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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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Dasjenige, was wir von den Schnecken überhaupt sagten. Wir theilen
sie, nach der Bildung ihrer Athemorgane, in zwei Ordnungen, die
Kiemenschnecken (Branchiata) und die Lungenschnecken (Pul-
monata
)
, welche wieder durch andere Organisationsverhältnisse in
kleinere Unterabtheilungen zerfallen.

Die große Ordnung der Kiemenschnecken (Branchiata),
welche hauptsächlich das Meer bewohnen, zeichnet sich außer der Struk-
tur ihrer Athemorgane, auch noch ganz besonders durch die Entwick-
lung ihrer Jungen aus. Alle, ohne Ausnahme, durchlaufen nämlich
einen Larvenzustand, während dessen sie durch bewimperte Kopflappen
zum Schwimmen befähigt sind. Nachdem die Furchung des Dotters
vorüber ist, entwickeln sich zwei Schichten verschiedener Zellen an dem-
selben, von denen die äußere, hellere den Mantel, die Haut und den
Kopf, die innere, dunklere die Eingeweide bildet. Der ganze neu ge-
bildete Embryo gleicht nach der Ausbildung dieser Schichten einem
Kuchen, an dessen einer Hälfte sich Flimmerhaare von mehr oder

[Abbildung] Fig. 348. Fig. 349.

Der Embryo einer Sternschnecke (Doris)
im Beginne seiner Entwickelung und noch im Eie eingeschlossen. Fig. 348. Vom
Rücken gesehen. Figur 349. Von der Seite. Die Schale hat sich eben gebil-
det und umfaßt napfförmig nur den hinteren Theil des Embryo's. Man
sieht noch die ursprüngliche Theilung der Embryonalmassen in hellere die äu-
ßere Schicht bildende Zellen und dunklere innere Massen, die sich zu Darm
und Leber zu sondern beginnen. Die Gehörsteine sind gebildet; der Fuß noch
sehr kurz und warzenartig vorstehend; die Wimpersegel schon mit langen Haa-
ren versehen. a Die Eischale. b Die Schale des Embryo's. c Wimpersegel.
d Gehörbläschen. e Fuß.

minder bedeutender Länge entwickeln. Der Embryo, dessen Flimmer-
haare anfangs in beständiger Bewegung sind und eine stete Drehung
um die Axe bewirken, zeigt sich nun aus zwei Regionen zusammen-
gesetzt; einem hinteren kugelförmigen Theile, der bald von einer äußerst

Dasjenige, was wir von den Schnecken überhaupt ſagten. Wir theilen
ſie, nach der Bildung ihrer Athemorgane, in zwei Ordnungen, die
Kiemenſchnecken (Branchiata) und die Lungenſchnecken (Pul-
monata
)
, welche wieder durch andere Organiſationsverhältniſſe in
kleinere Unterabtheilungen zerfallen.

Die große Ordnung der Kiemenſchnecken (Branchiata),
welche hauptſächlich das Meer bewohnen, zeichnet ſich außer der Struk-
tur ihrer Athemorgane, auch noch ganz beſonders durch die Entwick-
lung ihrer Jungen aus. Alle, ohne Ausnahme, durchlaufen nämlich
einen Larvenzuſtand, während deſſen ſie durch bewimperte Kopflappen
zum Schwimmen befähigt ſind. Nachdem die Furchung des Dotters
vorüber iſt, entwickeln ſich zwei Schichten verſchiedener Zellen an dem-
ſelben, von denen die äußere, hellere den Mantel, die Haut und den
Kopf, die innere, dunklere die Eingeweide bildet. Der ganze neu ge-
bildete Embryo gleicht nach der Ausbildung dieſer Schichten einem
Kuchen, an deſſen einer Hälfte ſich Flimmerhaare von mehr oder

[Abbildung] Fig. 348. Fig. 349.

Der Embryo einer Sternſchnecke (Doris)
im Beginne ſeiner Entwickelung und noch im Eie eingeſchloſſen. Fig. 348. Vom
Rücken geſehen. Figur 349. Von der Seite. Die Schale hat ſich eben gebil-
det und umfaßt napfförmig nur den hinteren Theil des Embryo’s. Man
ſieht noch die urſprüngliche Theilung der Embryonalmaſſen in hellere die äu-
ßere Schicht bildende Zellen und dunklere innere Maſſen, die ſich zu Darm
und Leber zu ſondern beginnen. Die Gehörſteine ſind gebildet; der Fuß noch
ſehr kurz und warzenartig vorſtehend; die Wimperſegel ſchon mit langen Haa-
ren verſehen. a Die Eiſchale. b Die Schale des Embryo’s. c Wimperſegel.
d Gehörbläschen. e Fuß.

minder bedeutender Länge entwickeln. Der Embryo, deſſen Flimmer-
haare anfangs in beſtändiger Bewegung ſind und eine ſtete Drehung
um die Axe bewirken, zeigt ſich nun aus zwei Regionen zuſammen-
geſetzt; einem hinteren kugelförmigen Theile, der bald von einer äußerſt

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[335/0341] Dasjenige, was wir von den Schnecken überhaupt ſagten. Wir theilen ſie, nach der Bildung ihrer Athemorgane, in zwei Ordnungen, die Kiemenſchnecken (Branchiata) und die Lungenſchnecken (Pul- monata), welche wieder durch andere Organiſationsverhältniſſe in kleinere Unterabtheilungen zerfallen. Die große Ordnung der Kiemenſchnecken (Branchiata), welche hauptſächlich das Meer bewohnen, zeichnet ſich außer der Struk- tur ihrer Athemorgane, auch noch ganz beſonders durch die Entwick- lung ihrer Jungen aus. Alle, ohne Ausnahme, durchlaufen nämlich einen Larvenzuſtand, während deſſen ſie durch bewimperte Kopflappen zum Schwimmen befähigt ſind. Nachdem die Furchung des Dotters vorüber iſt, entwickeln ſich zwei Schichten verſchiedener Zellen an dem- ſelben, von denen die äußere, hellere den Mantel, die Haut und den Kopf, die innere, dunklere die Eingeweide bildet. Der ganze neu ge- bildete Embryo gleicht nach der Ausbildung dieſer Schichten einem Kuchen, an deſſen einer Hälfte ſich Flimmerhaare von mehr oder [Abbildung Fig. 348. Fig. 349. Der Embryo einer Sternſchnecke (Doris) im Beginne ſeiner Entwickelung und noch im Eie eingeſchloſſen. Fig. 348. Vom Rücken geſehen. Figur 349. Von der Seite. Die Schale hat ſich eben gebil- det und umfaßt napfförmig nur den hinteren Theil des Embryo’s. Man ſieht noch die urſprüngliche Theilung der Embryonalmaſſen in hellere die äu- ßere Schicht bildende Zellen und dunklere innere Maſſen, die ſich zu Darm und Leber zu ſondern beginnen. Die Gehörſteine ſind gebildet; der Fuß noch ſehr kurz und warzenartig vorſtehend; die Wimperſegel ſchon mit langen Haa- ren verſehen. a Die Eiſchale. b Die Schale des Embryo’s. c Wimperſegel. d Gehörbläschen. e Fuß.] minder bedeutender Länge entwickeln. Der Embryo, deſſen Flimmer- haare anfangs in beſtändiger Bewegung ſind und eine ſtete Drehung um die Axe bewirken, zeigt ſich nun aus zwei Regionen zuſammen- geſetzt; einem hinteren kugelförmigen Theile, der bald von einer äußerſt

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/341>, abgerufen am 18.05.2024.