Vogt. Zoologische Briefe. I. 23

[Abbildung] Fig. 394.

Janthina communis auf dem Meere ſchwimmend.
a Der Rüſſel mit dem Maule am Ende. t Die Fühler, deren vier ſind.
b Die Kiemen, die aus der Schale c hervorgeſtreckt ſind. p Der Fuß. f Die
Schwimmblaſe, an deren unteren Fläche die Eikapſeln o hängen.

Die Familie der Quallenboote (Janthinida) hat eine durchſich-
tige, faſt hornige Schale, die derjenigen einer gewöhnlichen Baumſchnecke
ſehr ähnlich iſt. Das Thier beſitzt einen langen Rüſſel, dünne kurze
Fühlfäden und federartige Kiemen, welche es meiſt aus der Schale
hervorſtreckt, und zeichnet ſich aus durch einen höchſt eigenthümlichen
Schwimmapparat, welcher eigentlich nur eine Modification des Deckels
iſt. Der Fuß nämlich bildet nur einen kurzen Stummel, an dem mit-
telſt eines Stieles eine ſpindelförmige, lange Blaſe hängt, die aus
dünner Hornſubſtanz beſteht und etwa einer Schaumblaſe gleicht. An
die Unterfläche dieſer Schwimmblaſe kleben die Thiere ihre birnför-
migen Eikapſeln. Sie erſcheinen in zahlreichen Schwärmen ſchwimmend
auf der Oberfläche des Meeres. Im Mittelmeere ſind ſie nicht ſelten.
Santhina.

Die Ordnung der Lungenſchnecken (Pulmonata), welche
einen höheren Typus in der geſammten Ausbildung darſtellt, unter-
ſcheidet ſich weſentlich von allen vorhergehenden eben durch dieſe Lun-
genhöhle, welche das Thier fähig macht, unmittelbar Luft zu athmen.
Viele Schnecken dieſer Ordnung leben zwar ſtets im Waſſer und gehen
außerhalb deſſelben zu Grunde, ſie ſind aber in ähnlicher Weiſe, wie
die Wallfiſche und andere im Waſſer lebende Säugethiere gezwungen,
von Zeit zu Zeit an die Oberfläche zu kommen, um wieder Luft einzu-
athmen. Die Lungenhöhle liegt meiſt in dem Nacken des Thieres in
einer ähnlichen Kammer, wie die Kiemen und öffnet ſich gewöhnlich
gemeinſchaftlich mit dem After und den Geſchlechtswerkzeugen auf der
rechten Seite. Die meiſten Lungenſchnecken ſind Zwitter, indeſſen giebt
es auch viele, welche getrennten Geſchlechtes ſind. Faſt alle haben
eine Schale, die indeß bei manchen nur als ein dünnes Plättchen vor-

Vogt. Zoologiſche Briefe. I. 23
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[353/0359] [Abbildung Fig. 394. Janthina communis auf dem Meere ſchwimmend. a Der Rüſſel mit dem Maule am Ende. t Die Fühler, deren vier ſind. b Die Kiemen, die aus der Schale c hervorgeſtreckt ſind. p Der Fuß. f Die Schwimmblaſe, an deren unteren Fläche die Eikapſeln o hängen. ] Die Familie der Quallenboote (Janthinida) hat eine durchſich- tige, faſt hornige Schale, die derjenigen einer gewöhnlichen Baumſchnecke ſehr ähnlich iſt. Das Thier beſitzt einen langen Rüſſel, dünne kurze Fühlfäden und federartige Kiemen, welche es meiſt aus der Schale hervorſtreckt, und zeichnet ſich aus durch einen höchſt eigenthümlichen Schwimmapparat, welcher eigentlich nur eine Modification des Deckels iſt. Der Fuß nämlich bildet nur einen kurzen Stummel, an dem mit- telſt eines Stieles eine ſpindelförmige, lange Blaſe hängt, die aus dünner Hornſubſtanz beſteht und etwa einer Schaumblaſe gleicht. An die Unterfläche dieſer Schwimmblaſe kleben die Thiere ihre birnför- migen Eikapſeln. Sie erſcheinen in zahlreichen Schwärmen ſchwimmend auf der Oberfläche des Meeres. Im Mittelmeere ſind ſie nicht ſelten. Santhina. Die Ordnung der Lungenſchnecken (Pulmonata), welche einen höheren Typus in der geſammten Ausbildung darſtellt, unter- ſcheidet ſich weſentlich von allen vorhergehenden eben durch dieſe Lun- genhöhle, welche das Thier fähig macht, unmittelbar Luft zu athmen. Viele Schnecken dieſer Ordnung leben zwar ſtets im Waſſer und gehen außerhalb deſſelben zu Grunde, ſie ſind aber in ähnlicher Weiſe, wie die Wallfiſche und andere im Waſſer lebende Säugethiere gezwungen, von Zeit zu Zeit an die Oberfläche zu kommen, um wieder Luft einzu- athmen. Die Lungenhöhle liegt meiſt in dem Nacken des Thieres in einer ähnlichen Kammer, wie die Kiemen und öffnet ſich gewöhnlich gemeinſchaftlich mit dem After und den Geſchlechtswerkzeugen auf der rechten Seite. Die meiſten Lungenſchnecken ſind Zwitter, indeſſen giebt es auch viele, welche getrennten Geſchlechtes ſind. Faſt alle haben eine Schale, die indeß bei manchen nur als ein dünnes Plättchen vor- Vogt. Zoologiſche Briefe. I. 23

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/359>, abgerufen am 05.12.2024.