Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

je nachdem die Form des Gehäuses hierdurch modifizirt wird, nennt
man dieses kreiselförmig, thurm-, spindelförmig u. s. w. Bei diesen
schneckenartig gewundenen Schalen entsteht durch die Aneinanderlage-
rung der inneren Seite eine Axe im Inneren des Gewindes, welche
man die Spindel (columella) nennt und die man beim Aufbrechen
einer Schale, z. B. einer Weinbergsschnecke, deutlich im Innern als
eine Säule gewahrt, um welche die Windungen sich herumziehen. Mei-
stens legen sich die inneren Seiten der Röhre nicht ganz vollkommen
aneinander, so daß, wenn auch eine Spindel gebildet wird, diese
dennoch im Innern hohl ist und diese Höhlung sich mit einer Mün-
dung nach Außen öffnet. -- Man nennt diese Mündung den Nabel
(umbilicus). Berühren sich die einzelnen Windungen der Schale gar
nicht, wie z. B. bei den Wendeltreppen, so ist begreiflicherweise dieser
Nabel verhältnißmäßig sehr weit, aber diese Weite nimmt umsomehr
ab, je solider die Spindel selbst wird. So hat z. B. die gewöhn-
liche Weinbergsschnecke einen kaum merklichen Nabel, der noch dazu
von dem umgeschlagenen Randsaume des Gehäuses fast gänzlich über-
deckt wird. Die Oeffnung, durch welche das Thier aus der Schale
hervorschaut, heißt die Mündung oder Mundöffnung (apertura);
und man kann an derselben stets zwei Ränder unterscheiden, den äu-
ßeren oder Lippenrand (labrum), welcher die Convexität der Schale
bildet, und den inneren oder Spindelrand (labium), welcher der Axe
des Gehäuses zugewendet ist. Meist sind diese beiden Ränder scharf von
einander getrennt, indem die Oeffnung mehr oder minder länglich oder
selbst spaltenartig erscheint, welches letztere namentlich dann der Fall ist,

[Abbildung] Fig. 331.

Kegelschnecke (Conus).

[Abbildung] Fig. 332.

Kreiselschnecke mit ganzem
Mundsaum.

wenn, wie bei den Ke-
gel- oder Porzellanschne-
cken, die letzte Windung
die vorherigen einschließt,
so daß diese kaum oder
gar nicht sichtbar sind.
Gehäuse dieser Art hat
man eingerollte Scha-
len genannt. In man-
chen Fällen indeß, wie
namentlich bei den Krei-
selschnecken, verschmelzen beide Ränder vollständig zu einer fast runden
Oeffnung, und man sagt dann, daß das Gehäuse einen ganzen
Mundsaum
(peristomium) besitze. Bei vielen Schnecken ist der
Mundsaum und namentlich der äußere Lippenrand schwielig, verdickt,

je nachdem die Form des Gehäuſes hierdurch modifizirt wird, nennt
man dieſes kreiſelförmig, thurm-, ſpindelförmig u. ſ. w. Bei dieſen
ſchneckenartig gewundenen Schalen entſteht durch die Aneinanderlage-
rung der inneren Seite eine Axe im Inneren des Gewindes, welche
man die Spindel (columella) nennt und die man beim Aufbrechen
einer Schale, z. B. einer Weinbergsſchnecke, deutlich im Innern als
eine Säule gewahrt, um welche die Windungen ſich herumziehen. Mei-
ſtens legen ſich die inneren Seiten der Röhre nicht ganz vollkommen
aneinander, ſo daß, wenn auch eine Spindel gebildet wird, dieſe
dennoch im Innern hohl iſt und dieſe Höhlung ſich mit einer Mün-
dung nach Außen öffnet. — Man nennt dieſe Mündung den Nabel
(umbilicus). Berühren ſich die einzelnen Windungen der Schale gar
nicht, wie z. B. bei den Wendeltreppen, ſo iſt begreiflicherweiſe dieſer
Nabel verhältnißmäßig ſehr weit, aber dieſe Weite nimmt umſomehr
ab, je ſolider die Spindel ſelbſt wird. So hat z. B. die gewöhn-
liche Weinbergsſchnecke einen kaum merklichen Nabel, der noch dazu
von dem umgeſchlagenen Randſaume des Gehäuſes faſt gänzlich über-
deckt wird. Die Oeffnung, durch welche das Thier aus der Schale
hervorſchaut, heißt die Mündung oder Mundöffnung (apertura);
und man kann an derſelben ſtets zwei Ränder unterſcheiden, den äu-
ßeren oder Lippenrand (labrum), welcher die Convexität der Schale
bildet, und den inneren oder Spindelrand (labium), welcher der Axe
des Gehäuſes zugewendet iſt. Meiſt ſind dieſe beiden Ränder ſcharf von
einander getrennt, indem die Oeffnung mehr oder minder länglich oder
ſelbſt ſpaltenartig erſcheint, welches letztere namentlich dann der Fall iſt,

[Abbildung] Fig. 331.

Kegelſchnecke (Conus).

[Abbildung] Fig. 332.

Kreiſelſchnecke mit ganzem
Mundſaum.

wenn, wie bei den Ke-
gel- oder Porzellanſchne-
cken, die letzte Windung
die vorherigen einſchließt,
ſo daß dieſe kaum oder
gar nicht ſichtbar ſind.
Gehäuſe dieſer Art hat
man eingerollte Scha-
len genannt. In man-
chen Fällen indeß, wie
namentlich bei den Krei-
ſelſchnecken, verſchmelzen beide Ränder vollſtändig zu einer faſt runden
Oeffnung, und man ſagt dann, daß das Gehäuſe einen ganzen
Mundſaum
(peristomium) beſitze. Bei vielen Schnecken iſt der
Mundſaum und namentlich der äußere Lippenrand ſchwielig, verdickt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0324" n="318"/>
je nachdem die Form des Gehäu&#x017F;es hierdurch modifizirt wird, nennt<lb/>
man die&#x017F;es krei&#x017F;elförmig, thurm-, &#x017F;pindelförmig u. &#x017F;. w. Bei die&#x017F;en<lb/>
&#x017F;chneckenartig gewundenen Schalen ent&#x017F;teht durch die Aneinanderlage-<lb/>
rung der inneren Seite eine Axe im Inneren des Gewindes, welche<lb/>
man die <hi rendition="#g">Spindel</hi> <hi rendition="#aq">(columella)</hi> nennt und die man beim Aufbrechen<lb/>
einer Schale, z. B. einer Weinbergs&#x017F;chnecke, deutlich im Innern als<lb/>
eine Säule gewahrt, um welche die Windungen &#x017F;ich herumziehen. Mei-<lb/>
&#x017F;tens legen &#x017F;ich die inneren Seiten der Röhre nicht ganz vollkommen<lb/>
aneinander, &#x017F;o daß, wenn auch eine Spindel gebildet wird, die&#x017F;e<lb/>
dennoch im Innern hohl i&#x017F;t und die&#x017F;e Höhlung &#x017F;ich mit einer Mün-<lb/>
dung nach Außen öffnet. &#x2014; Man nennt die&#x017F;e Mündung den <hi rendition="#g">Nabel</hi><lb/><hi rendition="#aq">(umbilicus)</hi>. Berühren &#x017F;ich die einzelnen Windungen der Schale gar<lb/>
nicht, wie z. B. bei den Wendeltreppen, &#x017F;o i&#x017F;t begreiflicherwei&#x017F;e die&#x017F;er<lb/>
Nabel verhältnißmäßig &#x017F;ehr weit, aber die&#x017F;e Weite nimmt um&#x017F;omehr<lb/>
ab, je &#x017F;olider die Spindel &#x017F;elb&#x017F;t wird. So hat z. B. die gewöhn-<lb/>
liche Weinbergs&#x017F;chnecke einen kaum merklichen Nabel, der noch dazu<lb/>
von dem umge&#x017F;chlagenen Rand&#x017F;aume des Gehäu&#x017F;es fa&#x017F;t gänzlich über-<lb/>
deckt wird. Die Oeffnung, durch welche das Thier aus der Schale<lb/>
hervor&#x017F;chaut, heißt die <hi rendition="#g">Mündung</hi> oder Mundöffnung <hi rendition="#aq">(apertura);</hi><lb/>
und man kann an der&#x017F;elben &#x017F;tets zwei Ränder unter&#x017F;cheiden, den äu-<lb/>
ßeren oder <hi rendition="#g">Lippenrand</hi> <hi rendition="#aq">(labrum)</hi>, welcher die Convexität der Schale<lb/>
bildet, und den inneren oder <hi rendition="#g">Spindelrand</hi> <hi rendition="#aq">(labium)</hi>, welcher der Axe<lb/>
des Gehäu&#x017F;es zugewendet i&#x017F;t. Mei&#x017F;t &#x017F;ind die&#x017F;e beiden Ränder &#x017F;charf von<lb/>
einander getrennt, indem die Oeffnung mehr oder minder länglich oder<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;paltenartig er&#x017F;cheint, welches letztere namentlich dann der Fall i&#x017F;t,<lb/><figure><head>Fig. 331.</head><lb/><p>Kegel&#x017F;chnecke <hi rendition="#aq">(Conus)</hi>.</p></figure><lb/><figure><head>Fig. 332.</head><lb/><p>Krei&#x017F;el&#x017F;chnecke mit ganzem<lb/>
Mund&#x017F;aum.</p></figure><lb/>
wenn, wie bei den Ke-<lb/>
gel- oder Porzellan&#x017F;chne-<lb/>
cken, die letzte Windung<lb/>
die vorherigen ein&#x017F;chließt,<lb/>
&#x017F;o daß die&#x017F;e kaum oder<lb/>
gar nicht &#x017F;ichtbar &#x017F;ind.<lb/>
Gehäu&#x017F;e die&#x017F;er Art hat<lb/>
man <hi rendition="#g">eingerollte</hi> Scha-<lb/>
len genannt. In man-<lb/>
chen Fällen indeß, wie<lb/>
namentlich bei den Krei-<lb/>
&#x017F;el&#x017F;chnecken, ver&#x017F;chmelzen beide Ränder voll&#x017F;tändig zu einer fa&#x017F;t runden<lb/>
Oeffnung, und man &#x017F;agt dann, daß das Gehäu&#x017F;e einen <hi rendition="#g">ganzen<lb/>
Mund&#x017F;aum</hi> <hi rendition="#aq">(peristomium)</hi> be&#x017F;itze. Bei vielen Schnecken i&#x017F;t der<lb/>
Mund&#x017F;aum und namentlich der äußere Lippenrand &#x017F;chwielig, verdickt,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0324] je nachdem die Form des Gehäuſes hierdurch modifizirt wird, nennt man dieſes kreiſelförmig, thurm-, ſpindelförmig u. ſ. w. Bei dieſen ſchneckenartig gewundenen Schalen entſteht durch die Aneinanderlage- rung der inneren Seite eine Axe im Inneren des Gewindes, welche man die Spindel (columella) nennt und die man beim Aufbrechen einer Schale, z. B. einer Weinbergsſchnecke, deutlich im Innern als eine Säule gewahrt, um welche die Windungen ſich herumziehen. Mei- ſtens legen ſich die inneren Seiten der Röhre nicht ganz vollkommen aneinander, ſo daß, wenn auch eine Spindel gebildet wird, dieſe dennoch im Innern hohl iſt und dieſe Höhlung ſich mit einer Mün- dung nach Außen öffnet. — Man nennt dieſe Mündung den Nabel (umbilicus). Berühren ſich die einzelnen Windungen der Schale gar nicht, wie z. B. bei den Wendeltreppen, ſo iſt begreiflicherweiſe dieſer Nabel verhältnißmäßig ſehr weit, aber dieſe Weite nimmt umſomehr ab, je ſolider die Spindel ſelbſt wird. So hat z. B. die gewöhn- liche Weinbergsſchnecke einen kaum merklichen Nabel, der noch dazu von dem umgeſchlagenen Randſaume des Gehäuſes faſt gänzlich über- deckt wird. Die Oeffnung, durch welche das Thier aus der Schale hervorſchaut, heißt die Mündung oder Mundöffnung (apertura); und man kann an derſelben ſtets zwei Ränder unterſcheiden, den äu- ßeren oder Lippenrand (labrum), welcher die Convexität der Schale bildet, und den inneren oder Spindelrand (labium), welcher der Axe des Gehäuſes zugewendet iſt. Meiſt ſind dieſe beiden Ränder ſcharf von einander getrennt, indem die Oeffnung mehr oder minder länglich oder ſelbſt ſpaltenartig erſcheint, welches letztere namentlich dann der Fall iſt, [Abbildung Fig. 331. Kegelſchnecke (Conus).] [Abbildung Fig. 332. Kreiſelſchnecke mit ganzem Mundſaum.] wenn, wie bei den Ke- gel- oder Porzellanſchne- cken, die letzte Windung die vorherigen einſchließt, ſo daß dieſe kaum oder gar nicht ſichtbar ſind. Gehäuſe dieſer Art hat man eingerollte Scha- len genannt. In man- chen Fällen indeß, wie namentlich bei den Krei- ſelſchnecken, verſchmelzen beide Ränder vollſtändig zu einer faſt runden Oeffnung, und man ſagt dann, daß das Gehäuſe einen ganzen Mundſaum (peristomium) beſitze. Bei vielen Schnecken iſt der Mundſaum und namentlich der äußere Lippenrand ſchwielig, verdickt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/324
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/324>, abgerufen am 18.05.2024.